GA-Serie "Die Sonntagskicker" Wenn Spielabsagen zur Normalität werden

Bonn · Vereinsliebe: Die Mittelrheinliga ist die einzige Möglichkeit für Alte Herren, am Spielbetrieb teilzunehmen. Allerdings funktioniert die Liga nicht ganz einwandfrei.

 Einen hohen Aufwand betreiben Fatih Özyurt (Mitte) und die Hennefer Alten Herren, um am Wochenende kicken zu können.

Einen hohen Aufwand betreiben Fatih Özyurt (Mitte) und die Hennefer Alten Herren, um am Wochenende kicken zu können.

Foto: Maibaum

Im Normalfall ist es für Hobbysportler eine Ehre, im Ligabetrieb weite Reisen zu unternehmen. Das spricht dann dafür, dass in der direkten Region kaum Mannschaften auf dem eigenen Niveau sind und man sich daher mit Gegnern von weiter weg misst. Anders ist es bei manchen Ü-32-Fußballern aus der Region.

Für sie gibt es keine Alternative: Die niedrigste – und einzige – Liga für „Alte Herren“ ist die Mittelrheinliga. Dort spielen momentan sieben Mannschaften aus dem kompletten Gebiet des Fußball-Verbands Mittelrhein (FVM). Von der DJK aus Gummersbach bis zu Concordia Oidtweiler unweit der Grenze zu den Niederlanden.

Die Liga funktioniert keineswegs reibungslos. Es werden oft Spiele verschoben oder abgesagt. Hohe Ergebnisse sind keine Seltenheit, die Mannschaften sind auf sehr unterschiedlichem Niveau. Dem FC Hürth wurden alle Punkte abgezogen, weil nichtberechtigte Spieler eingesetzt wurden.

Die Teams haben in dieser Saison bislang zwischen drei und fünf Partien absolviert. So sagt es jedenfalls der Spielplan, der im Internet zu finden ist. In Wirklichkeit waren es aber für manche Teams schon mehr Spiele. Denn ein Verein, der SC Widdig, hat sich bereits aus dem Spielbetrieb zurückgezogen.

Für die Widdiger war jedoch keines der bereits genannten Problemfelder ausschlaggebend. „Es lag nicht an der Fahrerei oder dem Leistungsunterschied“, sagt ein Vereinsvertreter. Das Problem sei nicht die Spielerqualität, sondern eher die Quantität. „Wir dachten, dass eine normale Kadergröße von etwa 20 Leuten reichen würde. In der Praxis braucht man wesentlich mehr.“ Für die Mannschaft aus Widdig war es schwierig, gemeinsame Termine für die Ligaspiele zu finden. Oft gab es einleuchtende Gründe, manchmal schienen die Spieler einfach keine Lust zu haben.

Solche Absagen sind für Martin Jedrusiak-Jung, Sportsoziologe an der Deutschen Sporthochschule Köln, keine Überraschung. „Die Familie und der Beruf sorgen für andere Prioritäten als im Jugendsport. Außerdem hat der Fußball ab einem bestimmten Alter nicht mehr so einen hohen Stellenwert. Es geht mehr um das Gesellschaftliche.“ Der Verband versucht, dem Spielermangel mit dem „Norweger Modell“ entgegenzuwirken. Wenn eine Mannschaft keine elf Spieler zur Verfügung hat, muss sich der Gegner anpassen. So gibt es regelmäßig Partien, die mit neun gegen neun ausgespielt werden.

Das Projekt der Ü-32-Verbandsliga ist ein sehr junges. Momentan ist die Spielklasse in der zweiten Saison. Der Verband bewirbt sie Jahr für Jahr intensiv, so Alfons Arnoldy. Er ist der Staffelleiter der Liga beim FVM. „Wir haben alle Vereine persönlich angeschrieben und auch die elektronischen Postfächer mit Material versorgt.“ Dennoch war die Resonanz von Beginn an nicht so groß, wie vom Verband erhofft: „Unser Plan war eigentlich, zwei Ligen zu machen, um die Fahrten im Rahmen zu halten“, reflektiert Arnoldy. „Im letzten Jahr hatten dann 15 Vereine ihr Interesse signalisiert, aber leider kamen dann zum ersten Treffen nur acht.“

Einer davon war der FC Hennef. „Im ersten Jahr klappte es mit der Liga meist ganz gut, bis sich auch damals Teams zurückzogen. Wir haben uns dann gefreut, dass sich die neuen Mannschaften angemeldet haben“, so Jörg Theel, Spieler und Mitverantwortlicher in Hennef. Auch beim Verband sorgte das neue Interesse für Freude. „Zum Gespräch kamen immerhin zehn Vereine. Mit diesen Vereinen waren wir uns dann einig, und der Spielplan war schon im Netz“, erzählt Arnoldy. „Doch dann zogen noch zwei Vereine zurück, sodass wir die Saison wieder mit acht Mannschaften begonnen haben.“

Der aktuelle Zustand der Liga scheint keinen der Beteiligten glücklich zu machen. Für Mannschaften, die sich noch im Spielbetrieb befinden, „ist es demotivierend, wenn man am Spieltag Absagen bekommt“, erzählt Jörg Theel. Auch der SC Widdig, der nicht mehr teilnimmt, zeigt sich unzufrieden: „Wir hatten alle Lust zu spielen. Jetzt ist die Mannschaft in der Schwebe, momentan planen wir, eventuell eine Spielgemeinschaft mit anderen Vereinen einzugehen.“

Das würde der Verband in Person von Arnoldy begrüßen. „Unser Ziel kann nur sein, so viele Vereine oder Spielgemeinschaften wie möglich in der Liga zu haben. Sport für Ältere wird in den nächsten Jahren ein ganz großes Thema werden.“

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