Baskets-Neuzugang Sean Marshall: Der US-Europäer

BONN · Sean Marshall mag das Spiel in Übersee, kann Türkisch, Defense und Psychologie.

 Sean Marshall.

Sean Marshall.

Foto: Jörn Wolter / wolterfoto.de

Die einen nennen es Pink, die anderen Magenta – fest steht: es ist ein Alleinstellungsmerkmal, die Telekom Baskets sind unverwechselbar. „Als mein Agent anrief und sagte, Bonn sei an mir interessiert, habe ich sofort an die Farbe gedacht“, sagt Sean Marshall, an seinen Ohrläppchen blinken kleine Steinchen. Der Neuzugang der Telekom Baskets Bonn kommt aus Kalifornien, hat in Boston studiert, spielte in der Türkei, in Griechenland und Frankreich.

Eigentlich machte er gerade ein Jahr Europa-Pause. „Ich habe im Juni geheiratet und meine Frau Brandi und ich haben beschlossen, dass wir erstmal zusammen in den USA bleiben wollen. Ich bin ein Familienmensch“, sagt Marshall, der seine Frau und die vierjährige Tochter Autumn in Kürze in Bonn erwartet.

Zu Hause, in der D-League hat er dann irgendwann begonnen, den europäischen Basketball zu vermissen. „Der Basketball-Stil hier in Europa passt besser zu mir. Ich liebe außerdem die Atmosphäre in den Hallen“, erklärt Marshall. Vor einer Woche noch dachte er nicht, dass es nach Deutschland, genauer: Bonn, geht. Dann klingelte das Telefon.

„Ich hatte zuvor einige andere Angebote, aber das Team mit der besonderen Farbe, das ich schon oft im türkischen Fernsehen gesehen hatte, reizte mich. Ich habe noch nie in Deutschland gespielt, aber ich habe einige Freunde, die hier spielen, einer war sogar in Bonn“, sagt der 30-Jährige. Und er spricht von: „Jared Jordan.“ Die beiden spielten nie zusammen oder gegeneinander, liefen sich aber immer wieder über den Weg. „Ich habe versucht, von Jared noch ein paar Informationen über Bonn zu bekommen, aber ich hatte nur seine amerikanische Nummer. Nachdem ich mich schon entschieden hatte, hat er sich gemeldet und gesagt, dass es hier nette Leute gibt und es mir gefallen wird.“

Dabei hatte Jordan sich keineswegs besonders viel Zeit gelassen. Aber ehe er reagieren konnte, war Marshall schon unterwegs. Zwei Tage lagen zwischen der Entscheidung pro Bonn und dem ersten Training bei den Baskets. Am Flughafen leistete sich Marshall auf eigen Kosten ein Flug-Upgrade. Begründung: „Ich muss anständig schlafen und essen, schließlich muss ich morgen trainieren und übermorgen spielen.“ Das sagt einiges über die Einstellung des Small Forwards aus.

"Ich will immer gewinnen, egal wie die Situation ist"

Das erste Spiel lief dann nur knappe 30 Minuten nach Wunsch. „Ich will immer gewinnen, egal wie die Situation ist“, sagt er und erklärt, wo für ihn die Schwierigkeiten lagen: „Ich kannte meine Teamkameraden so gut, wie das nach zwei Trainingseinheiten eben sein kann, und die Spielzüge, die ich mir hatte merken können.“ Unter diesen Voraussetzungen hinterließ er einen guten Eindruck.

Inzwischen ist er seit fünf Tagen in Bonn und hat sich schon ein bisschen eingewöhnt. Das ist für ihn das A und O, wenn man im Ausland spielt. „Man muss sich an das europäische Leben anpassen. Wer weiter den amerikanischen Rhythmus lebt, hat ein Problem“, glaubt er. Es habe eine Weile gedauert, bis er das erkannt habe. „Du musst kapieren, dass die Erfahrungen, die andere Länder und Kulturen mit sich bringen, eine Bereicherung sind, ein Geschenk. Dann bist Du dankbar dafür und kannst erfolgreich sein.“ Diese Ansicht hat ihm in zähen Nachhilfestunden einen kleinen türkischen Wortschatz eingebracht. „Für den Alltag reicht es“, sagt er.

Basketball spielt der Sohn einer Krankenschwester und eines ehemaligen Footballprofis der Dallas Cowboys seit seinem siebten Lebensjahr. Mit 18 ging er an die Ostküste und machte dort einen Abschluss als „Counselor“ so etwas wie ein Ratgeber und Problemlöser, zum Studium gehören auch Soziologie und Psychologie. Da er auch eine gehörige Portion Defense mitbringt, ist er für die Baskets ganz offensichtlich der richtige Mann.

"Ich bin ein positiver Mensch"

„Ich bin ein positiver Mensch“, sagt Marshall über sich und „eigentlich bin ich still und zurückhaltend. Aber auf dem Feld lasse ich die Emotionen raus und versuche, die Zuschauer ins Spiel zu bringen.“ Davon gab er gleich nach seinem ersten Dreier gegen Ulm eine Kostprobe und stieg mit erhobenen Händen in die Kommunikation mit der Tribüne ein.

Dann kam das letzte Viertel. „Ich konnte schon immer gut Menschen 'lesen'“, sagte er. „Was da mit der Energie des Teams passierte, war deutlich zu spüren. Wir lagen mit vier Punkten hinten, aber es schienen 20 zu sein. Da war dieses große 'Oh nein, nicht schon wieder' in der Halle“, analysiert Marshall und glaubt: „Das ist normal, wenn Du in einer solchen Serie steckst. Du musst nur einen Winzigkeit im Kopf ändern und doch ist es so unglaublich schwer.“

Sein Rezept klingt einfach – ob es auch einfach umzusetzen ist, muss der nächste Versuch zeigen. Am Sonntag (17 Uhr, Telekom Dome) gegen die Crailsheim Merlins. „Du musst einen Schritt nach dem anderen machen“, sagt Marshall. „Wenn der letzte Spielzug schlecht war – vergiss ihn und mach das Beste aus dem nächsten. Einfach weitermachen. Hoffentlich können wir am Sonntag... Nein, nicht hoffentlich: Wir werden am Sonntag gewinnen und dann geht's in die richtige Richtung.“

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