bwin-Verbot trifft auch Niederkassel

DFB spricht von Doppelmoral - Keine Aufgabe für die Polizei - Marc Pfister vom Fußball-B-Kreisligisten SV Niederkassel: "Dann haben wir keine Trikots mehr"

bwin-Verbot trifft auch Niederkassel
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Bonn. (ga) Deutsche Regulierungswut treibt bisweilen recht seltsame Blüten. Das musste Karlheinz Scherze kürzlich am eigenen Leib erfahren.

Weil die Trikots der Altherren-Mannschaft seines FT Starnberg 09 mit dem Schriftzug des Wettanbieters betandwin warben, wurde der Vorstand des oberbayerischen Sechstligisten kürzlich zur örtlichen Polizei-Behörde bestellt. "Man hat mich in einem Gespräch darauf hingewiesen, dass das nicht erlaubt sei, und mich gebeten, die Werbung zu unterlassen", erzählt Scherze.

Wie Scherzes Starnbergern geht es derzeit vielen Amateurklubs. Seit einem Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts im Frühjahr, das die Monopolstellung des Staates bei Sportwetten zementierte, gehen die Behörden Fußballern mit betandwin-gesponserten Leibchen buchstäblich an die Wäsche. Das Monopol soll geschützt werden, im Profi- wie im Amateurbereich.

So haben nicht nur Vize-Meister Werder Bremen und Zweitligist 1860 München wegen ihres neuen Trikotsponsors Probleme, sondern auch Starnberg und andere Dorfklubs. "Wer für private Sportwetten wirbt, macht sich strafbar. Es gibt keine Unterscheidung zwischen Profi und Amateur", sagt Bayerns Innenstaatssekretär Georg Schmid (CSU). Innenminister Günter Beckstein appelliert "eindringlich an alle Fußball-Amateurmannschaften, solche Trikots im Schrank zu lassen".

Für manche Klubs ist der geplante Lizenzentzug für bwin, wie sich betandwin seit 1. August nennt, ein größeres Problem. Beim B-Kreisliga-Aufsteiger SV Niederkassel ist das Unternehmen mit rund 10 000 Euro Hauptsponsor.

"Wir werden kaum einen neuen Sponsor finden", sagt Abteilungsleiter Marc Pfister. "Wenn wir unsere Trikots nicht anziehen dürfen, haben alle unsere Mannschaften bis hinunter zu den Jugendteams für die neue Saison keine Trikots mehr. Außerden lässt es sich nicht abstreiten, dass ohne unseren Sponsor der ein oder andere Spieler nicht für uns spielen würde", sagt Pfister.

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und die Deutsche Fußball Liga (DFL) unterstützen Klubs wie Niederkassel. "Ich denke, unser Staat hätte Wichtigeres zu tun als sich mit Amateurtrikots zu befassen", sagt DFB-Präsident Theo Zwanziger: "Da frage ich mich ernsthaft, ob das Aufgabe der Polizei ist."

Wilfried Straub, Wettbeauftragter des DFB, spricht sogar von der "Doppelmoral der Landesregierungen". Kooperationsangebote von Wettanbietern, "die über eine Konzession eines EU-Mitgliedes verfügen", sollten weiterhin angenommen werden. Eben diese Konzession könnte bwin aber verlieren, sollte das sächsische Innenministerium seine entsprechende Androhung wahr machen.

"Ungeheuerlich", findet das bwin-Pressesprecher Hartmut Schultz. Er ist sicher, "dass es zu einer Öffnung des Marktes kommen wird". Zumal das Monopol wohl gegen die im EU-Vertrag festgeschriebene Dienstleistungsfreiheit verstoße.

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