Selbstbestimmte Quarantäne Bonner Fechter kann nur zu Hause trainieren

Bonn · Fechter André Sanita vom OFC Bonn ist für Olympia in Tokio qualifiziert, weshalb eine Absage für ihn eine sportliche Katastrophe wäre. Doch auch bei Sanita wachsen die Sorgen, dass die Olympischen Spiele nicht stattfinden können.

 An Wettkämpfe oder echtes Training ist für den Bonner Fechter André Sanita derzeit nicht zu denken. Er steht unter häuslicher Quarantäne.

An Wettkämpfe oder echtes Training ist für den Bonner Fechter André Sanita derzeit nicht zu denken. Er steht unter häuslicher Quarantäne.

Foto: Wolfgang Henry

André Sanita hat eine Art Hausarrest. Nein, er hat nichts verbrochen. Er steht unter verordneter Selbstquarantäne. Der Herrenflorettfechter des OFC Bonn kehrte am Freitag aus den USA zurück, wo die Nationalfechter im kalifornischen Anaheim am Grand Prix teilnehmen wollten – ein für die Einzelweltrangliste zählendes Weltcuptturnier. „Wir waren schon eine Woche früher da gewesen. Am Donnerstag kam dann die Absage“, berichtet Sanita.

Auch aus rein sportlicher Sicht für Bundestrainer Uli Schreck die richtige Entscheidung: „Die Italiener kamen nicht aus ihrem Land raus, unter anderem waren auch die Russen und die Koreaner nicht da. Es fehlten so viele Spitzenleute, dass die Austragung des Weltcups eine Farce gewesen wäre – Wettbewerbsverzerrung.“ Am Ende war die deutsche Équipe froh, einen früheren Flug für die Heimreise buchen zu können, nachdem US-Präsident Donald Trump bereits ein Einreiseverbot für Europäer verhängt hatte.

Auslöser von Sanitas Selbstquarantäne war dann die Bundeswehr. Der 27-Jährige ist wie einige andere aus dem Team Sportsoldat und bekam von seinem Dienstherrn die Anweisung, 14 Tage im Haus zu bleiben. Den zweimaligen deutschen Florettmeister besorgt nicht nur die Krisensituation hier in Deutschland, sondern auch in Italien. In Salerno – zwei Autostunden von Neapel entfernt – wohnt ein Großteil seiner Familie, darunter die Großeltern. Sanita: „Wenn meine Oma irgendetwas braucht, legt meine Tante das vor den Aufzug, wo es später von meiner Oma abgeholt wird. Die sehen sich dann nicht. Das ist verrückt, aber Realität.“

Durch die Selbstquarantäne kann Sanita sein Vorbereitungsprogramm auf die Olympischen Spiele vorerst nicht weiter abspulen. „Was man so zu Hause auf der Matte machen kann, mache ich. Mit Bewegung ist da aber nicht viel. Das ist alles andere als optimal“, sagt Sanita. Generell habe er Zweifel, ob die Spiele überhaupt stattfinden. Sanita: „Auf jeden Fall bin ich skeptisch, was den Termin im Sommer angeht. Es wäre schön, wenn man sie verschieben könnte, aber ich weiß nicht, wie das umgesetzt werden soll.“

Er gibt offen zu: „Für mich persönlich wäre eine Absage Olympias sportlich gesehen eine Katastrophe, gerade weil ich mich zum ersten Mal qualifiziert habe und ich die Erfahrung unbedingt machen möchte. Es ist das Größte für einen Sportler, dabei zu sein.“ Wenn es dann doch passiere, werde er nicht jammern, sondern es akzeptieren. „Der Fokus muss darauf liegen, die Pandemie einzudämmen und zu überstehen, der Sport ist da zweitrangig.“

Bundestrainer Uli Schreck fühlt sich wie in einem Science-Fiction-Film. „Es ist alles so unwirklich. Und man weiß auch nicht, wie sich das entwickeln wird.“ Wenn sich die Krise noch über vier Wochen hinziehe, „sehe ich für Olympia schwarz. Es wird so schon eng, weil die Qualifikation noch nicht überall abgeschlossen ist. Dann müssten Ersatzturniere gefunden werden. Es würde organisatorisch alles so komplex, da wäre vieles infrage gestellt.“ Am Ende werde die Entscheidung über Absage oder Nicht-Absage nicht beim IOC-Präsidenten Thomas Bach liegen, sondern bei der Weltgesundheitsorganisation.

An Kadertraining ist auch für die Nicht-Sportsoldaten derzeit nicht zu denken, weil die Fechthalle im Sportpark Nord wie alle anderen Trainings- und Sporthallen gesperrt sei. Aufgeben will Schreck aber nicht. „Ich bleibe positiv und sage, Olympia findet statt. Alles hängt von den kommenden vier Wochen ab. Die nächsten zehn Tage wird die Infektionskurve sicher noch nach oben gehen und sich danach hoffentlich abflachen“, so Schreck. Und dann bliebe vielleicht noch Zeit, „dass wir uns halbwegs vernünftig vorbereiten können“.

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