Sensationelle Verpflichtung: Kölner spielt für Remagener Schach-Bundesligisten

Der mittlerweile 59-jährige Robert Hübner stand in 70er Jahren auf Platz drei der Weltrangliste

Remagen. Der Schach-Bundesligist SC Remagen ist offenbar entschlossen, nach dem in letzter Minute verhinderten Abstieg eine weitere Zittersaison mit aller Macht zu verhindern. Mit der Verpflichtung von Robert Hübner ist den Römerstädtern jetzt ein Coup gelungen, der selbst in Liga-Kreisen als sensationell bezeichnet wird.

Der 59-jährige Kölner hatte sich nach seinem Engagement beim OSC Baden Baden für zwei Jahre aus der Eliteliga verabschiedet, um nun beim SC Remagen ein Comeback zu feiern. Der promovierte Papyrologe, der bereits im Alter von 21 Jahren als jüngster deutscher Großmeister für Furore gesorgt hat, wird den Platz des vermeintlichen zweiten Spitzenspielers der vergangenen Spielzeit, Boris Gelfand, einnehmen.

Nachdem der Israeli aus terminlichen Gründen nicht ein einziges Mal zum Einsatz gekommen war, hatte Mannschaftsführer Peter Noras bereits frühzeitig angekündigt, dass man in der neuen Saison auf die Dienste von Gelfand verzichten werde. Hübner gilt als bester deutscher Schachspieler seit Emanuel Lasker, der 1894 als bisher einziger Deutscher Schachweltmeister geworden war, und den Titel über 27 Jahre hatte behaupten können - eine Marke, die bis heute unerreicht geblieben ist. Für Furore sorgte Robert Hübner insbesondere in den siebziger Jahren.

Seinen bislang besten Elo-Wert erreichte er 1973 mit 2 732. In der Weltrangliste kletterte das für seine Extravaganzen bekannte Schachgenie damals bis auf Platz drei. In den Jahren 1970, 1980, 1983 und 1991 erreichte er insgesamt vier Mal das Kandidatenturnier um die Schach-Weltmeisterschaft. Zunächst hatte er gegen den früheren Weltmeister Tigran Petrosjan eine umstrittene Niederlage hinnehmen müssen, bevor er 1980 nach zehn Partien das Duell gegen Victor Kortschnoi beim Stande von 5:5 abbrach. Ebenfalls 5:5 stand 1983 die Viertelfinalbegegnung gegen den ehemaligen Weltmeister Wassili Smyslow.

Daraufhin wurde der Sieger mittels Roulettekugel ermittelt. Beim vierten Anlauf um die Weltmeisterschaft scheiterte Hübner vor 17 Jahren im Achtelfinale an Jan Timman. Der mehrfache deutsche Einzelmeister gewann in den Jahren 1974 und 1975 mit der SG Solingen und 2006 mit dem OSC Baden Baden die deutsche Mannschaftsmeisterschaft. Seinen größten Erfolg feierte der vielfache Nationalspieler jedoch 1999, als er bei der Schacholympiade in Istanbul mit überragenden Auftritten maßgeblichen Anteil daran hatte, dass die deutsche Mannschaft die Silbermedaille gewinnen konnte.

Mit einer Elo-Zahl von derzeit 2 599 belegt der 59-Jährige in der deutschen Rangliste aktuell Rang sieben. Neben der Remagener Nummer eins, Wassily Ivanchuk, und Hübner setzt Noras in der neuen Saison verstärkt auf erfolgshungrige Jungtalente. So stößt mit Sebastien Feller ein hoffnungsvolles Talent zu den Remagenern. Der 17-jährige Franzose mit der beachtlichen Elo-Zahl von 2 540 dürfte bislang nur Insidern bekannt sein. Doch das Nachwuchstalent ist auf dem besten Wege, sich auch außerhalb Frankreichs einen Namen zu machen.

Seine Spielstärke bewies der junge Franzose etwa im vergangenen Jahr bei den französischen Jugendmeisterschaften, als er sämtliche Partien gewann und sich überlegen den Titel in der U 20 sicherte. Bundesliga-Erfahrung hat Feller bereits vor zwei Jahren beim SC Bann sammeln können. Vom Oberligisten SC-HP Böblingen 1975 wechselt Tigran Gharamian nach Remagen. Der 24-jährige Franzose ist Internationaler Meister und verfügt aktuell über eine Elo-Zahl von 2 554. "Ich sehe ihn als Hoffnungsträger, der sich bei uns weiter entwickeln wird und unser vollstes Vertrauen genießt", sagt Noras.

Als vierter Neuzugang wird Alexandre Dgebuadze den Bundesligisten verstärken. Der 37-Jährige verfügt ebenfalls über Bundesliga-Erfahrung und ist nach überstandener Krankheit dabei, zu alter Leistungsstärke zurückzufinden. Der vierfache belgische Meister weist aktuell eine Elo-Zahl von 2 528 auf und soll beim SC Remagen das Mittelfeld verstärken. Neben Gelfand haben sich die Römerstädter auch von Evgenij Miroshnichenko getrennt.

Der Ukrainer war den Verantwortlichen in einer wichtigen Phase des Abstiegskampfes durch Unzuverlässigkeit negativ aufgefallen. Als weiterer Streichkandidat gilt mit Boris Avrukh auch der zweite Israeli, der für die Remagener in der abgelaufenen Saison im Einsatz war. Zwar sei man mit der Leistung des aktuell auf Platz 66 der Weltrangliste geführten 30-Jährigen zufrieden gewesen, doch auch er habe dem Club wegen zahlreicher anderer Verpflichtungen zu selten zur Verfügung gestanden, so Noras.

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