Podiumsdiskussion in Bonn Hoeneß: Ribery wurde in Goldsteak-Affäre missbraucht

Bonn · Uli Hoeneß hat ein Gastspiel in Bonn gegeben. Der Bayern-Präsident war Gast einer Podiumsdiskussion zum Thema “Sozialer Klebstoff? Die Rolle des Fußballs in Deutschland“. Neben Hoeneß kamen auch Clemens Tönnies und Bischof Franz-Josef Overbeck zu Wort.

 Uli Hoeneß, Präsident des FC Bayern München, spricht auf dem Podium in Bonn.

Uli Hoeneß, Präsident des FC Bayern München, spricht auf dem Podium in Bonn.

Foto: dpa

Er grollte ein wenig. Legte die Stirn in Runzeln, verschränkte seine Arme vor dem doch etwas fülligen Oberkörper. Diskutierte. Nein, Uli Hoeneß fühlte sich ein wenig überfahren von dem Ansinnen an ihn, doch einige Worte über die Lage beim FC Bayern zu verlieren. Nicht gerade freundlich, dafür umso bestimmter erklärte er den wartenden Journalisten, dass er nicht extra aus München nach Bonn gekommen sei, um über den FC Bayern zu reden. „Selbst in München“, sagte er dann, „gebe ich zu aktuellen Themen gerade keine Interviews.“ Das will er sich in der heißen Phase der Saison, erstmals seit zehn Jahren entscheidet sich die Meisterschaft am letzten Bundesliga-Spieltag, dann doch nicht antun.

Die Fragesteller schauten etwas bedröppelt in der Gegend umher, hatten sie sich doch vor dem Hauptgang, einer Podiumsdiskussion über das Thema “Sozialer Klebstoff? Die Rolle des Fußballs in Deutschland“, als warme Vorspeise quasi einige Mia-san-mia-Aussagen etwa über den Titelkampf gegen Borussia Dortmund, künftige Millionentransfers oder die Rolle von Trainer Niko Kovac von Hoeneß erhofft. Vergeblich. Zu diesen Themen schwieg das Manager-Schwergewicht im Bonner Universitätsforum, das seit 40 Jahren einer der Hauptdarsteller in diesem Milliarden-Geschäft ist.

Gleichwohl wollte sich Hoeneß zu dem Thema äußern, zu dem die Bonner Akademie für Forschung und Lehre praktischer Politik (BAPP) geladen hatte: Fußball als sozialer Klebstoff. Der Fußball, dozierte Hoeneß, habe die Chance, Dinge einzurenken, etwa in der Politik. Als Beispiel zog er“die Kinder, die im Krieg die schlimmsten Dinge erlebt haben“ heran. „Das erste, das die danach wieder getan haben war: Fußballspielen“.

Er erzählte auch von einer Mannschaft in Israel, bestehend aus palästinensischen und israelischen Kindern, vom Fußball, der bei Jugendlichen die Integration fördert. „Fußball“, sagte er, „kann Menschen und Völker verbinden.“

Eine Verbindung zu seinen Gästen versuchte Professor Bodo Hombach herzustellen. Der Präsident der BAPP hatte in seiner Begrüßungsrede zahlreiche Bibelzitate eingebracht – nicht ohne Grund. Schließlich hatte neben Moderator Michael Bröcker, Chefredakteur der „Rheinischen Post“ und den beiden Fußball-Alphatieren Hoeneß und Clemens Tönnies, Aufsichtsratsvorsitzender des FC Schalke 04, ein eher Fachfremder auf dem Podium Platz genommen: Franz-Josef Overbeck.

Der katholische Ruhrbischof rief dazu auf, Sport nicht mit Religion zu verwechseln. Jedoch verbinde den Profi-Fußball und Kirche vieles. „Der Sinn für Solidarität und Hilfe muss als gesamtgesellschaftliche Aufgabe wahrgenommen werden“, sagte er. Den Fußball empfindet er als eine Form, „die Menschen zusammenbringen kann“.

Millionenblase Fußball im Mittelpunkt

Nicht selten verließ die Runde jedoch das eigentliche Thema. Dann rückte vor allem die Millionenblase Fußball in den Mittelpunkt. Es wurde sportlich auf dem Spielfeld der Diskussion. Ob eine Ablösesumme von 80 Millionen Euro für einen Spieler legitim ist? Franz-Josef Overbeck, in sozialethischen Fragen erprobt, antwortete darauf mit einem entschiedenen: Nein! Er benutzte Begriffe wie „unsittlich“ und erkannte den „Menschen als Ware“.

Die beiden Bundesliga-Macher Hoeneß und Tönnies waren bei diesem Thema einer Meinung, einer anderen. Für die beiden Freunde hat sich die Welt einfach weitergedreht. Ihr gemeinsamer Nenner: Wo viel Geld umgesetzt und generiert wird, sind solche Summen eben zulässig. Wer im Konzern der Großen mitspielen will, meint Hoeneß, der „muss so agieren“. Einen Ansatz, wie das Rad zurückzudrehen wäre, hat er nicht: „Ohne Kommerz und Globalisierung gewinnt man die Champions League nicht“, sagte er – und lag damit mit Tönnies („Man braucht Geld, um oben mitzuspielen“) auf einer Wellenlänge. Auf der andern Seite: Beide wiesen auf ihre sozialen Engagements hin, die sie mit ihre Vereinen betreiben.

Die Runde äußerte sich auch zu Themen wie der Korruption im Weltverband Fifa, Gewalt in den Stadien, Spieltagszersplitterung, die 50+1-Regel, ja sogar Hoeneß' Steuervergehen, das er selbst als „Riesenfehler“ bezeichnete, kamen zur Sprache. Anekdötchen aus 40 Bayern-Jahren hatte er ohnehin reichlich zu bieten. Die Spieler von heute täten ihm leid, sagte Hoeneß: „Die jungen Leute sind vollkommen überfordert damit, wie über sie gerichtet wird. Jeder Furz wird registriert. Unsere Zeit der Unbekümmertheit war schön.“ In seiner Spielerzeit in München sei die Mannschaft aufs Oktoberfest gegangen – klar, mit Trainer Udo Lattek, „da waren wir zwölf Stunden da. Die Hälfte war betrunken. Es ging, bis irgendwann einer hintenrunter gekotzt hat. Was meinen Sie, was da heute los wäre?“ Das war alles ganz unterhaltsam. Und auch den 250 Besuchern in Bonn gefiel es, obschon sie sich ein wenig mehr Zuwendung zum eigentlichen Thema gewünscht hätten.

So wurde auch die Goldsteak-Affäre um Bayern-Star Franck Ribéry noch einmal in die Mikrowelle geschoben. Hoeneß verteidigte den Franzosen, der ein Tausend-Euro-Stück-Fleisch verzehrt haben soll. „Der einzige Fehler, den er gemacht hat, war, dass er das Steak nicht an die Wand geklatscht hat“, sagte Hoeneß: „Er war sich überhaupt nicht im Klaren darüber, dass er missbraucht wurde.“ Clemens Tönnies, ein Fleischfabrikant, meinte dazu süffisant: Fleisch werde gegessen, nicht an die Wand geklatscht. So ging ein launige Runde zu Ende, die das eigentliche Thema etwas zu sehr ausblendete.

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