Alpin-Ass Neureuther über die Zukunft: "Habe einen sehr guten Plan"

Garmisch-Partenkirchen · Felix Neureuther ist seit Jahren der beste deutsche Skirennfahrer. Seit dem Kreuzbandriss kämpft er um den Anschluss. Bei der WM in Schweden hat er Großes vor.

 Skirennfahrer Felix Neureuther sitzt während eines Interviews am Tisch und gibt Auskunft.

Skirennfahrer Felix Neureuther sitzt während eines Interviews am Tisch und gibt Auskunft.

Foto:  Maximilian Haupt

War es ein Abschied von Felix Neureuther oder nur ein emotionales Dankeschön an die Fans, vor denen er 2013 seine erste Einzelmedaille bei Weltmeisterschaften holte? Die Szenen nach dem Flutlicht-Slalom von Schladming boten viel Raum für Interpretationen.

Im Interview der Deutschen Presse-Agentur spricht Deutschlands bester Skirennfahrer über die Momente im Ziel, die Pläne nach der WM in Are und über Geschenke an die schwedische Königsfamilie.

Zuletzt in Schladming waren Sie sehr emotional, es wirkte wie ein Abschied. Werden Sie demnächst Ihre Karriere beenden?

Felix Neureuther: Schladming war einfach Wahnsinn, da feiern dich 50.000 Menschen. Ich hab das nach meiner Verletzung einfach noch mal sehr genossen. Du weißt nie, wie oft es noch vorkommt, dass du so ein Erlebnis hast. Jetzt ist wichtig, dass es um Sport geht, dass ich mich auf die WM konzentriere. Danach werde ich Aussagen über meine Zukunft treffen.

Also gibt es die Neuigkeiten nach der WM?

Neureuther: Nach der WM, ja.

Werden Sie ankündigen, wann Ihr letztes Rennen steigt, oder das den Fans eher erst im Nachhinein verkünden?

Neureuther: Schwer zu sagen. Wenn ich am Start stehe, will ich Leistung zeigen und keine Abschiedstournee machen. Ich mag nicht in irgendeinem Anzug runterfahren oder so. Solange ich Rennen fahre, geht es einzig und allein um den Sport, da will ich hundertprozentig Sportler sein.

Wer entscheidet, ob es weitergeht oder nicht?

Neureuther: Im Endeffekt nur ich. Meine Familie weiß schon Bescheid. Die würde es lieben, wenn ich noch zehn Jahre fahre, weil sie mir unheimlich gerne zuschaut. Aber ich glaube, dass es wichtig ist, dass du den Zeitpunkt nicht verpasst. Ich finde es unheimlich schade, wenn Sportler es immer weiter mit aller Gewalt versuchen. Es gibt ein Leben danach, und das ist ein schönes. Wenn ich erkenne, dass aus meinem Körper nicht mehr rauszuholen ist, dann ist es Zeit zu sagen: So, das passt jetzt.

Hatten Sie zuletzt dieses Gefühl? Haben sie gezweifelt?

Neureuther: Nein, gar nicht so. Was gibt es für einen Skifahrer Schöneres, als wenn du in Schladming vor 50.000 Menschen fahren darfst? Das ist einzigartig, das willst du immer wieder haben. Aber du brauchst auch einen Plan für die Zeit danach. Es sollte fließend übergehen vom Sportler zum Berufsleben. Ich glaube, ich habe einen sehr guten Plan und freu mich sehr darauf.

Vor ihrem Comeback im November sprachen sie davon, wieder so stark werden wollen wie vor der Verletzung. Kann das noch klappen?

Neureuther: Ich glaube, dass es noch geht. Aber es muss alles hundertprozentig passen. Da darf nichts dazwischenkommen, keine Verletzungen, keine Allergie. Es muss vom Setup her tausendprozentig passen. Ich bin in Schladming auf einem Teilabschnitt die schnellste Zeit gefahren, auch schneller als Marcel Hirscher. Mir fehlte einfach die Konstanz, aber es steckt schon noch in mir drinnen.

