SSF Dragons Bonn Floorballer investieren viel für ihre Leidenschaft

BONN · Nach dem Aufstieg in die 1. Liga kommen auf die Floorballer der SSF Dragons Bonn weite Reisen und hohe Kosten zu. An der Begeisterung für ihren Sport ändert das jedoch nichts.

 Der Topscorer: Auf Treffer von Florian Weißkirchen (rechts) hoffen die SSF Dragons Bonn künftig auch in Deutschlands Eliteklasse.

Der Topscorer: Auf Treffer von Florian Weißkirchen (rechts) hoffen die SSF Dragons Bonn künftig auch in Deutschlands Eliteklasse.

Foto: Wolfgang Henry

Stellen Sie sich mal vor, Fußball-Nationalspieler Marco Reus müsste selbst noch ein paar Tausend Euro beisteuern, um bei Borussia Dortmund in der Bundesliga spielen zu können. Verrückt? Unglaublich? Sicherlich. Denn der Fußball in Deutschlands Eliteklasse ist pures Profitum, die Spieler gehen keinem anderen Beruf nach und verdienen mit der Jagd nach dem runden Leder ihren Lebensunterhalt – und das nicht schlecht.

Von derartigen Verhältnissen und Gegebenheiten können die Erstliga-Floorballer der Republik nur träumen. Profis gibt es allenfalls in Schweden oder Finnland, zwei oder drei deutsche Vereine sind in der Lage, Ausländern einen Job zu vermitteln und ihnen Wohnung und Ausrüstung zu stellen: Weißenfels etwa, Wernigerode oder vielleicht auch Leipzig. Ansonsten sind die Aktiven, die mit Kunstfaserstöcken einem 23 Gramm leichten Lochball hinterherjagen, reinste Amateure.

So auch die Spieler der SSF Dragons Bonn, die nach ihrem Aufstiegskrimi gegen BW Schenefeld ab sofort dem erlauchten Kreis der Bundesligisten angehören. Der 20-Mann-Kader setzt sich fast ausnahmslos aus Studenten und Schülern sowie Akteuren, die in Bonn ihre Ausbildung absolvieren, zusammen. Der einzige Ausländer, der bislang im Aufgebot stand – der starke Tscheche Jan Kolisko –, weilte lediglich für ein Auslandssemester in der Bundesstadt und hat inzwischen einen Vertrag in der ersten tschechischen Liga unterschrieben. Dann gibt's da mit dem auch für die Öffentlichkeitsarbeit zuständigen Johan Gallwitz noch einen Halb-Schweden, „aber so gut, dass ich nach Schweden gehen könnte, bin ich nicht. Also bleibe ich in Bonn“, erzählt der 22-Jährige.

Lange Reisen in der zweiten Liga

Der Sprung ins deutsche Oberhaus bringt den SSF Dragons nicht nur ein enormes sportliches Renommee, sondern auch extreme finanzielle Belastungen. Mit rund 22.000 Euro kalkuliert Teammanager und -arzt Dietmar Ederer-Merdian (52); schließlich stehen noch weitere Reisen an als in Liga zwei. Nach Hamburg geht's, nach Berlin, gleich viermal Richtung Leipzig, dazu nach Schriesheim bei Heidelberg und in den tiefsten Süden nach Kaufering – inklusive Anreisen am Vortag und Hotelübernachtungen; bleibt als einzige Nahdistanz Düsseldorf.

Die Fahrten wollen die Bonner mit zwei Neunsitzer-Bussen bewältigen; ein Büschen stellt der Verein SSF Bonn, ein zweites Fahrzeug muss gemietet werden. „Wenn wir zu den neun Auswärtsspielen in der Meisterschaft noch drei bis vier Pokalspiele und die abschließenden Playoffs oder Playdowns dazurechnen, kommen wir auf rund 13 500 Kilometer in 16 Partien“, hat Ederer-Merdian ausgerechnet. Und dann wäre da noch der Traum des Trainers Mathis Janesch: „Toll wäre es, wenn wir wenigstens ab und an einen Reisebus zur Verfügung hätten, um Fans mitnehmen zu können“, meint der 36-Jährige. Aber auch er weiß um die Kosten, „zumal für die weiten Strecken zwei Fahrer gestellt werden müssen, die sich abwechseln“.

Ohne eigenes finanzielles Dazutun kommen daher auch die erfolgreichen Spieler nicht aus, denn da sind ja noch Lizenzgebühren für Spielerpässe und die Mannschaftsmeldung für Liga eins und und und... „Ich denke, jeder Aktive wird so um die 400 Euro noch aus der eigenen Tasche bezahlen müssen“, sagt Ederer-Merdian.

300 Zuschauer in den Playoffs

Dass die Mannschaft deswegen aber meutert, wird keiner erleben. Egal ob Kapitän Lutz Ackermann (25), der schon mal zwei Jahre in der Nationalmannschaft spielte, Gallwitz oder Topscorer Florian Weißkirchen (20), der schon in der Schweiz Erfahrung sammelte – die Liebe zum Sport ist größer.

„Ich liebe die Dynamik und Kreativität beim Floorball. Das ist viel besser als zum Beispiel Hockey. Außerdem ist Floorball ein unfassbar schnelles Spiel“, sagt Gallwitz. Und Ackermann ergänzt: „Floorball ist leicht zu lernen, du kannst dich schnell verbessern.“ Gemeinsam mit Lukas Lüke (25) ist er der Senior in dem jungen Team.

Auch die Bonner scheinen die junge Sportart inzwischen für sich entdeckt zu haben. In der 2. Liga hatten die SSF Dragons einen Zuschauerschnitt von etwa 150 in der regulären Runde; in den Playoffs waren's sogar 300. Die Floorballabteilung zählt inzwischen mehr als 200 Mitglieder, darunter viele Nachwuchsspieler – ein Fundus, aus dem der Verein schöpfen kann und muss. Denn: „Voraussetzungen zu schaffen für eine Verpflichtung von Ausländern, müssen wir erst versuchen. Da müssen erst entsprechende Strukturen wachsen“, sagt Trainer Mathis Janesch.

Die Chancen, den Klassenerhalt in der Eliteklasse zu schaffen, sieht der 36-Jährige indes gar nicht als so schlecht an. „Ich denke, das ist sogar ein realistisches Ziel“, meint er. „Außer mit Leipzig, Weißenfels und Wernigerode sind wir mit allen Teams auf Augenhöhe. Wenn wir unsere Heimspiele gewinnen, ist der Ligaverbleib möglich.“

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