Telekom Baskets Bonn Baskets-Präsident Wolfgang Wiedlich denkt ans Aufhören

Der Präsident der Telekom Baskets Bonn, Wolfgang Wiedlich, denkt ans Aufhören. Im Interview spricht er über die aktuelle Entwicklung seines Clubs und vor dem Jubiläumsjahr auch auf eine Zukunft ohne ihn als Vereinsboss.

 Baskets-Präsident Wolfgang Wiedlich.

Baskets-Präsident Wolfgang Wiedlich.

Foto: Jörn Wolter / wolterfoto.de

Man trifft Wolfgang Wiedlich in diesen Tagen nicht gerade froh gelaunt an. Das liegt weniger an seinen Telekom Baskets, als daran, dass sich der Präsident beim Tennisspielen einen Achillessehnenriss zugezogen hat. Der 63-Jährige spürt nicht nur deshalb das Alter. Im Gespräch mit Gerhard Mertens blickt er auf die aktuelle Entwicklung seines Clubs und vor dem Jubiläumsjahr auch auf eine Zukunft ohne ihn als Vereinsboss.

Herr Wiedlich, ein junger deutscher Trainer, fünf gestandene deutsche Profis, vorerst nur fünf ausländische Spieler - die Baskets scheinen sich neu erfinden zu wollen. Was versprechen Sie sich davon?

Wolfgang Wiedlich: Die Zahl der deutschen Spieler haben wir gewählt, um kompatibel mit der Fiba-Home-Grown-Player-Regelung zu sein, danach sind zwar zwei unserer Spieler deutsche Staatsbürger, gelten aber nicht als deutsche Basketballer. Das muss man nicht verstehen, ist aber quasi Fiba-Gesetz. In der letzten Saison musste deshalb immer ein Ausländer aussetzen, was nicht optimal für die Teamchemie war.

Wie soll Trainer Thomas Päch den Wunsch der Baskets, wieder mehr deutsche Talente an die Bundesliga heranzuführen, in die Realität umsetzen?

Wiedlich: Indem er sie einsetzt, sofern die Talentgüte stimmt.

Wann soll es spätestens wieder einen Florian Koch, Fabian Thülig oder Jonas Wohlfarth-Bottermann im Bonner Profiteam geben?

Wiedlich: Ich bin kein Hellseher, bin aber zuversichtlich, dass dies grundsätzlich gelingen wird.

Was erwarten Sie von der Kooperation mit Rhöndorf?

Wiedlich: Wir haben uns gemeinsam mit Rhöndorf neu aufgestellt und wollen Fehler nicht wiederholen. In den nächsten beiden Jahren sollte das Baskets-Kooperationsteam in die ProB aufsteigen. Ob eines Tages die ProA anvisiert wird, entscheidet Rhöndorf.

Wie soll das gelingen und wie stark beteiligen sich die Baskets daran, dieses Ziel zu erreichen? Ist Rhöndorf inzwischen sogar eine Art Abteilung der Baskets?

Wiedlich: Beide Seiten sind autarke Vereine und profitieren voneinander. Die Baskets sind mit einem sechsstelligen Betrag dabei. Wenn das Rhöndorf-Bonn-Programm mittelfristig Talente in die BBL führt, beflügelt es das gemeinsame Ausbildungsprogramm. Ich halte grundsätzlich sehr viel von Symbiose.

Die Intensivierung der Nachwuchsarbeit birgt das alte Risiko: Andere Vereine könnten die Talente wegkaufen. Haben Sie dagegen ein Rezept?

Wiedlich: Gegen mehr Geld von Dritten ist kein Kraut gewachsen. Die amerikanische Profiliga NBA oder Clubs aus der Euroleague kaufen deutschen Clubs die Spieler weg und die wirtschaftlich stärksten deutschen Vereine den deutschen Etat-Mittelfeldclubs. Daran wird sich nichts ändern, aber man kann eine glaubwürdige Ausbildungsbasis schaffen und so davon eine Zeit lang profitieren.

Wie viel Geduld hat die Clubführung mit dem neuen Headcoach Thomas Päch, wenn es nicht so läuft wie gewünscht? Darf er beispielsweise die Playoffs verpassen und bleibt trotzdem an Bord?

Wiedlich: Heute würde ich sagen "darf er", wenn wir eine Entwicklung sehen. Wir haben uns mit Thomas ja bewusst einer neuen Spielidee verschrieben, die holzschnittartig "Team-Basketball" heißt. Ich denke, das wird auch den Zuschauern mehr Spaß machen. Es ist aber nicht unser Ziel, eine neue Spielidee zu verwirklichen und gleichzeitig gegen den Abstieg zu spielen.

Stichwort Bundesliga: Es wird immer schwerer, ganz oben anzugreifen. Wo sehen Sie die Baskets in den kommenden Jahren und was müsste passieren, um die sportlichen Ambitionen höher schrauben zu können?