Wann hatten Sie zuletzt richtig Spaß bei einem Rennen?

Neureuther: In Schladming im Ziel.

Und während eines Rennens?

Neureuther: Das war in Levi vor eineinhalb Jahren. Und damals habe ich gewonnen. Aber ich merke im Training, dass ich schnell bin. Aber wenn die Piste eisig ist, hab ich Probleme, den richtigen Grip aufzubauen und mit den Fliehkräften zu spielen. Wenn es nicht eisig ist, dann fahr ich richtig schnell und sehr, sehr gut.

Wie wird das bei der WM sein? Freuen Sie sich auf Are?

Neureuther: Eigentlich ist Are immer recht aggressiv vom Schnee her, weil die Temperaturen sehr tief sind. Der Hang liegt mir. Ich war dort 2007 bei der WM nach dem ersten Slalom-Durchgang Zweiter und auf Medaillenkurs, habe aber dann leider eingefädelt. Ich freue mich, dass man dort von oben bis unten voll attackieren kann. Das will ich zeigen. Und dann ist Are ein sehr schöner Ort mit besonderem Flair. Außerdem wird meine Familie vor Ort sein.

2007 haben sie nach dem Ausfall ihr Leibchen auf die Tribüne zur schwedischen Prinzessin Victoria geworfen ...

Neureuther: ... und ich Idiot hatte vergessen, die Telefonnummer drauf zu schreiben. (lacht) Vielleicht schenke ich meine Startnummer diesmal Mutter Silvia, dann bekomme ich auch zuhause keine Probleme.

Bei den vorigen drei Weltmeisterschaften reisten sie stets als Medaillenfavorit oder zumindest -kandidat an. Wie sieht es 2019 aus?

Neureuther: Wenn jemand an drei Weltmeisterschaften nacheinander eine Medaille gewinnt, kann man bei der vierten WM auch auf ihn zählen.

Auf welches Rennprogramm stellen Sie sich in Schweden ein?

Neureuther: Das wird sich jetzt zeigen. Riesenslalom ohne Wettkampfpraxis zu fahren, das ist schwierig. Ich weiß nicht, ob mein Körper es noch mitmacht, dass ich den Riesenslalom fahre. Der Fokus zuletzt war schon extrem auf den Slalom ausgerichtet. Wenn es normal läuft und keine Wunderdinge passieren, dann starte ich nur im Slalom.

Deutschland hat in Josef Ferstl, den Super-G-Sieger von Kitzbühel, einen unerwarteten Medaillenkandidaten. Was bedeutet das?

Neureuther: Die Abfahrtstruppe hat in dem Winter extrem viel mitgemacht. Es ist beeindruckend, wie die in Kitzbühel zurückgekommen sind. Das freut mich wahnsinnig, weil sie das verdient haben. Ich freu mich total, dass wir nach Are kommen mit einem Positiverlebnis vom Pepi. Ganz egal wie das ausgeht, hey, der hat in Kitzbühel den Super-G gewonnen! Das ist mega! Das war schon eine riesengroße Erleichterung. Jetzt kommt die Zugabe. Wenn er mit der Körpersprache von Kitzbühel auch in Are fährt, hat er große Chancen vorne dabei zu sein.

Stichwort Familie: Was bedeutet es Ihnen, dass Ihre einjährige Tochter Matilda Sie noch als aktiven Skirennfahrer sieht?

Neureuther: Das bedeutet mir schon sehr viel. Sie wird sich später nicht mehr dran erinnern. Aber zu wissen, dass deine Familie im Ziel auf dich wartet, das finde ich so schön, dass ich jetzt hier aufpassen muss nicht zu weinen. Das bedeutet mir als Familienmensch alles.

ZUR PERSON: Kein Skirennfahrer aus Deutschland hat mehr WM-Medaillen gewonnen als Felix Neureuther. Nach Gold mit dem Team 2003 holte der 34 Jahre alte Vater einer Tochter im Slalom noch Silber (2013) und zweimal Bronze (2015, 2017).

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