Interview zu den Telekom Baskets "Wir haben etwas gutzumachen"

Es gibt eine Menge zu analysieren für die Telekom Baskets Bonn. Sportmanager Michael Wichterich räumt Fehler ein, verweist aber auch auf das Verletzungspech.

Zu klären ist vor allem, welche Fehler gemacht wurden und welche Lehren man daraus zieht. Mit Sportmanager Michael Wichterich sprach .

Herr Wichterich, haben Sie das Saisonende herbeigesehnt?
Michael Wichterich: Ich sage es mal so: Ich habe es herbeigesehnt, um die nächste Saison richtig starten zu können. Wir haben etwas gutzumachen. Um das zu erreichen, müssen wir einige Dinge besser passen. Es war unter dem Strich eine enttäuschende Saison, in deren Verlauf wir nie den Schalter zum Erfolg gefunden haben. Wir haben jetzt leider länger Zeit als sonst, aber die Zeit müssen wir auch sinnvoll nutzen.

Was sind die Hauptgründe für das schlechte Abschneiden?
Wichterich: Das ist mit Abstand die komplexeste Saison, die ich jemals irgendwo erlebt habe. Das fing in der Vorbereitung mit zwei Baustellen an. Wir hatten das Team eigentlich bis auf die letzte Position zusammen. Da hat Xavier Silas dann nicht gepasst. Das war die eine Baustelle. Die andere war Michal Chylinski, der in der Saison davor in der Euroleague sehr gut gespielt hatte, aber verletzt bei uns ankam, und den wir nicht auf das Niveau bringen konnten, das für die BBL nötig ist. Und wenn zwei Startpositionen nicht adäquat besetzt werden, bekommt man Probleme. Das haben wir durch einen guten Start kaschiert, aber dann kam eins zum anderen, angefangen bei der Verletzung von Isaiah Philmore, der bis dahin sehr gut gespielt hatte. Wir hatten zu Beginn eine gute Rollenverteilung, die kam dann mehr und mehr völlig aus dem Gleichgewicht. Und egal, wie wir gegengesteuert haben, es hat nicht funktioniert.

Aber unter dem Strich haben die Baskets doch einige Fehler bei der Zusammenstellung der Mannschaft gemacht?
Wichterich: Das kann ich nicht leugnen. Wir müssen jetzt aus diesen Fehlern lernen. Aber die Faktoren Glück oder Pech werden landläufig unterschätzt. Ein Beispiel ist das Hinspiel gegen Braunschweig. Wir führen 74:70, dann rennt Derek Needham in Tadas Klimavicius rein - wir verlieren nicht nur die Partie, sondern auch unseren Center mit einer Knieverletzung. Das hat der Saison eine ganz andere Richtung gegeben. Das ist einfach Pech. Klar, wir haben Fehler gemacht, aber in der Summe ist einfach sehr viel schief gelaufen.

Bleiben wir bei den Fehlern.
Wichterich: Es gibt Dinge, die sich rückblickend als Fehler herausstellen, und es gibt Fehler, die wären bei der gegebenen Informationslage vermeidbar gewesen.

War beispielsweise die Verpflichtung von Chylinski ein vermeidbarer Fehler?
Wichterich: Da waren wir mehrheitlich der Meinung, dass wir ihn in Bestform zurückbekommen und er uns dann weiterhilft. Im Nachhinein lernen wir aber vielleicht daraus, dass wir künftig einen Spieler, dessen Verletzung nichts mit uns zu tun hat, gleich wieder nach Hause schicken.

Und Xavier Silas?
Wichterich: Ein vermeidbarer Fehler. Silas war nicht der Spielertyp, den wir gebraucht haben. Es gibt sicher weitere Fehler, über die es so kurz nach dem letzten Spiel noch zu früh ist, um darüber zu reden.

Die Defizite in der Verteidigung und bei der Athletik sollte man aber noch ansprechen.
Wichterich: Den implizierten Vorwurf, wir hätten nicht richtig gescoutet, den lasse ich eigentlich nicht gelten. Ich glaube schon, dass wir in der Vorbereitung eine wettbewerbsfähige Mannschaft hatten. Im Vergleich zu der Mannschaft im Vorjahr war sie meiner Meinung nach sogar athletischer. Das Problem war auch nicht, dass sie in puncto individueller Verteidigung potenziell schlechter war. Unser Problem war diesmal eher mangelndes Spielverständnis. Die Mannschaft aus dem Vorjahr war in der Lage, Schwächen in der individuellen Verteidigung über eine Teamverteidigung zu kompensieren und wollte das auch. Das ist auch eine Frage der Mentalität, die die aktuelle Mannschaft in dieser Form nicht gezeigt hat.

