Die Umbauarbeiten sind auf der Zielgeraden

Trainer Koller bastelt am "neuen FC" - Trainingslager des Kölner Fußball-Bundesligisten an der portugiesischen Algarve - Gegen Gladbach werden erstmals 51 000 Fans im fertiggestellten Stadion erwartet

  Vermehrt  wollen sie in der Rückrunde jubeln: Matthias Scherz, Mustafa Dogan und Oliver Schröder (von links).

Vermehrt wollen sie in der Rückrunde jubeln: Matthias Scherz, Mustafa Dogan und Oliver Schröder (von links).

Foto: Henry

Köln. "1. FC Köln." Wenn die 13 000 Hardcorefans auf der immer ausverkauften Südtribüne des Rhein-Energie-Stadions in Müngersdorf den Namen ihres Lieblingsklubs intonieren, brauchen sie auf das Echo der Nordtribüne nicht lange zu warten. Wie bei einer Stereoanlage schallt der Schlachtruf von der gegenüberliegenden Seite zurück.

Nicht ganz so laut, nicht ganz so voller Inbrunst geschmettert, weil dort in einer Ecke auch die gegnerischen Fans untergebracht sind - doch der neutrale Besucher spürt: Das hier ist mehr als der Besuch eines x-beliebigen Spiels der Fußball-Bundesliga, hier entwickelt sich so etwas wie eine Kultstätte im Grüngürtel der Domstadt.

Trotz der Konkurrenz der erfolgreichen Puckjäger von den Kölner Haien, trotz der Dunks und Drei-Punkte-Würfe der Rhein-Energie-Basketballer oder den Toren der wiedererstarkten Handballer des VfL Gummersbach, die am Samstag mit über 17 000 Fans in der Kölnarena den zweitbesten Besuch eines Handballspiels aller Zeiten verzeichnet haben - wenn es um den Sport geht, gibt es in der Domstadt nur ein Thema: den 1. FC.

Nicht umsonst sind Oberbürgermeister Fritz Schramma oder BAP-Frontmann Wolfgang Niedecken Dauergäste im Stadion, nicht von ungefähr sitzt der Dompropst auf der Ehrentribüne in einen FC-Schal gewickelt neben Fußball-Ikone Wolfgang Overath.

Und im Verwaltungsrat der Kommanditgesellschaft auf Aktien (KgaA), in die der Klub im letzten Jahr umgewandelt wurde, sitzt fast die gesamte Kölner Wirtschaftselite von GEW-Boss Helmut Haumann bis Ford-Chef Bernhard Mattes.

Fast 35 000 Zuschauer im Schnitt haben die Auftritte der Elf von Trainer Marcel Koller in den ersten neun Heimspielen der Saison 2003/2004 besucht, obwohl die Arena durch den Umbau in den ersten Spielen nur 33 000 Fans Platz bot.

Geißbock-Anhänger müssen zudem ziemlich leidensfähig sein, wurden sie doch oft arg enttäuscht nach dem Wiederaufstieg, der bereits am fünftletzten Spieltag der Zweitligasaison festgestanden hatte.

Dass danach unter der Regie von Friedhelm Funkel die letzten vier Begegnungen in der Zweitklassigkeit verloren wurden? Geschenkt. Dass dann nur Kleingeld für notwendige Neuverpflichtungen in der Kasse war? Schwamm drüber. "Et hät noch immer jot jejange", dachten die Fans.

Und doch holte die Realität Funkel und seinen Mentor Andreas Rettig schneller ein, als von vielen gedacht. "Ein Trainerwechsel ist kein Thema." Dieser Satz wurde zur Standardfloskel des Managers in den ersten Wochen der neuen Saison - immer hoffend, dass der glücklose Funkel doch noch die Kurve bekommen und mit seinem Team wieder in die Erfolgsspur zurückkehren könnte. Ein Irrglaube.

"Die Trennung von Friedhelm Funkel ist mir richtig schwer gefallen. Aber es war der richtige Zeitpunkt", hat Rettig nach dem unvermeidlichen Rauswurf geäußert. Dies geschah am 30. Oktober, zwei Tage nach dem blamablen Pokal-Auftritt bei Wolfsburgs Amateuren.

Die damalige Bilanz: sieben Zähler aus zehn Bundesligaspielen, Platz 16 - zu wenig. Der Manager zog die Reißleine, Funkel musste gehen, Marcel Koller kam. "Ein Schweizer, ausgerechnet", wurde in Köln geunkt. Und die Kritiker sahen sich schnell bestätigt.

Vier Bundesligaspiele ohne Sieg, dazu das Aus im Pokal-Achtelfinale gegen den Zweitligisten Greuther Fürth - noch dazu im eigenen Stadion. Koller schien seinen Kredit schon verspielt zu haben, ehe er richtig am Rhein angekommen war.

Doch dann kam Hertha BSC am letzten Hinrundenspieltag nach Köln, an einem eisig kalten Dienstagabend. Und endlich griff Kollers "Runderneuerung", die Kapitän Dirk Lottner als prominentestes "Opfer" traf und im Gegenzug den 18-jährigen Lukas Podolski in die Mannschaft spülte. Mit einem überzeugenden 3:0-Erfolg gab der 1. FC nicht nur die Rote Laterne an Eintracht Frankfurt ab, mit 13 Punkten ist der Kontakt zu den anderen Teams wieder hergestellt.

Mit Beginn der Rückrunde - Trainingsauftakt ist am 4. Januar am Geißbockheim - soll das Unternehmen Klassenerhalt mit neuem Mut angegangen werden. Im Trainingslager an der portugiesischen Algarve (14. bis 21. Januar) will Koller sein Team mit den genesenen Moses Sichone und Sebastian Schindzielorz sowie dem neu verpflichteten Markus Feulner dann endgültig auf sein System mit Pressing und Viererkette umstellen.

Und die ein oder andere Überraschung hat Rettig auf dem Personalsektor ja auch noch versprochen. Wenn am 31. Januar der alte Rivale Borussia Mönchengladbach in Müngersdorf vorspielt, werden sich erstmals 51 000 Besucher im dann fertiggestellten Rhein-Energie-Stadion vom "neuen FC" überzeugen wollen.

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