Interview mit Max Rendschmidt „Weil ich bei Sonnenaufgang paddeln gehen kann“

Rio de Janeiro · Im GA-INTERVIEW mit Max Rendschmidt spricht der Bonner über die Motivation, die ihn zu seinen Kanu-Olympiasiegen geführt hat.

Eine Frohnatur ist Max Rendschmidt sowieso. Und mit seinen beiden Goldmedaillen um den Hals wirkt der Rennkanute aus Bonn wie der glücklichste Mensch auf Erden. Berthold Mertes sprach mit dem 22-Jährigen über seine Prämie, die Feiern nach dem Triumph und die Belastung, statt Jäger jetzt ein Gejagter zu sein.

Herr Rendschmidt, wie waren Ihre ersten beiden Nächte als Doppel-Olympiasieger?
Max Rendschmidt: Wunderschön. Wir haben im Deutschen Haus mit einem Buffet begonnen und uns dann mit einer großen Party für die Erfolge und harte Arbeit der letzten Wochen und Jahre belohnt. Ich habe sehr kurz geschlafen, dafür aber umso besser.

Wie haben Sie die Schlussfeier im Maracana-Stadion erlebt?
Rendschmidt: Es war trotz Regen und Kälte eine unbeschreibliche Erfahrung, zumal ich bei der Eröffnungszeremonie wegen unserer späteren Anreise ja nicht dabei sein konnte. Es war unglaublich cool, als wir Sportler am Ende zur Sambamusik in der Karnevalsparade mitgelaufen sind.

Sie hatten nach ihrem ersten Goldrennen über mangelnde Wahrnehmung ihrer Sportart und geringes Sponsoreninteresse geklagt. Jetzt erhalten Sie eine fette Prämie von der Deutschen Sporthilfe und dürften fürs Erste saniert sein, oder?
Rendschmidt: Ich hatte mich nicht so intensiv damit beschäftigt und war von zweimal 20.000 Euro ausgegangen, musste jetzt aber erfahren, dass es für den zweiten Olympiasieg keine Medaillenprämie gibt. Obwohl man sich genauso angestrengt hat. Sozusagen: „Nimm zwei, bezahl eins“. Die Summe hört sich im Übrigen nach mehr an als es ist, denn zuerst gehen von der Prämie ja mal die Steuern ab.

Wie kam es, dass Sie und Ihr Zweier-Partner Marcus Groß trotz der überschaubaren Einkünfte als Kanuten in der Business-Klasse nach Rio geflogen sind?
Rendschmidt: Wir haben auf den letzten Drücker noch Business-Tickets gebucht, weil wir dachten: Olympia ist nur alle vier Jahre, und wir müssen dort wirklich zu 100 Prozent ausgeruht an den Start gehen. Es hat sich gelohnt.

Und wer hat die Tickets finanziert?
Rendschmidt: Erstmal wir selber, aber dann haben wir über Crowdfunding Unterstützer gefunden. Notfalls hätten wir selbst zahlen müssen.

An diesem Dienstag werden Sie in Frankfurt aus dem so genannten Medaillenflieger steigen. Für den haben sich alle deutschen Sportler unter den 423 Olympiastartern qualifiziert, die in Rio Edelmetall gewonnen haben. Wie darf man sich den Rückflug vorstellen? Und was planen Sie danach?
Rendschmidt: Es kann schon sein, dass wir das Flugzeug ein wenig auseinanderreißen und in Frankfurt beim Betreten deutschen Bodens besser eine Sonnenbrille aufsetzen. Vor allem freue ich mich darauf, in Ramersdorf mit meiner Familie und meinen Freuden einen drauf zu machen. Und danach können wir uns noch bei den deutschen Meisterschaften von den anderen Kanuten feiern lassen. Das Ganze wird sich noch ein bisschen hinziehen.

Sie sind mit 22 Jahren schon Doppel-Olympiasieger. Nicht mehr Jäger, sondern Gejagter. Erwarten Sie, dass daraus großer Druck für Sie entsteht?
Rendschmidt: Glaube ich nicht. Ich möchte jedes Jahr noch besser werden, der Ehrgeiz besteht. Aber ich mache den Sport nicht wegen den Rennen, sondern weil ich Spaß dabei habe. Weil ich im Sommer morgens früh, wenn die Sonne aufgeht, auf einem spiegelblanken See paddeln gehen kann und dort meine Ruhe habe.

Aber der Erfolgswille stachelt Sie doch an, oder?
Rendschmidt: Klar ist es gigantisch, dass ich zweimal Gold gewonnen habe. Aber ich mache den Sport nicht wegen den Medaillen, sondern einfach, weil er mir Freude macht. Das ist bei den anderen Jungs genauso. Und ich glaube, das ist unser Erfolgsrezept.

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