Ein Palast für den WM-Titel

Kommentar

Bonn. Glaubt man "Märchenonkel" Helmut Pfleger, der die Zuhörer bei der Schach-WM im Analysesaal der Kunsthalle seit über zwei Wochen mit vielen Anekdoten bestens unterhält, dann hat Viswanathan Anand bei seinem ersten Titelgewinn ein Haus geschenkt bekommen. Nach einem erneuten Triumph in Bonn soll es gar einen Palast geben.

Der sympathische Inder ist in seiner Heimat ein Volksheld. Die Menschen verehren ihn, Hunderttausende pilgern seinetwegen in die Schach-Schulen, die er fördert. Anand besitzt fast alle zivilen Verdienstorden seines Landes, war nach seinem Titelgewinn 2007 in Mexiko indischer Sportler des Jahres und hat einen wahren Schach-Boom in der Heimat ausgelöst. Davon ist man beim ersten Titelkampf nach 74 Jahren in Deutschland noch ein Stück entfernt.

Dennoch gibt es untrügliche Anzeichen für die ungebrochene Popularität des königlichen Spiels auch in diesem Land. Allein bei Google findet man unter dem Stichwort "Schach-WM in Bonn" 40 400 Links. Die offizielle WM-Webside, auf der die Partien live übertragen werden, baut sich manchmal wegen Überlastung gar nicht erst auf. Tickets für die Kunsthalle sind Tage im Voraus ausverkauft, es gibt Wartelisten. Die Autos auf den Parkplätzen rund um die Halle führen Kennzeichen aus Hamburg, München, Dortmund oder Berlin.

Selbst Schweizer und österreichische Nummernschilder sind zu sehen. Rund 500 Journalisten aus allen Kontinenten berichten aus der Beethoven-Stadt in alle Welt und sorgen so für einen unbezahlbaren Werbeeffekt. Einziger Wermutstropfen: Dass das Fernsehen, das am Sonntag mit der Live-Übertragung eines Fußball-Kreisligaspiels für einen neuen Höhepunkt der Programmgestaltung gesorgt hat, dieses Ereignis in der Kunsthalle bis auf ein paar Schnipsel völlig ignoriert, ist mehr als ärgerlich.

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