Wie geht es weiter in den Amateurligen? Diskussionen über FVM-Voting zum Meinungsbild der Vereine

Bonn · Mit 349 zu 347 Stimmen haben sich die Vereine des FVM knapp für eine Fortführung der Saison ausgesprochen. Nach der Wahl hagelt es in den sozialen Medien Kritik an dem Voting. Der FVM verteidigt sein Vorgehen.

 Symbolbild.

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Foto: Uwe Anspach/Archiv

Exakt zwei Stimmen haben den Unterschied ausgemacht - oder 0,28 Prozent. 349 Vereinsvertreter sprachen sich in der Online-Abstimmung des Fußballverbandes Mittelrhein (FVM) für die Fortsetzung der Saison aus, 347 Teilnehmer dagegen. Eine Entscheidung hat diese Wahl allerdings noch nicht gebracht. Schließlich wollte sich der FVM mit dem Voting nur ein Meinungsbild einholen, wie die Vereine auf den Vorschlag des Verbandes reagieren, die Saison ab frühestens Herbst wiederaufzunehmen. Am Mittwochabend gab der Verband bekannt, dass sich 50,14 Prozent der Befragten für und 49,86 Prozent dementsprechend gegen den Vorschlag ausgesprochen haben. „Dieses Ergebnis ist unfassbar“, sagt der Vorsitzende des VfR Hangelar, Werner Simon. „Ich zweifle dieses Ergebnis an. Ich habe flächendeckend nur andere Meinungen gehört.“

Bereits in der Vorwoche hatte der Verband den Vereinen den eigenen Vorschlag offenbart, die aufgrund der Pandemie unterbrochenen Fußballsaison ab frühestens 1. September wieder aufzunehmen. In diversen Videokonferenzen warb der FVM bei den Clubs um die Gunst des Vorstoßes. Obwohl in den sozialen Medien verbandsweit Ablehnung zu lesen war, stimmte nun die knappe Mehrheit für die Fortsetzung der Saison. Ein undankbares Ergebnis. Denn es zeigt, die gespaltene Meinung zu dem weiteren Vorgehen. Und ein Ergebnis mit fadem Beigeschmack – zumindest nach der Aussage einiger Vereine. So habe der FVM während des Votings noch vereinzelt Vereine angerufen, um für den eigenen Vorschlag zu werben und Vereine zu einer „Pro“-Stimme zu bewegen. Nach GA-Informationen sogar noch unmittelbar vor Toreschluss. Bei zahlreichen Clubs stößt dieses Vorgehen auf Unverständnis. In den sozialen Medien ist sogar von Manipulation die Rede. „Wenn das so stimmt, kommt das einem handfesten Skandal gleich“, sagt ein Trainer aus dem Bonner Raum, der nicht genannt werden will. „Für so unprofessionell habe ich den Verband nicht gehalten.“

Mittlerweile haben einige Vereine das Vorgehen des FVM gegenüber dem GA bestätigt. Demnach habe es unter anderem gleich mehrere Anrufe bei einem Verein gegeben, der sich noch nicht festlegen wollte. Ein weiterer Club aus dem GA-Verbreitungsgebiet spricht davon, dass man ebenfalls angerufen worden sei, allerdings wurde dort nur „eine Stimmung“ eingeholt. „Das ist vollkommen korrekt. Wir haben ja zunächst die Videokonferenzen mit knapp 400 Vereinsvertretern abgehalten und hatten dann die Situation, dass etliche Vereine nicht daran teilnehmen konnten“, sagt FVM-Präsident Bernd Neuendorf. Daher habe der FVM via Telefon für seinen Vorschlag geworben. „Die Grundmotivation war eine hohe Beteiligung an dem Meinungsbild. Gerade bei den Vereinen, die nicht in der Videokonferenz waren, haben wir gefragt, ob es spezifische Fragen gibt. Ganz klar war aber, dass die Vereine unabhängig entscheiden.“

Dennoch ist bei einigen Vereinen offenbar ein anderer Eindruck entstanden. Der SV Eilendorf schreibt beispielsweise auf seiner Homepage: „Wenn nur 70 Stimmen durch diese Telefon-Aktion gewonnen wurden, macht das schon zehn Prozent Unterschied im Ergebnis der Abstimmung alleine dadurch aus.“ Ein weiterer Vereinsvertreter wird noch deutlicher und spricht von Manipulation, weil er angerufen worden sei, nachdem er gewählt habe, mit der Bitte seine Wahl noch einmal zu überdenken. „Ich war nicht bei allen Gesprächen dabei. Ich kenne nicht jedes Telefonat“, so Neuendorf. „Für mich ist das aber nicht nachvollziehbar, weil man eine abgegebene Stimme nicht mehr ändern konnte“. Ganz so harmonisch seien einige Anrufe aber nicht verlaufen. „In den Telefonaten wurden schon düstere Szenarien aufgemalt“, sagt ein Vereinsvorsitzender aus dem Kreis Düren, der nicht genannt werden will. In diesem Fall wurden mögliche angekündigte Klagewellen als Drohung verstanden. Ein weiterer Bonner Clubvertreter spricht von einer „Einflussnahme des FVM“. Man habe ja gezielt einseitig geworben, um das Ziel zu erreichen. „Wenn man das Ergebnis mit anderen Verbänden vergleicht, kann doch etwas nicht stimmen“, heißt es. In der Tat gibt es benachbarte Verbände, in denen das Ergebnis weitaus deutlicher ausfällt – in den meisten Fällen für den Saisonabbruch. „Kein Wunder, denn das vom FVM gewünschte Meinungsbild wurde ja ordentlich geschönt“, so der Vorsitzende eines Vereins. Dem widerspricht Neuendorf entschieden: „Wenn man den Menschen ein Meinungsbild abverlangt, muss man ihnen auch entsprechende Informationen an die Hand geben. Das haben wir in den Videokonferenzen und mit dem Versand schriftlicher Unterlagen getan“, so Neuendorf. „Die Leute müssen verstehen, dass es keine endgültige Entscheidung ist. Wir haben kein klares Meinungsbild. Unsere Gremien werden sich in den nächsten Tagen intensiv dazu austauschen und die weiteren Schritte beraten.“

Der Verband will eine Klagewelle wie im Vorjahr unbedingt vermeiden. Damals gab es in den Kreisen Bonn und Sieg einen Rechtstreit-Marathon, der in der Absage des ersten Spieltags im Kreis Bonn und in der Bezirksliga mündete. „Wenn wir aufgrund des Abbruchs eine Auf- und Abstiegsregelung am grünen Tisch treffen müssen, geht der FVM von einem hohen Klagerisiko aus. Vereine, die sich benachteiligt fühlen, könnten gerichtliche Entscheidungen erzwingen. Es drohen langwierige sportrechtliche und gegebenenfalls zivilrechtliche Verfahren.“ Dem GA liegen allerdings Informationen vor, dass einzelne Vereine das Vorgehen des FVM ebenfalls rechtlich überprüfen wollen.

Ein wenig in den Hintergrund rücken die Befürworter der Saisonfortsetzung. Bereits vor dem Voting hatten sich einige Vereine ebenfalls in den sozialen Medien für die Wiederaufnahme nach der Sommerpause ausgesprochen.

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