Taekwondo Aziz Acharki trainiert Saudis und pendelt nach Bonn

Bonn · Der frühere Bundestrainer Aziz Acharki steht nun in Saudi-Arabien unter Vertrag, bleibt der Heimat aber verbunden. "Ich vermisse meine Familie und Bonn."

Erfolgreich im neuen Umfeld: Aziz Archarki (von rechts) freut sich mit seinem Athleten Hamad Al-Mabrouk, Sportdirektor Usman Dildar und Assistenztrainer Mahmad Qahtani.

Erfolgreich im neuen Umfeld: Aziz Archarki (von rechts) freut sich mit seinem Athleten Hamad Al-Mabrouk, Sportdirektor Usman Dildar und Assistenztrainer Mahmad Qahtani.

Foto: Privat

Der Regen hat sich eben erst verzogen, nun scheint die Sonne. Das Wetter ist wechselhaft dieser Tage in Oxford. „Es ist eine einzige Katastrophe“, sagt Aziz Acharki. „Morgens packst du dich warm ein, mittags musst du dich im Grunde schon wieder umziehen, um dann abends den Regenschirm rauszuholen.“

Die britische Uni-Stadt hat es dem ehemaligen Taekwondo-Bundestrainer dennoch angetan. „Oxford ist Multikulti. Hier gibt es schöne Cafés – es ist halt eine Studentenstadt.“ Acharki lebt zurzeit in Großbritannien. Als Nationaltrainer Saudi-Arabiens nimmt er mit acht Kaderathleten an einem Projekt teil. Ein Jahr lang lernen die Sportler in Oxford Englisch und werden gleichzeitig trainiert. Sie leben alle gemeinsam in einem Haus. Auch wenn das Leben auf der Insel für ihn eigentlich zu teuer ist, Acharki ist gerne dort. Aber: „Ich vermisse Deutschland, ich vermisse Bonn“, sagt er. „Vor allem aber meine Familie.“

Als Acharki vor gut fünf Monaten die Stelle antrat, entschied sich die Familie, am Rhein zu bleiben. Der Sohn macht gerade Abitur, die Tochter studiert. Der 45-jährige Familienvater hatte sich mit der Deutschen Taekwondo Union nicht auf einen neuen Vertrag einigen können. Aus seiner Sicht mangelte es neben einer angemessenen Bezahlung vor allem an der nötigen Wertschätzung und Anerkennung.

„Das ist in Saudi Arabien ganz anders. Ich arbeite hier an großen Zielen und werde dementsprechend auch unterstützt“, sagt er. „Dabei geht es mir gar nicht so sehr ums Geld. Das System in Deutschland hat einfach nicht gepasst.“ Acharki spricht vor allem die Sportförderung gerade der Randsportarten an und hofft, dass die Entwicklung positiv ist.

Die Weiterentwicklung des Taekwondo liegt ihm nach wie vor am Herzen. „Ich bin Sportsmann. Mit meinen Athleten geht es mir in erster Linie um den Erfolg.“ Und den hat er. Zuletzt in Aserbaidschan bei den Islamic Games. „Das war schon ein wenig wie kleine Olympische Spiele.“ Acharki weiß, wovon er spricht. 2000 nahm er an den Spielen in Sydney teil und wurde Fünfter.

Fünf Jahre zuvor hatte er sich in Manila den WM-Titel geholt. Ein Erfolg, den er bei den kommenden Titelkämpfen in Südkorea (24. bis bis 30. Juni) seinen Athleten wünschen würde. „Bei einem Titel bekommt der saudische Sportler schon ordentliche Prämien“, so Acharki. Ein Titel für Saudi-Arabien wäre allerdings eine große Überraschung.

Nun pendelt der gebürtige Marokkaner zwischen Bonn, Oxford und Riad hin und her. Der Lebensmittelpunkt befindet sich in England. Dort findet die tägliche Arbeit mit den saudischen Kaderathleten statt. Eine Arbeit, die nicht immer ganz einfach ist. „Nennen wir es anders“, sagt er. „So etwas wie Pünktlichkeit und Disziplin sind die hier wirklich nicht gewohnt.“ Dass der 45-Jährige arabische Wurzeln hat, hilft beim Verständnis für das lasche Auslegen der Regeln nicht wirklich. „Da bin ich voll Deutsch. Bei den ersten Malen habe ich die Jungs sofort nach Hause geschickt. Jetzt sind sie immer zehn Minuten früher da.“

Die Vorbereitungen für die Weltmeisterschaft im südkoreanischen Muju laufen weiterhin auf Hochtouren. Es stehen diverse Trainingslager an. Unter anderem gab es zuletzt ein Wiedersehen mit seinen alten Kaderathleten aus Deutschland. Beim Trainingslager in Manchester waren auch Sportler der DTU vertreten. Unter anderem Yanna Schneider und Martin Stach vom TKD Swisttal.

„Der Kontakt zu meinen Athleten ist nach wie vor da“, sagt Acharki. „Die Jungs gratulieren ihrem Coach, wenn er etwas reißt.“ Auch der Weltmeister und Olympiasieger Levent Tuncat aus Wesseling schreibe oft. Die beiden verbinde ein freundschaftliches, fast familiäres Verhältnis. Und Acharki schaut nach wie vor, was in Deutschland passiert. „Ich bin gespannt, wie das deutsche Team sich in Korea schlägt.

Vor allem unsere Sportler aus der Region. Martin und Yanna aus Swisttal, aber auch Sae-Rom Kim von uns.“ Mit „uns“ meint er den OTC Bonn. 2000 hat er den Verein in Bad Godesberg gegründet und ist jetzt noch bei wichtigen Events dabei. Das Training hat er abgegeben. „Mokdad Ounis macht aber einen herausragenden Job“, sagt er über seinen Weggefährten und Nachfolger beim OTC.

Angst, dass es zu einem Aufeinandertreffen seiner alten und neuen Schützlinge kommt, hat er nicht. „Der Bessere soll in diesem Fall einfach gewinnen“, findet Acharki. „Vor wenigen Wochen ist es zum Trainer-Duell zwischen mir und Dimi Lautenschläger gekommen. Sonst hat bei den Kämpfen immer der Schützling vom TKD Swisttal gewonnen. Dieses Mal war mein Athlet besser.“ Einer von vielen Erfolgen. Und dann lässt sich auch das Wetter in Oxford aushalten.

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