Doping im Radsport NADA sucht Gespräch mit Jan Ullrich

BERLIN · Jan Ullrich soll liefern. "Erkenntnisgewinn" für künftig mehr sauberen Sport. Wenn es nach den Vorstellungen der Nationalen Anti Doping Agentur (NADA) mit Sitz in Bonn geht, soll der Tour de France-Sieger von 1997 mit seinem Athletenwissen über Dopingpraktiken im Radsport helfen, Verfahren und Kontrollen im Kampf gegen systematischen Leistungsbetrug unter Sportlern zu verbessern.

 Bietet den Herausforderungen der Dopingbekämpfung die Stirn: Die NADA-Vorstandsvorsitzende Andrea Gotzmann.

Bietet den Herausforderungen der Dopingbekämpfung die Stirn: Die NADA-Vorstandsvorsitzende Andrea Gotzmann.

Foto: dpa

Wie Vorstandsmitglied Lars Mortsiefer bei der Jahrespressekonferenz gestern in Berlin sagte, hat die NADA beim Management des einstigen deutschen Radsportidols angefragt, ob Ullrich zu einem Gespräch mit der NADA bereit sei. Eine Antwort steht noch aus.

Die Nationale Anti Doping Agentur erhofft sich nähere Informationen über die Dopingnetzwerke im Radsport. Ullrich hatte eine Woche vor dem Start der 100. Jubiläums-Tour erstmals gestanden, früher mit Eigenblut gedopt zu haben. Die NADA-Vorstandsvorsitzende Andrea Gotzmann sagte: "Wir sind mit einigen Topathleten, die eine Doping-Karriere hinter sich haben, im Gespräch."

Dazu soll in näherer Zukunft auch der Radprofi Stefan Schumacher gehören, gegen den ein Betrugsverfahren beim Landgericht Stuttgart läuft. Mortsiefer hat nach eigenen Worten die persönliche Zusage Schumachers, dass dieser nach Abschluss des Verfahrens gegen ihn bereit sei, mit der NADA zu reden.

Zu einem geplanten deutschen Anti-Doping-Gesetz sagte Mortsiefer, die NADA sei sehr wohl für eine "strafrechtliche Stärkung" des Anti-Doping-Kampfes. "Aber wir sind auch für eine Stärkung der Sportgerichtsbarkeit. Es ist ein 'sowohl als auch'." Zuletzt war die SPD mit ihrem Entwurf eines Anti-Doping-Gesetzes im Bundestag gescheitert, der jeden Besitz von Dopingmitteln wie auch Eigendoping unter Strafe stellen will.

Nach den Worten von NADA-Chefin Gotzmann ist im Kampf gegen Doping "die Akzeptanz der Null-Toleranz-Politik ganz wichtig". Die NADA folge der Linie: "Sport ohne Doping ist das Normale." Gotzmann verwies darauf, dass die NADA seit 2012 auch Trainingskontrollen bei Pferden übernommen hat. Bei den bis heute durchgeführten 158 Kontrollen habe es keinen einzigen positiven Fall gegeben.

Zum Fall der bereits vor einem Jahr bekannt gewordenen positiven Wettkampfprobe des Pferdes "El Santo" der Dressurreiterin Isabell Werth wollten sich Gotzmann und Mortsiefer nicht äußern. Sie verwiesen auf die Zuständigkeit der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN). Auf Hinweise, wonach Dressur-Olympiasiegerin Werth angeblich mit Gutachtern beweisen will, dass die verbotene Substanz durch eine defekte Trinkanlage und nicht durch eine Behandlung in den Körper ihres Pferdes gelangt sei, ging Mortsiefer nicht ein.

Gotzmann betonte weiter, dass die NADA ihr Spektrum mit Kontrollen für Mannschaftssportarten vergrößern wolle. Nach Eishockey, Handball und Basketball sei man nun auch mit dem Deutschen Fußball-Bund "in den letzten Zügen der Verhandlungen" - freilich nach jahrelangem Anlauf.

Insgesamt hat die NADA im vergangenen Jahr 97 mögliche Verstöße gegen Anti-Doping-Bestimmungen registriert. Allerdings in nur 22 Fällen wurden Athleten wegen eines Positivergebnisses sanktioniert - in der Regel mit einer Sperre von zwei Jahren.

Der Fokus der Kontrolltätigkeit lag 2012 auf dem deutschen Olympia-Team, das im vorolympischen Zeitraum - bereits seit Juli 2011 - außerhalb des Wettkampfes insgesamt knapp 2000-mal zielgerichtet kontrolliert wurde. Die NADA veranlasste 2012 insgesamt 8567 unangekündigte Trainingskontrollen.

Bei den Wettkampfkontrollen (1076) gab es erstmals seit Jahren keinen nennenswerten Zuwachs, obwohl die NADA weiter an dem Ziel festhält, Wettkampf- und Trainingskontrollen aus einer Hand zu steuern. Letztere sind ihre originär definierte Aufgabe, die Wettkampfkontrollen können Sportfachverbände vertraglich an die NADA übertragen. Daran zeigen einige jedoch nach wie vor wenig Interesse.

Unverändert unsicher ist die Finanzierung der NADA. Der Etat von 4,5 Millionen Euro ist nur bis Ende dieses Jahres gesichert. Aufsichtsratschef Hans Georg Näder bemüht sich seit seinem Einstieg bei der NADA im Frühjahr 2012 vergeblich um nennenswerte Mittel aus der Wirtschaft.

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