Serie Groundhopping am Rhing Die Bonner Heimat des "FC Bundestag" stand in der Rheinaue

BONN · Von Sepp Herberger bis zu Franz Beckenbauer – die 1989 abgerissene Sportanlage in der Gronau verkörpert ein Stück Bonner Fußball-Geschichte. Auch der „FC Bundestag“ war dort zu Hause.

  Das waren noch Zeiten: Viele Jahrzehnte lang schlug das Herz des Bonner Sports in der Gronau. 1989 wurde die Sportstätte abgerissen.

Das waren noch Zeiten: Viele Jahrzehnte lang schlug das Herz des Bonner Sports in der Gronau. 1989 wurde die Sportstätte abgerissen.

Foto: Heinz Engels

Menschenmassen sind an jenem Mittwochabend im August des Jahres 1967 unterwegs, wälzen sich wie ein Pilgerstrom durch die Bonner Straßen. Ihr Ziel: das altehrwürdige Gronaustadion, kurz „die Gronau“ genannt, im Norden der heutigen Rheinaue – dort, wo aktuell Posttower und Deutsche Welle zu finden sind. 8000 Zuschauer sind es schließlich, die die Tribünen beim Freundschaftsspiel des Bonner SC gegen den frischgebackenen Europapokalsieger FC Bayern München säumen. Die Gäste hatten sich den damals noch ausgetragenen Cup der Pokalsieger mit einem 1:0 nach Verlängerung gegen die Glasgow Rangers gesichert; Torschütze: Franz „Bulle“ Roth.

Die Bayern sind mit all ihren Assen angetreten, mit einem gewissen Franz Beckenbauer, einem Gerd Müller, einem Sepp Maier und wie sie alle heißen. Und es wird ein denkwürdiger Abend, denn der „kleine Bonner SC“ schlägt die „großen Bayern“ unter der Spielleitung des legendären Walter Eschweiler tatsächlich mit 3:1. Horst Koep (2) und Helmut Lambertz treffen für den BSC, Gerd Müller verkürzt.

Die Schmach lassen die Münchner indes nicht auf sich sitzen. Ein paar Monate später kommen sie noch einmal in die Gronau und fertigen die Bonner vor diesmal 7000 Besuchern mit 11:3 ab. Gerd Müller steuert allein fünf Treffer zum Kantersieg bei.

Unvergessen ist auch die Regionalliga-Partie des BSC gegen Arminia Bielefeld am 9. März 1969, die mit 0:2 verloren ging. Der damalige Stadionsprecher Engelbert Scheu kommentierte den Treffer zum 0:2 auf seine ganz spezielle Art: „2:0 für Bielefeld, erneut durch ein Abseitstor.“ Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) kannte keine Gnade und sperrte Scheu für ein ganzes Jahr.

Die Gronau – eine Sportstätte mit Rasenplatz, drei Aschenplätzen und Leichtathletik-Anlage, die nicht nur wegen der Bayern-Gastspiele oder Scheus Lapsus Geschichte geschrieben hat. Angesichts der Lage im Bundesviertel konnte es nicht verwundern, dass dort auch der „FC Bundestag“ seine fußballerischen Aktivitäten zur Schau trug. Die Parlamentarier kickten stets für einen guten Zweck und brachten so manchen prominenten Namen auf den Rasen.

So fanden sich am 12. April 1961 einmal mehr viele Tausend Zuschauer ein, als die Bundestagsabgeordneten – verstärkt durch die Fußball-Legende Fritz Walter und den früheren Beueler Nationalspieler Franz Elbern – gegen eine Auswahl aus Politik, Presse und Fernsehen mit Willy Millowitsch und Nationaltrainer Sepp Herberger mit 5:3 die Oberhand behielten. Stolze 10 000 Mark gingen an soziale Projekte.

Am 28. April 1964 trat der „FC Bundestag“ mit dem unvergessenen „Fußballgott“ Toni Turek im Tor vor rund 3000 Zuschauern gegen eine Auswahl der Münchner Lach- und Schießgesellschaft an, in deren Reihen unter anderem Bubi Scholz, Klaus Havenstein, Jürgen Scheller, Harry Valérien, Werner Liebrich, Armin Hary, Maximilian Schell, Fritz Walter, Dieter Hildebrandt und Sammy Drechsel zum Einsatz kamen. Diesmal zogen die Bonner Abgeordneten unter der Leitung des Kaiserslauterner Fifa-Schiedsrichters Albert Dusch mit 4:7 den Kürzeren.

Doch die Jahre der Gronau waren gezählt. Zunächst zog 1970 der Bonner SC in den neu gebauten Sportpark Nord um; auch das Wasserland lief der traditionsreichen Sportstätte zunehmend den Rang ab. Bis 1988 waren die BSC-Rugbyabteilung und die Footballer der Bonner Jets noch vor Ort aktiv, am 5. Oktober 1989 war die Gronau dann Geschichte: Der Schürmann-Bau wurde errichtet.

Das letzte Spiel aber bestritt noch einmal der „FC Bundestag“, der mit 2:1 gegen eine Bonner Presseauswahl die Oberhand behielt. Das Tor für die Journalisten schoss der langjährige GA-Redakteur Hartmut Eickenberg.

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