Annika Zeyen und Alhassane Baldé SSF Bonn bei der Leichtathletik-WM der Behinderten

BONN · Die Rennrollstuhlfahrer Annika Zeyen und Alhassane Baldé von den SSF Bonn nehmen an der Leichtathletik-WM der Behinderten in London teil.

Zweimal taucht der Vereinsname SSF Bonn in der Liste der Nominierten für die Leichtathletik-WM der Behinderten auf. Zehn Athleten sind für die Titelkämpfe vom 14. bis 23. Juli in London vom Deutschen Behindertensportverband ins Nationalteam berufen worden, darunter die Bonner Annika Zeyen und Alhassane Baldé. Für die ehemalige Rollstuhl-Basketballerin Zeyen ist die Qualifikation nach nur zehn Monaten Training eine große Überraschung.

Als „eine Riesensache“ bezeichnet die 382-malige Rollstuhlbasketball-Nationalspielerin ihre Berufung in dem für sie neuen Metier. Erfolge hat Zeyen in ihrer früheren Sportart angehäuft. Dreimal schaffte sie es bei Olympia aufs Podium, holte 2008 Silber, 2012 Gold und 2016 noch einmal Silber. Nach den Spielen von Rio de Janeiro hat sie aufgehört. Dass Zeyen nur zehn Monate später mit dem Rennrollstuhl in ihrem zweiten Leben als Leistungssportlerin zur WM darf – damit hätte die 32-Jährige nie gerechnet.

Eher aus Neugier hatte sie sich im Herbst des vergangenen Jahres ausprobiert. Ohne große Ambitionen. Motto: Einfach mal nach Lust und Laune mittrainieren. Mit dem gleichaltrigen Baldé, der als dreimaliger Paralympics-Teilnehmer ein alter Hase in Sachen Rennrollstuhlsport ist. Auf Anhieb rollte es bei Zeyen – im wörtlichen Sinne. Das ist kein Wunder, weil sie aufgrund ihrer sportlichen Vorgeschichte natürlich gute athletische Voraussetzungen mitbringt.

Baldé mit schwieriger Vorbereitung

„Ein Riesendank an unseren großartigen Trainer Alois Gmeiner“, schrieb Zeyen nach ihrer WM-Nominierung auf Facebook. Und: „Was es noch besser macht: Meine Teamkollegen Alhassane Baldé und David Scherer sind ebenfalls in der Auswahl.“ Baldé sagt: „Unglaublich, welche schnellen Fortschritte Annika gemacht hat. Ich traue ihr sogar den Einzug ins WM-Finale zu.“ Das gemeinsame Training bezeichnet Baldé als „wichtigen Faktor“ für Fortschritte. Denn, so der Paralympics-Sechste von Rio: „Zusammen macht es halt doppelt Spaß.“ Auch er profitiert davon. Häufig stößt der Saarbrücker Scherer, der ebenfalls nach den Plänen Gmeiners trainiert, zur Bonner Trainingsgruppe.

Nicht das reine Vergnügen waren die letzten Wochen für Baldé. Der GA-Sportler des Monats März klagte nach seinem deutschen Rekord und damit erfüllter WM-Norm über 1500 Meter über Rückenprobleme. Die Ursache: „Im Winter habe ich großen Wert auf Oberkörper-Kraftübungen gelegt, dabei aber wohl den Rücken zu sehr vernachlässigt“, erklärt der Bonner. Die Folge: Eine Muskel-Dysbalance. Baldé „hatte Rücken“ ...

Optimistisch zur WM

In der Siegburger Helios-Klinik wurde ihm geholfen – eine Kortisonbehandlung schlug an. Wochenlang trainierte er Handbikefahren: Dabei treibt der Sportler das Fahrzeug mit einer Kurbel vor der Brust an – statt den Rollstuhl über die Griffleiste am Rad zu beschleunigen. Im übertragenen Sinne betätigte sich Baldé als „Radrennfahrer“ statt als Leichtathlet. Dabei büßte er an Schnelligkeit ein. Wie dies einem Läufer passiert, der alternativ auf dem Rad trainiert.

Inzwischen rollt es wieder bei ihm im gewohnten Rennmobil. Heißt: Oberkörper weit nach vorne lehnen und an den Griffen ziehen, was das Zeug hält. Für die WM in London, bei der er nach einer Medaille greifen wollte, ist der deutsche 1500-Meter-Rekordler inzwischen wieder vorsichtig optimistisch. „Ich habe noch gut vier Wochen“, sagt Baldé, „um wieder in Topform zu kommen. Das sollte funktionieren“.

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