"BMX ist ein Mittelfinger ans System" BMX-Profi Felix Prangenberg aus Köln startet bei den X Games

KÖLN · Deutschlands Top-Profi Felix Prangenberg will einfach nur Fahrrad fahren. Am Wochenende geht Prangenberg bei den X Games in Minneapolis an den Start.

 Will einfach nur Fahrrad fahren: BMX-Profi Felix Prangenberg. FOTO: BENJAMIN HORN

Will einfach nur Fahrrad fahren: BMX-Profi Felix Prangenberg. FOTO: BENJAMIN HORN

Foto: Benjamin Horn

Manchmal beendet die Polizei das Training von Felix Prangenberg. Aber Training würde er das gar nicht nennen. „Ich geh' nicht trainieren, ich geh' Fahrrad fahren“, sagt er. „Solange ich will.“ Das tut er fast jeden Tag. Mal zwei Stunden, mal sechs Stunden. Häufig ist er dabei mit seinem BMX in Köln unterwegs, fährt auf Mauern, grindet (rutscht) an Geländern oder springt Treppen runter. Das gefällt nicht jedem. „Wir werden öfter mal von der Polizei weggeschickt“, sagt Prangenberg.

An der „Salatschüssel“ gibt es mit den Ordnungshütern keinen Ärger. Prangenberg sitzt am Rand des Skateparks in Ehrenfeld. Hier fährt er öfter, an diesem Vormittag aber nicht. Nur ein paar Kids sind mit ihren Skateboards da. Prangenberg hat sich am Vortag am Arm verletzt. Der ist getapt, der Finger bandagiert. Sorgen, dass sein Traum platzen könnte, macht er sich aber nicht.

Am Wochenende geht Prangenberg bei den X Games in Minneapolis an den Start. Er ist einer von zwölf Fahrern, die zu dem Wettbewerb eingeladen sind. Beim Freestyle-BMX tritt er in der Disziplin „Street“ an. Dabei zeigen die Fahrer ihre Tricks in einem Park, in dem sich alles findet, was es auf der Straße gibt: Treppen, Geländer, Mauern.

X Games in Minneapolis

„Bei den X Games misst sich die Crème de la Crème“, sagt Stephan Prantl. Er gehörte in den 1980ern zu den ersten deutschen BMX-Profis und organisiert heute den Wettbewerb „BMX Cologne“ im Jugendpark. „Auf nationaler Ebene ist Felix im Street sicher momentan der Top-Fahrer“, sagt Prantl. „International macht er sich gerade einen Namen.“

Ist Prangenberg aufgeregt wegen der X Games? „Nee, ich versuche, das locker zu nehmen“, sagt er. „Die Jungs, die da sind, kenne ich alle. Ich fahre einfach ein bisschen Fahrrad mit denen.“ Vielleicht ändere sich das aber, wenn er erst mal im US Bank Stadium in Minneapolis stehe. 67 000 Menschen haben darin Platz – mehr als dreimal so viele, wie in die Lanxess-Arena passen.

Rückblende: Mit zwei Jahren bekommt Prangenberg sein erstes Rad. „Ab da war ich fahrradinfiziert“, sagt er. Mit sieben fährt er bei den ersten Wettbewerben mit und landet auf vorderen Plätzen. Mit seinem Vater baut er in Roßbach-Wied, wo er herkommt, einen Park. Aus Paletten zimmern sie Rampen, Prangenberg steckt seine Preisgelder in den Park. 2013 wird er zu einem Nachwuchswettbewerb nach Los Angeles eingeladen und holt dort die Goldmedaille.

Zweiter beim "Vans Invitational"

Eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann bricht er ab. „Ich hatte die Chance, vom BMX-Fahren zu leben“, sagt er. Die bekommen nur wenige deutsche Fahrer. „In Deutschland gibt es zwei, drei Leute.“ Prangenberg ist einer von ihnen. Wie ist das für ihn? „Irgendwann habe ich realisiert: Ich bin da, wo ich immer hinwollte“, sagt er. „Aber ich hasse es, wenn sich Leute darauf was einbilden. Ich fahre nur Fahrrad.“

Im Sommer 2017 ist seine Karriere kurz in Gefahr. Prangenberg verletzt sich am Knie, Knorpelschaden, muss zweimal operiert werden. Die Reha dauert Monate. „Nicht fahren zu können, ist das Schlimmste überhaupt“, sagt er. Anfang 2018, als er wieder aufs Rad kann, fliegt er nach Kalifornien. Nimmt dort am „Vans Invitational“-Wettbewerb teil, bei dem auch Garrett Reynolds mitfährt. „Reynolds“, heißt es auf der Seite der X Games, „ist der beste BMX-Street-Fahrer – ever.“

Mit seinen Helden zu fahren, sei einer der besten Momente seiner Karriere gewesen, sagt Prangenberg. Als sein Name bei der Siegerehrung noch nicht gefallen ist, als die Top 5 erreicht sind, fragt er seine Freunde: „Haben die mich vergessen?“ Prangenberg wird Zweiter, besser war nur Reynolds.

Keine Lust auf Fitnesstraining

Sein großes Vorbild ist auch bei den X Games in Minneapolis dabei. „Als ich die E-Mail mit der Einladung bekommen habe, dachte ich, da will mich jemand verarschen“, sagt Prangenberg. Es ist nicht die einzige Einladung, die er dieses Jahr bekommt. Seit 2008 gibt es bei den Olympischen Spielen BMX-Rennen als Demonstrationswettbewerbe, ab 2020 ist Freestyle BMX sogar olympisch. Deshalb fragt die Nationalmannschaft an. „Zu Olympia gehen die Leute, die für’s BMX-Fahren trainieren“, sagt Prangenberg.

„Freiheit stand beim Freestyle immer im Vordergrund“, sagt Prantl. Und: „Regeln und Wertungssysteme sind dem fremd.“ Er schaut etwas besorgt auf die Entwicklung. Seine Meinung: „Ich kann den Internationalen Radsport-Verband und den Bund Deutscher Radfahrer nur daran messen, was sie in den letzten Jahrzehnten gemacht haben. Und das war unterirdisch.“ Besonders der BDR habe dem BMX-Rennsport keinen Gefallen getan. Das befürchtet er nun auch beim BMX-Freestyle.

Prangenberg hatte „als Junge immer gehofft, dass BMX olympisch wird“. Heute sieht er das anders. Er hat keine Lust auf Fitnesstraining. Auch keine Lust, jederzeit für die Dopingkontrolleure erreichbar zu sein. „BMX ist ein Mittelfinger ans System“, sagt er. „Zu Olympia passt das einfach nicht.“ 2020 in Tokio will er nicht dabeisein. Prangenberg fährt einfach weiter Fahrrad.

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