Leichtathletik Para-EM: Weitspringer Popow verabschiedet sich mit Silber

Berlin · Im Weitspringer Heinrich Popow verlässt ein charismatischer Athlet den paralympischen Sport. Berlin feiert ihn zum Karriereabschluss. Eine 100-Meter-Läuferin holt Gold für Deutschland, zudem gibt es noch zwei weitere Silbermedaillen für die Gastgeber.

 Mit EM-Silber verabschiedet T63-Weitspringer Heinrich Popow nach seinem letzten Wettkampf vom Publikum.

Mit EM-Silber verabschiedet T63-Weitspringer Heinrich Popow nach seinem letzten Wettkampf vom Publikum.

Foto: Jens Büttner

Heinrich Popow kam gar nicht mehr aus dem Händeschütteln heraus. Hier noch ein Selfie, da eine Umarmung, dort ein Küsschen - eingehüllt in eine Deutschlandfahne und mit einem Blumenstrauß in der Hand nahm der Weitspringer aus Leverkusen die guten Wünsche entgegen.

Glückwünsche zum Abschluss der Laufbahnund zum Gewinn der Silbermedaille bei den Europameisterschaften der behinderten Leichtathleten in Berlin. "Diese sechs Versuche standen stellvertretend für die 18 Jahre meiner Karriere", sagte der 35-Jährige, der mit 6,24 Metern noch einmal eine persönliche Jahresbestleistung aufgestellt hatte, aber während des ganzen Wettkampfs angespannt wirkte und mit dem böigen Wind zu kämpfen hatte.

Nur der Däne Daniel Wagner war mit 6,72 Metern weiter gesprungen als der zweimalige Paralympics-Sieger und fünfmalige Weltmeister. Den Weltrekord von 6,74 Metern hatte er seinem deutschen Konkurrenten soeben noch gelassen. Wagners Leistung hätten ihm gezeigt, "dass es Zeit für mich ist, an anderen Stellschrauben des Sports zu drehen", sagte Popow.

Als das Publikum im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark ihn feierte, geriet der Sieg der hochgradig sehbehinderten Katrin Müller-Rottgardt mit Begleiterläufer Alexander Kosenkow über 100 Meter (12,78 Sekunden) zur Nebensache. Silber sicherten sich der Berliner Prothesenläufer Ali Lacin über 200 Meter (27,39 Sekunden) und Diskuswerferin Martina Willing aus Pasewalk (20,53 Meter).

"Ich wäre heute nicht der glückliche Mensch, der ich bin, wenn ich den Sport nicht gehabt hätte", sagte der gebürtige Ukrainer Popow, dem im Alter von neun Jahren wegen einer Krebserkrankung ein Bein abgenommen werden musste, mit belegter Stimme. Er gilt als Vorzeigeathlet des paralympischen Sports. Auch weil er schon so lange dabei ist. "2000 bis 2018 - wat wor dat dann en super Zick. Danke, Heini", stand in rheinischer Mundart auf einem Plakat, das seine Leverkusener Kameraden auf der Haupttribüne angebracht hatten. Einer breiteren Öffentlichkeit wurde er im vergangenen Jahr als Teilnehmer der RTL-Show "Let's dance" bekannt.

Auch wenn sich Popow in den leistungssportlichen Ruhestand verabschiedet, bleibt er dem Behindertensport eng verbunden. So ist er für den Prothesen-Hersteller Otto Bock seit Jahren im Auftrag der "Running Clinic" in aller Welt unterwegs und bringt Amputierte in Asien, Südamerika oder auf Kuba zum Sport. Mit Blick auf die Paralympics 2020 in Tokio arbeitet er als technischer Berater des japanischen Verbandes, auch der deutsche Verband will ihn weiter einbinden. Und als kritischer Geist findet er auch gesellschaftspolitisch Gehör. "Ich bin kein Freund der Inklusion, der Gleichmacherei und von diesem ganzen Quatsch", sagte er, "ich bin ein Freund der Individualität".

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