Taekwondo NRW-Taekwondo-Verband schließt Sportler aus

Bonn · Der Nordrhein Westfälische Taekwondo Verband hat dem TKD Swisttal sowie weiteren Clubs die Mitgliedschaft entzogen. Zahlreiche Sportler dürfen somit an nationalen und internationalen Wettkämpfen nicht mehr teilnehmen.

 Auch er ist jetzt für Berlin aktiv: Ranye Drebes.

Auch er ist jetzt für Berlin aktiv: Ranye Drebes.

Foto: Ottersbach

Sebastian Oberski ist zwölf Jahre alt und gilt als großes Taekwondo-Talent. Bei den deutschen Meisterschaften in Schwabach gewann der Swisttaler am vergangenen Samstag Bronze, musste sich im Halbfinale nur knapp geschlagen geben. Neben Yanna Schneider, Ranye Drebes oder Celina Proffen ist Sebastian Oberski ein weiteres Talent, das in der Bonner Region trainiert und schon jetzt in seiner Altersklasse die internationale Spitze anpeilt. Auf der offiziellen Ergebnisliste der Deutschen Taekwondo Union (DTU) zu den nationalen Titelkämpfen wird er jedoch dem Verein Elite Berlin zugeordnet. So wie Schneider, die in Schwabach mit Gold dekoriert wurde.

Ein Administrations-Fehler? Nein. Die Taekwondoka des TKD Swisttal starten seit wenigen Tagen allesamt für den Berliner Club. „Mit der Transferierung bin ich einer Sperre meiner Athleten zuvorgekommen“, sagt TKD-Trainer Dimitrios Lautenschläger. Ende der vergangenen Woche erhielten Lautenschläger sowie zwölf weitere Vertreter von Taekwondo-Vereinen aus NRW einen Brief der DTU, der die Clubs über die sofortige Beendigung der Vereinsmitgliedschaft im Landesverband NWTU informierte. Sämtliche Sportler wurden in der Taekwondo-Datenbank auf „inaktiv“ gesetzt, eine Teilnahme an Veranstaltungen der DTU mit sofortiger Wirkung ausgeschlossen. Zum Beispiel bei den deutschen Meisterschaften. Von dem Ausschluss solen rund 1000 Athleten aus Nordrhein-Westfalen betroffen sein. Zahlreiche von ihnen hatten für die nationalen Titelkämpfe gemeldet, einige galten als potenzielle Titelanwärter. Auch Welt- und Europameisterschaften sowie Lehrgänge finden in Zukunft ohne die betroffenen Athleten statt.

Hintergrund der Maßnahme ist offenbar ein Machtkampf, der seit Jahren schwelt und nun auch auf dem Rücken der Athleten ausgetragen wird. „Für die Sportler, die ein ganzes Jahr auf diesen Event hintrainieren, ist das natürlich ärgerlich“, sagt Frank Rall vom Landessportbund NRW. Gegenseitige Vorwürfe und Unterstellungen sind ebenso an der Tagesordnung wie möglicherweise der Kampf um hohe Funktionärsposten. So wurde dem ehemaligen NWTU-Präsidenten Antonio Barbarino bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung das Vertrauen entzogen. Kurz darauf wurde der amtierende DTU-Präsident Park Soo-Nam suspendiert, DTU-Vizepräsident Musa Cicek als neuer Präsident der NWTU gewählt. „Das war eine demokratische Wahl“, sagt Michael Scharf, Leiter des Olympiastützpunktes Rheinland. „Das muss man dann als Verlierer einfach auch akzeptieren.“

Das sehen Lautenschläger und 13 weitere Vereine aus NRW ganz anders. „Die Frage ist ja, wie demokratisch die Wahl abgelaufen ist. Für mich war das Mittel zum Zweck, um die nötigen Stimmen zu bekommen, Park zu entmachten“, so Lautenschläger. „Cicek hat den Breitensport gegen den Leistungssport ausgespielt.“ Der NWTU-Präsident widerspricht dem entschieden: „Es ist nicht erkennbar, weshalb Breitensportvereine gegen wettkampforientierte Vereine ausgespielt würden. Sie alle sind gleichrangige Mitglieder der NWTU“, erklärt Cicek.

14 Vereine gründeten dennoch den neuen Landesverband TU-NRW. „Das ist ja auch Teil einer Demokratie. Unsere Gründungsmitglieder waren mit dem Vorgehen der Gegenseite nicht einverstanden“, so Lautenschläger. Der TU-NRW wurde vom Dachverband für Budotechniken Nordrhein-Westfalen aufgenommen und ist damit dem LSB untergeordnet.

Laut NWTU-Präsident Cicek seien Barbarino und „einige seiner Freunde“ nun in dem anderen Verband Mitglied, „um mit der NWTU in Konkurrenz zu treten. Diesen Entschluss respektieren wir“, so Cicek. „Es ist jedoch unstrittig, dass diese Vereine nicht weiter Mitglied der NWTU bleiben können, weil sie sich mit diesem Schritt verbandsschädlich verhalten.“ Zu dem Umstand, dass der Dachverband in Rheinland-Pfalz über zwei Verbände verfügt, will sich Cicek trotz mehrfacher Anfrage nicht äußern. „Das hat man in anderen Sportarten doch auch“, sagt Rall. „Zum Beispiel bei einer regionalen Aufteilung. Da spricht in der Regel ja auch nichts gegen. Die Verbände müssen nur nebeneinander funktionieren.“

Das scheint bei dieser Auseinandersetzung nicht der Fall zu sein. Durch die Beendigung der Vereinsmitgliedschaft von Seiten der NWTU haben die betroffenen Sportler die Zugehörigkeit zum Spitzensportverband der Deutschen Taekwondo Union verloren – die Grundlage, um bei nationalen und internationalen Turnieren antreten zu können. „Das diese Sportler nicht an Wettbewerben teilnehmen dürfen, kann nicht sein“, sagt Scharf. „Diese Maßnahme geht zu Lasten der Sportler und steht im Gegensatz zu den Werten, die der Sport vermittelt.“

Laut Lautenschläger soll am 20. Oktober vor Gericht über die Rechtmäßigkeit der „Sperre“ entschieden werden. Eine Stellungnahme von Seiten der DTU, ob die Maßnahme überhaupt nötig war, war nicht zu erhalten. Der Landessportbund hat nun für den 2. November zu einem Gespräch mit Vertretern beider Seiten eingeladen. „Unsere Aufgabe ist es, zu vermitteln“, sagt Rall. „Es muss eine Lösung im Sinne des Sports her.“ Ob es die gibt, ist fraglich. Cicek signalisierte mittlerweile die Gesprächsbereitschaft der NWTU.

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