B9 historisch Vollgas für die Ehrengäste

Bonn · Ungezählte Male ist Manfred Hallier die Bundesstraße 9 entlang gefahren. Kilometer hat er hier gebolzt – in nobler Karosse, ohne rote Ampeln, ohne zähen Verkehr. Wohl kaum jemand kennt die B9 besser als der ehemalige Polizist.

 Von 1978 bis 1998 war Manfred Hallier als Leiter des Verkehrsdienstes der Bonner Polizei und Chef der Motorrad-Ehrenbegleitung verantwortlich für die Sicherheit der mächtigsten Menschen der Welt.

Von 1978 bis 1998 war Manfred Hallier als Leiter des Verkehrsdienstes der Bonner Polizei und Chef der Motorrad-Ehrenbegleitung verantwortlich für die Sicherheit der mächtigsten Menschen der Welt.

Ein Lächeln breitet sich auf Halliers Gesicht aus, die Augen strahlen, wenn er von dieser Zeit berichtet. „Wir sind die B9 damals rauf und runter. Denn wir mussten vom Ehrenmal am Nordfriedhof zu den Besuchsorten an der Adenauerallee. Egal ob Villa Hammerschmidt oder Bundeskanzleramt – es hing alles irgendwie an der B9.“ Von 1978 bis 1998 war Hallier als Leiter des Verkehrsdienstes der Bonner Polizei und Chef der Motorrad-Ehrenbegleitung verantwortlich für die Sicherheit der mächtigsten Menschen der Welt. Zumindest auf Bonns Straßen. Ob US-Präsident Jimmy Carter oder das japanische Kaiserpaar – Hallier hat mit seiner Motorradtruppe, den „weißen Mäusen“, zahlreiche wichtige Menschen auf der B9 eskortiert. „Wenn ich an diese Zeit denke, werde ich nicht wehmütig. Ich denke eher, Gott sei Dank, hier musst du nicht mehr langfahren“, so Hallier: „Der Verkehr hat einfach zugenommen.“

Dennoch schwelgt der ehemalige Polizist in Erinnerungen und plaudert gerne aus dem Nähkästchen.
Einmal musste er kurzerhand die komplette Adenauerallee für eine halbe Stunde sperren, da eine vorzeitige Ankunft des israelischen Präsidenten gerade nicht ins Protokoll passte. Ein anderes Mal wartete er mit Jassir Arafat auf der Tempelstraße vor dem Eingang der jüdischen Synagoge, da sich Bundespräsident Richard von Weizsäcker beharrlich weigerte, den Palästinenserführer in der Villa Hammerschmidt früher als geplant zu empfangen. „Da wurden Arafats Sicherheitsleute schon ein wenig nervös“, sagt er. Heute lächelt er darüber.

Auch Papst Johannes Paul II. begleitete Hallier über die B9 zur Nuntiatur. „Der Papst ging zu jedem und hat sich persönlich bei uns per Handschlag bedankt“, so der 74-Jährige.

Mehr als 60 Staatsbesuche betreute Hallier als Verkehrsleiter, schüttelte vier US-Präsidenten die Hand und war am meisten vom Auftritt Nelson Mandelas beeindruckt, der sich noch am Flughafen von Handwerkern verabschiedete. Geblieben sind ihm zahlreiche offizielle Protokolle, die er in seinem Regal hütet sowie Fotografien, die der 74-Jährige auf seinem Handy bewahrt. Und seine Erinnerungen – auch an die B9: „Wir konnten die Bundesstraße bei Staatsbesuchen selten in Gänze befahren. Bei der Gefährdungsstufe eins wurde die Straße komplett abgesperrt. Da ging das. Bei der Stufe drei wurde es aber kritisch. Denn da fuhr der ganze Verkehr mit.“ Einen Unfall hatte in den beiden Dekaden seiner Amtszeit kein Fahrer. „Ich hatte da schon eine tolle Truppe“, erklärt er stolz.

Fast wäre es zu den Erlebnissen nicht gekommen. Denn eigentlich wollte der gebürtige Hesse nach der Ausbildung nicht in die Hauptstadt kommen. „Bei den Kollegen war Bonn nicht angesagt“, so Hallier: „Ich bin aber doch 51 Jahre hängen geblieben. Und das war gut so.“

Heute fährt Manfred Hallier nicht mehr mit der Staatskarosse die B9 entlang. Der ehemalige Polizist fährt mit dem Fahrrad – mit dem zähen Verkehr, mit roten Ampeln. „Dann denke ich immer, Mensch, hier sind wir damals lang gefahren“, erinnert er sich. Wehmütig klingt seine Stimme dann doch ein wenig.

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