Interview zum Amateurfußball "Auf dem Land fehlen die Kinder, in der Stadt die Plätze"

Bonn · Dirk Illgner, Sportlicher Leiter von RW Dünstekoven, war auf dem DFB-Amateurkongress in Kassel. Im Interview spricht er über die Probleme eines Dorfvereins.

Herr Illgner, was haben Sie mitgenommen aus Kassel?

Dirk Illgner: Ich war ja skeptisch, aber wir als kleine Vereinsvertreter konnten wirklich auf Augenhöhe mit DFB-Funktionären diskutieren, in Workshops und auch direkt in Tischgesprächen. Wir fühlten uns erstgenommen.

Konkret, was war Ihr Erkenntnisgewinn?

Illgner: Dass im Grunde alle Vereine dieselben Sorgen haben.

Aber es gibt doch Unterschiede zwischen Stadt und Land.

Illgner: Stimmt, das ist mir dort erst so richtig aufgegangen. Auf dem Land haben wir die Infrastruktur, aber oft fehlen die Kinder. In der Stadt ist es andersherum, weil oft die Plätze fehlen. Gemeinsam ist uns allen, dass es zu wenig Trainer gibt und Menschen, die bereit sind, Vorstandsarbeit zu machen. Und, natürlich, die Vereinsheime sind überall marode.

Hat der Kongress etwas erbracht, wie man dem begegnen kann?

Illgner: Man muss sich der Zeit anpassen. Vielleicht kleinere Mannschaften ermöglichen, Vereinswechsel erleichtern, alternative Spielformen anbieten, über Futsal nachdenken.

In Kassel haben auch Bundestrainer Joachim Löw und DFB-Präsident Reinhard Grindel geredet. Haben Sie da aufrichtiges Interesse für die kleinen Vereine gespürt?

Illgner: Grindel war gut, Löw war wenig begeisternd, da fand ich die Bundestrainerin besser. Martina Voss-Tecklenburg hat man ihr Interesse wirklich abgenommen.

Es hat sieben Jahre gedauert, bis nach 2012 wieder ein Amateurkongress stattfand. Warum so lange?

Illgner: Grindel hat in Aussicht gestellt, dass der Abstand kürzer werden soll. Schließlich ging es ja darum, die EM 2024 zu nutzen.

Was kann denn die Europameisterschaft für einen Verein wie Rot-Weiß Dünstekoven bringen?

Illgner: Wir hoffen, dass ein positives Auftreten der Spieler die Kinder wieder zum Fußball bringt. Direkt ansprechen müssen wir natürlich die Eltern.

Gibt es diesen Zusammenhang wirklich?

Illgner: Auf jeden Fall: Nach der WM 2006 gab's einen riesigen Zuwachs. Aber darauf muss man sich vorbereiten. Es nützt ja nichts, wenn die Kinder kommen, aber man hat keine Trainer und keinen vernünftigen Sportplatz.

Wer war aus dem Kreis sonst noch mit in Kassel?

Illgner: Jürgen Bachmann als Kreisvorsitzender. Und natürlich der FVM-Vorsitzende Alfred Vianden und DFB-Schatzmeister Stephan Osnabrügge, die ja auch von hier kommen.

Sind Sie eigentlich der große oder kleine Bruder?

Illgner: Der ältere, 53.

Reden Sie mit Ihrem Bruder Bodo auch über Rot-Weiß Dünstekoven?

Illgner: Ich erzähle ihm schon davon, aber das ist diesbezüglich kein sehr intensiver Austausch.

Wie soll Ihr Verein in fünf Jahren aufgestellt sein, wenn die EM 2024 vor der Tür steht?

Illgner: Es wäre schön, wenn die erste Mannschaft in der Kreisliga A spielt und die Jugendabteilung breit aufgestellt ist.

Wie viele Jugendklassen sind derzeit besetzt?

Illgner: E- und F-Jugend, Bambini, aber D- und C-Jugend schon mit Spielgemeinschaften. Dünstekoven hat ja kein Neubaugebiet, da kommen keine Familien dazu.

A- und B-Jugend gar nicht?

Illgner: Nee, vor zwei Jahren hatten wir wirklich eine gute A, die spielen jetzt alle in der Ersten.

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