Wiedlich: Seit 2013 hat der "Marktbeitritt" des FC Bayern und die Eingliederung des Bamberger Basketballs in einen Automobilzulieferer-Konzern die Trauben höher gehängt und zwar nicht nur für Bonn, sondern für den gesamten Rest. Trotzdem finden an allen anderen BBL-Standorten weiter spannende Basketballspiele statt, und an jedem Standort kann nur ein höherer Spieleretat die sportlichen Ziele realistisch verbessern. In Bonn haben wir durch die eigene Halle ein Alleinstellungsmerkmal in der Liga: Einerseits gewährleistet sie dem Bundesliga-Basketball eine Zukunft, andererseits muss sie pfleglich behandelt und in Teilen permanent erneuert werden, was Geld kostet. Wie fragil die Lage in diesem Hochrisikogeschäft ist, kann man daran sehen, dass im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW wir als einzige überlebt haben, natürlich auch durch eine verlässliche Partnerschaft mit der Deutschen Telekom. Hagen, Köln, Düsseldorf, Leverkusen - alle weg und oft hatte das mit dem Fehlen einer geeigneten und modernen Spielstätte - nicht zu groß, nicht zu klein - zu tun. Profisport, Nachwuchsarbeit, Halle: Das Ganze muss jedes Jahr budgettechnisch neu ausbalanciert werden.

Sie haben 2001 nach der dritten Vizemeisterschaft auf dem Bonner Marktplatz zu den Fans gesagt: "Ihr seid die Meister der Herzen, und wir werden eines Tages Meister der Tabelle sein." Bereuen Sie heute diesen Satz?

Wiedlich: Nein, jeder spricht aus seiner Zeit heraus und acht Jahre später wäre aus meiner Bauchprognose ja auch fast der Titel geworden. 2001 waren es ja noch 12 Jahre bis 2013, als sich die Rahmenbedingungen, wie beschrieben, schlagartig änderten. Auch HD-Livestreams von jedem BBL-Spiel, wie sie heute das Internet ermöglicht, waren damals nicht absehbar.

2009 fehlten nur noch 23 Sekunden zum Titel . . .

Wiedlich: Die ewig schwelende Wunde. Das ist Sport. 70:71 im fünften Finale . . .

Die Basketsfans wollen sicher dorthin mal wieder zurück oder zumindest die Chance darauf haben . . .

Wiedlich: Trotzdem halte ich nichts von unrealistischen Ankündigungen. Ich finde eigentlich die Formel, wie sie unser Sportmanager Michael Wichterich einmal formuliert hat, ganz okay, wonach "wir den Spielern ja auch keinen Mercedes versprechen und ihnen dann irgendetwas auf vier Rädern vor die Türe stellen". Wenn man in 23 Erstliga-Jahren 20 Mal mit einem Mittelfeldetat die Playoffs erreicht hat, dokumentiert das schon ziemlichen Ehrgeiz. Eine Chance haben wir immer . . .

Von außen erscheint es, als hätte sich das Verhältnis zwischen Stadt Bonn und dem Telekom Dome inzwischen entspannt. Es finden dort von Luther-Gala über Uni-Feste bis "Highlights der Physik" immer hochkarätigere Veranstaltungen statt.

Wiedlich: Und 2020 auch die Beethoven-Gala. Die Halle füllt samt Parkplätzen eben eine Lücke in Bonn. Dass der Telekom Dome, weiterhin eine reine Basketballhalle, wie eine Wundertüte sich für so verschiedene Dinge eignet, ist erstaunlich. Aber es ist, um bei der Wahrheit zu bleiben, auch für jedes Event ein erheblicher - technisch wie finanziell - Aufwand nötig, um dem Dome Multifunktion einzuhauchen.

Hat sich im Zuge der Entspannung eigentlich auch das Grundsteuer-B-Thema für das Ausbildungszentrum (ABZ) erledigt?

Wiedlich: Leider nein, rund 40 000 Euro pro Jahr zahlt der e.V. für eine ausschließlich gemeinnützige Nutzung. Er dürfte damit der einzige e.V. in Deutschland sein, der Grundsteuer B zahlt. Das ist ziemlich unerträglich, weil das Geld im Kinder- und Jugendbereich ja ohnehin extrem knapp ist, und 40 000 Euro sind in einem e.V. ne Menge Geld. Aber das ABZ gehört der GmbH, das ist die rechtliche Crux. Es gab einmal eine Lösung, aber die wurde dann im Zuge eines städtischen Sparbeschlusses wieder einkassiert.

Sie selbst haben die Baskets-Geschichte bis heute maßgeblich mitgeschrieben und bestimmt und sind jetzt seit 40 Jahren im Bonner Basketball aktiv. Wann denken Sie ans Aufhören?

Wiedlich: Schon seit einiger Zeit. Wir basteln im Hintergrund gerade an einer zukunftsfesten Lösung. Dabei geht es nicht nur um eine Wiedlich-Nachfolge, sondern um die gesellschaftsrechtliche Struktur der Baskets. Wir, ich sag' mal "Aufbaugeneration" dazu, sind ja alle nicht jünger geworden.

Wollen Sie schon mehr verraten?

Wiedlich: Es könnte, ich betone könnte, auf eine Stiftung hinauslaufen, womit sichergestellt wäre, dass die Baskets nicht eines Tages zu einer rein renditegetriebenen Veranstaltung ohne soziales Engagement und Nachwuchsarbeit würden.

Wenn Sie drei Wünsche für die nächste Saison frei hätten, wie würden diese lauten?

Wiedlich: Erstens, dass das Nachwuchskonzept anspringt. Zweitens, dass wir in der oberen Hälfte der Tabelle landen - und drittens, das behalte ich für mich.

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