Aus in der Vorrunde Deutsche Mannschaft scheitert bei der WM

Kasan · Die Weltmeisterschaft in Russland hätte von der Titelverteidigung gekrönt werden sollen. Doch die deutsche Nationalmannschaft scheiterte an einem südkoreanischen Team, das höchsten Durchschnitt verkörperte.

 Die Enttäuschung ist groß nach der Niederlage des deutschen Teams in Russland.

Die Enttäuschung ist groß nach der Niederlage des deutschen Teams in Russland.

Foto: dpa

Leere in den Blicken. Bei den Spielern. Bei Joachim Löw. Als das Spiel beendet ist, schmeißen sie sich auf den Boden, bleiben liegen. Lange. Tränen fließen. Die deutsche Nationalmannschaft ist gescheitert bei einer WM, die von der Titelverteidigung gekrönt werden sollte. Sie ist gescheitert an einem südkoreanischen Team, das höchsten Durchschnitt verkörperte, an diesem Tag aber der DFB-Elf ihre Grenzen aufzeigte. Deutschland hat sich verabschiedet aus dem Turnier nach dem 0:2 (0:0). Es ist ein historisches Ausscheiden einer deutschen Mannschaft in der Vorrunde einer WM. Die DFB-Elf ist aber auch gescheitert an ihrem Hochmut, den sie in den Tagen von Russland vor sich hertrugen. Auch deswegen wird sie am Donnerstag die Heimreise antreten. Es ist eine logische Heimreise, die sie zurück nach Deutschland führt nach nur drei Punkten aus der Vorrunde und einer Vorstellung, die eines Weltmeisters nicht würdig war.

Auch Mats Hummels, der Hüne, wirkte nach dem Debakel von Kasan, als hätten ihn das Spiel zuvor einen Kopf kleiner gemacht. Er stellte sich dennoch den Journalisten in der Mixedzone. Er überlegte kurz, dann flüsterte der Mann, der gegen Südkorea noch der beste Deutsche auf dem Platz war: „Leer“, sagte er den Kopf nach unten gerichtet. „Ich fühle mich völlig leer.“ Und dann, etwas zögerlich: „Wenn man solch eine Vorrunde spielt, hat man es nicht verdient, weiterzukommen.“ Ob Löw seine Arbeit nach dem Scheitern als Bundestrainer fortsetzen werde? „Ich gehe davon aus“, antwortete DFB-Teammanager Oliver Bierhoff, „dass Löw die Sache im September wieder richtig angeht.“ Löw selbst war sich da nicht so sicher. Er müsse diese „tiefe Enttäuschung“ erst verdauen, einige Stunden darüber schlafen. Sein weiteres Wirken als Bundestrainer ließ er also offen.

Das Duell gegen die Asiaten war ein Spiegelbild der vorherigen Auftritte des DFB-Treams. Löw hielt es schon nach zwei Minuten nicht mehr auf der Bank. Ein Sieg musste ja her, unbedingt. Sein Revier war fortan die Coachingzone. Khedira und Joshua Kimmich leisteten sich Ballverluste im Mittelfeld. Tempo und Temperament blieben behäbig. Die Bürde, das Spiel gewinnen zu müssen, lastete schwer auf den Schultern. Eindeutige Aktionen waren lange nicht zu beobachten. Die Deutschen behandelten die gefährlichen Räume wie autonome Gebiete ohne Zutrittsrecht. Der Ball ging hin und her, nur nicht in die Tiefe.

Vergebliche Suche nach der Stammelf

Löw, jahrelang ein Verfechter eingespielter Mannschaften, hatte erneut vier neue Spieler in die Mannschaft rotiert. Mats Hummels, Sami Khedira, Mesut Özil und Niklas Süle standen anstelle von Jerome Boateng (gesperrt), Antonio Rüdiger, Julian Draxler und Thomas Müller in der Startelf. Mit Süle und Goretzka kamen bereits die Spieler Nummer 19 und 20 zum Einsatz. Der Freiburger demonstriert damit erneut, dass er auf der Suche nach seiner Stammelf nicht fündig wurde.

Die Südkoreaner um den wuseligen Ex-Leverkusener Heung-Min Son wagten sich nur sporadisch in die deutsche Hälfte. Aber wenn, dann wurde es gleich gefährlich. Jungs Flatter-Freistoß ließ Neuer nach vorn prallen, doch den möglichen Nachschuss verhinderte seine aufmerksame Faust in letzter Sekunde. (19.). Ansonsten stand die Defensive um Abwehrchef Mats Hummels und dem aufmerksamen Süle sicher. Die Deutschen versuchten es weiterhin mit Ballbesitzfußball im Breitwandformat. Von den Außenpositionen kam viel zu wenig. Joshua Kimmich wirkte wie ein Kreisel, der sich rasend schnell um die eigene Achse dreht, ohne dabei wirklich von der Stelle zu kommen. Seine Flanken befanden sich auf sehr überschaubarem Niveau.

Leise Pfiffe aus der deutschen Kurve

Die Deutschen agierten einfallslos. Bezeichnend: Die gefährlichste Aktion kreierte Hummels kurz vor der Pause, der sich nach einer Ecke durchtankte, dann aber an Südkoreas Torhüter Jo scheiterte. Zur Pause gab es leise Pfiffe aus der deutschen Kurve nach einem trostlosen Vortrag ihres Teams. „Wir hatten einige Chancen“, meinte der sichtlich mitgenommene Bierhoff nach der Partie. „Insgesamt haben wir in der Vorrunde aber nie in unseren Rhythmus gefunden.“

Das änderte sich nach dem Wechsel nur unwesentlich, Dass es Kimmich gleichwohl versteht, mit seinen Flanken auch Gefahrenmomente heraufzubeschwören, demonstrierte er gleich nach der Pause. Seine Hereingabe erreichte den völlig freistehenden Goretzka, dessen Kopfball Jo aus dem Eck fischte (48.). Die DFB-Elf erhöhte das Tempo und den Druck. Nach einer starken Kombination legte Özil den Ball in den Rückraum - Werners Volleyschuss zischte vorbei (51.). Der letzte Wille, einen Treffer zu erzwingen, fehlte.

Laut wurde es im Stadion in der mit 41 835 Zuschauern ausverkauften Kasan-Arena, wenn sich der Außenseiter in die deutsche Hälfte traute. Das geschah selten, aber mit Nachdruck. Der starke Hummels klärte in höchster Not (64.). Die Deutschen brauchten ihn unbedingt, diesen Sieg. Sie kämpften, auch wenn vieles Stückwerk blieb. Sollte das Glück aus dem Schweden-Spiel noch mal zurückkehren? Dann tauchte erneut Hummels im gegnerischen Strafraum auf, aber auch sein Kopfball fand nicht ins Ziel. Das Glück kehrte nicht zurück. In der Nachspielzeit verstärken die Koreaner durch die Treffer vom Kim (90.+3) und Son (90.+6) noch die Schmerzen der Deutschen. Dann war Schluss. Aus und vorbei. Es herrschte nur noch völlige Leere.

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