Laut Trainer Mathias Fischer war doch der Maßstab für die Zusammenstellung des Kaders ein hoher Basketball-IQ.
Wichterich: Das hat sich dann offensichtlich im Laufe der Saison relativiert.

Stichwort Mentalität: Konnte man nicht schon im Vorfeld die richtigen Charaktere finden?
Wichterich: Spieler über den Sommer so zu scouten, dass du genau weißt, was für eine individuelle Mentalität sie haben und wie sie in der Summe harmonieren, ist unheimlich schwer. Es stimmt, das uns das in den Vorjahren häufig gelungen ist. Man könnte also sagen, dass wir da gut gearbeitet haben. Man könnte aber auch sagen, wir hatten einfach mehr Glück. Außerdem sah es in der Vorbereitung noch sehr gut aus. Die Spieler brachten eine hohe Motivation mit und haben im Training sehr gut gearbeitet. Wie sich dann mehr und mehr herausstellte, hat aber jeder eher für sich gearbeitet und nicht für das Team. Wenn man zuerst einmal erfolgreich spielt, erkennt man das nicht so schnell. Als sich dann der Misserfolg einstellte, hat das Team nicht den nötigen Charakter gezeigt. Wir haben dann auch den Zeitpunkt verpasst oder nicht gefunden, wirkungsvoll gegenzusteuern. Je komplexer die Situation wurde, desto schwieriger wurde es dann.

Was ergeben sich für Konsequenzen für die künftigen Personalplanungen?
Wichterich: Wir werden Spieler suchen, die ein Plus an Athletik und individueller Verteidigung mitbringen.

Es hat also doch die Athletik gefehlt?
Wichterich: Das heißt ja nicht, dass man auf diesem Status verweilen will. Ich wollte in erster Linie den Vergleich zum Vorjahr ziehen. Noch einmal: Diese Mannschaft war, meiner Meinung nach, weniger athletisch, war in der Defensive individuell nicht besser, hat aber Platz vier erreicht. Beispiele: Benas Veikalas – kein Athlet, aber ein richtig guter Basketballer. Oder Mickey McConnell – kein Athlet, aber er weiß, wie das Spiel funktioniert. Oder Angelo Caloiaro – sicher kein besserer Athlet als Aaron White. Wir hatten ja dieses Jahr auch kein Reboundproblem, sondern nicht die Fähigkeit und vor allem nicht den Willen, die Gegner eins gegen eins zu stoppen oder defensiv als Team zusammenzuarbeiten.

Bleibt das Problem, wie man die richtigen Charaktere bekommt.
Wichterich: Wir werden versuchen, Spieler zu finden, die aus Gewinnersituationen kommen, also nicht aus Mannschaften, die vorwiegend verloren haben. Wie Tadas zum Beispiel, der immer in Teams gespielt hat, die erfolgreich waren. Das sind meistens die Spieler, die bereit sind, mehr im Team aufzugehen und mehr fürs Team zu tun.

Wieviel Gewicht hat bei der Spielersuche das Wort des Trainers?
Wichterich:
Ein hohes. Silvano Poropat hat ganz klare Vorstellungen, auch davon, welche Spieler er gerne im Kader hätte. Und das ist gut so. Wir haben in den letzten zwei, drei Wochen schon sehr intensiv die Planung besprochen. Es macht Spaß, zusammen mit dem Coach Ideen zu entwickeln.

Wie sieht es finanziell aus?
Wichterich: Ich bin guter Dinge, dass wir auf dem gleichen Niveau operieren können wie im Vorfeld der vergangenen Saison. Außerdem ist es nicht so, dass Silvano Poropat fünf Euroleague-Spieler fordert. Er kann unsere Situation schon vernünftig einordnen. Für ihn ist es ein großer Schritt nach vorne. Im Vergleich zum Mitteldeutschen BC wird er bei uns mehr Möglichkeiten haben, aber damit wird er realistisch umgehen.

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