"Wollen die, dass es keinen Radsport mehr gibt?"

Godefroot, Manager des Bonner Radsportteams Telekom, spricht von einer Hexenjagd auf Ullrich - "Jan hat ein reines Gewissen"

  Unverschuldet  in den Dopingsumpf geraten? Glaubt man den Telekom- Verantwortlichen, sind die Verdächtigungen gegen Jan Ullrich aus der Luft gegriffen.

Unverschuldet in den Dopingsumpf geraten? Glaubt man den Telekom- Verantwortlichen, sind die Verdächtigungen gegen Jan Ullrich aus der Luft gegriffen.

Foto: dpa

Luxemburg. Walter Godefroot machte ein betrübtes und betroffenes Gesicht. Kaum hatte sich der Manager des Bonner Telekom-Teams nach der ersten Etappe der Luxemburg-Radrundfahrt durch das Verkehrschaos ins Parc Hotel durchgekämpft, wurde der Belgier mit der Nachricht von den Ermittlungen gegen Jan Ullrich konfrontiert. "Ohne Dolmetscher will ich eigentlich nicht mehr über Doping reden", wehrte der Flame, der mit der deutschen Sprache so seine Probleme hat, den Frager ab. Zu viel Missverstandenes aus seinem Munde sei in den letzten Tagen veröffentlicht worden. Aber dann ließ Godefroot seiner Empörung über das Vorgehen der Staatsanwaltschaft in Florenz doch freien Lauf, sprach sogar von Hexenjagd.

"Was steckt dahinter? Wollen die, dass es keinen Radsport mehr gibt, der noch nie so viele Zuschauer angelockt hat wie in dieser Saison?" Das Vorgehen gegen Jan Ullrich und dessen Veröffentlichung findet Godefroot "ungeheuerlich". Der Staatsanwalt informiere die Öffentlichkeit vor dem Betroffenen, veranlasse Skandalschlagzeilen zum Schaden Jan Ullrichs und werde in den Ermittlungen dann feststellen: "Nichts bleibt übrig." Godefroot findet das "nicht korrekt" und verwies auf die Hysterie um die angeblich "27 positiven Tests" der bei der letzten Tour de France eingefrorenen Urinproben und die Verdächtigungen gegen Lance Armstrong. "Nichts ist dabei herausgekommen."

Aber es hatte bis April gedauert, ehe eine Pariser Untersuchungsrichterin nach Abschluss der Untersuchungen hatte feststellen und mitteilen müssen, dass die Urinproben des zweimaligen Toursiegers negativ waren. Bis zum "wissenschaftlichen Beweis" aber war der Amerikaner, der immer wieder seine Unschuld beteuert hatte, ein ständig von den französischen Medien Verdächtigter. Auch Jan Ullrich wurde nun unschuldig in den Dopingsumpf hineingezogen. Walter Godefroot ist "hundertprozentig davon überzeugt, dass es bei Jan keine Probleme gibt". Seit Einführung des Gesundheitspasses der UCI wird dem Toursieger von 1997 und Olympiasieger attestiert, was Teamarzt Lothar Heinrich als "seit langem bekannt" zu Beginn der Woche bestätigt hatte: "Jan Ullrich leidet an einer Pollenallergie und Asthma. Dagegen bekommt er Kortekoid-Inhalationen." Kortekoid steht auf der Liste der Dopingmittel.

Heinrich reagierte in Luxemburg ebenfalls ungehalten über die Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft in Florenz. Die im "Scandalo Doping" federführende Zeitung La Repubblica wurde über die beschlagnahmten Mittel und die Ermittlungen gegen Ullrich informiert, bevor der deutsche Radstar Gelegenheit hatte, dazu Stellung zu nehmen. Die Staatsanwaltschaft, so Heinrich, hätte sich erst einmal kundig machen müssen: "Warum er es nimmt und ob er es nehmen darf. Er darf. Das Medikament gegen Asthma ist nicht verboten. So aber wurde Jan Ullrichs Name erst einmal in Misskredit gebracht."

Rudy Pevenage, der durch einen italienischen Freund während des Trainings mit Ullrich in den Vogesen von den Ermittlungen erfuhr, fragt sich: "Warum informieren sich die Staatsanwälte und Untersuchungsrichter in Italien und Frankreich nicht erst einmal bei der UCI in Lausanne? Dort erscheint Jan jedes Jahr zum Test, dass er dieses Problem wie viele andere Rennfahrer auch wirklich hat und das Spray nehmen darf." Jan Ullrich habe ihn am Freitag angerufen, berichtete Pevenage, ihm zu seinem 47. Geburtstag gratuliert und sei "bester Laune" gewesen. "Jan hat ein reines Gewissen und mittlerweile die Einstellung: "Ihr könnt mich mal . . ."

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