Remis gegen Russland "Kleiner Schockmoment": WM-Dämpfer für deutsche Handballer

Berlin · Die deutschen Handballer haben bei der Heim-WM den vorzeitigen Einzug in die Hauptrunde verpasst. In einer dramatischen Schlussphase verspielt die DHB-Auswahl gegen Russland den Sieg. Und nun kommt es zum richtungsweisenden Duell mit dem Weltmeister.

 Patrick Groetzki kann sich am Kreis durchsetzen und wirft auf das russische Tor.

Patrick Groetzki kann sich am Kreis durchsetzen und wirft auf das russische Tor.

Foto: Kay Nietfeld

Bundestrainer Christian Prokop stand die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben, als die angeknockten deutschen Handballer gesenkten Hauptes die fast verstummte Berliner Arena verließen.

Der nicht eingeplante Punktverlust beim 22:22 (12:10) gegen Russland hat der WM-Euphorie einen ersten Dämpfer versetzt und die DHB-Auswahl für das Top-Duell mit Titelverteidiger Frankreich unter Zugzwang gebracht. "Heute dürfen wir uns ärgern", sagte Prokop. "Das Schöne an diesem Turnier ist aber, dass wir es binnen 24 Stunden besser machen können mit dem tollen Publikum."

Durch den ersten kleinen Rückschlag verpasste die deutsche Mannschaft mit 5:1 Punkten den vorzeitigen Einzug in die Hauptrunde. "Es ist sehr frustrierend, dass wir nicht beide Punkte geholt haben", sagte Abwehrstratege Hendrik Pekeler. "Das ist ein sehr bitterer Abend. Das ist ein kleiner Schockmoment, den wir schnell aus den Köpfen bekommen müssen."

Im Gipfeltreffen mit Weltmeister Frankreich muss das Prokop-Team am Dienstagabend (20.30 Uhr/ZDF) punkten, um sich eine realistische Chance auf das Halbfinale zu erhalten. "Ich will jetzt aber nicht in die Ferne schweifen", sagte Prokop. "Wir werden uns heute kurz zusammensetzen, das Spiel verdauen und dann weitermachen."

Kapitän Uwe Gensheimer war vor 13.500 Zuschauern mit acht Treffern erneut bester Werfer der DHB-Auswahl. "Natürlich ist es in dem Moment erst mal ein Rückschlag und fühlt sich wie eine Niederlage an", räumte der Linksaußen ein. Rückraumspieler Fabian Böhm gab aber die Parole aus: "Die Köpfe werden ganz schnell nach oben gehen und wir werden bereit sein."

Gegen den Weltmeister muss die deutsche Mannschaft sich aber steigern. Gegen die unangenehmen Russen fand Prokops Mannschaft zunächst keinen Zugang zum Spiel. Das lag zum einen daran, dass der Gegner deutlich besser verteidigte als zuletzt noch die Brasilianer. Vor allem aber knüpfte Deutschlands Torhüter Andreas Wolff im ersten Durchgang nicht an seine zuvor starken Turnierleistungen an. In der ersten Viertelstunde parierte der Keeper des THW Kiel lediglich einen Wurf. Noch vor der Pause brachte Prokop erstmals den zweiten Torhüter Silvio Heinevetter aufs Feld.

Während Wolff schon früh aufgrund seiner eigenen Leistung fluchte und mit dem Kopf schüttelte, funktionierte in der Offensive immerhin die Chancenverwertung einigermaßen. Kapitän Gensheimer verwandelte fast alle seiner Versuche gewohnt treffsicher, auch die Würfe aus dem Rückraum saßen meist. Dennoch blieb die Partie eng, weil die Russen trotz der lautstarken Pfiffe des Publikums ihre Angriffe zielsicher abschlossen. Daran konnte auch die gewohnt solide deutsche Defensive nichts ändern, auch weil es bei den russischen Gegenstößen teilweise noch in der Kommunikation untereinander haperte.

Aber die DHB-Auswahl steigerte sich - was auch mit der Hereinnahme von Jannik Kohlbacher zu tun hatte. Während im ersten Durchgang das Angriffsspiel mit den Kreisläufern noch nicht funktioniert hatte, wurde es mit Kohlbacher besser. Der 23-Jährige schuf wichtige Räume und schloss auch selbst erfolgreich ab. Schon nach wenigen Minuten in der zweiten Hälfte baute die deutsche Mannschaft ihren Vorsprung erstmals auf vier Tore aus. Jetzt kamen auch die Fans auf Touren, welche die DHB-Auswahl auch im dritten WM-Spiel lautstark durch die Partie begleiteten.

Das stachelte vor allem den bis dahin schwachen Wolff an. In der 40. Minute zeigte der 1,98 Meter große Hüne seine erste Glanztat des Spiels, als er den Gegenstoß eines Russen über das Tor lenkte. Dennoch blieben die Russen dank ihres überragenden Keepers Victor Kireew dran. "Bleibt cool", lautete der Tenor in einer Ansprache Prokops während des zweiten Durchgangs.

Bis zur dramatischen Schlussphase beherzigte seine Mannschaft das. Doch als Paul Drux ein Abspielfehler unterlief, gelang den Russen der Ausgleich. Fabian Böhm brachte die DHB-Auswahl 45 Sekunden vor dem Ende zwar erneut in Front, doch wenige Sekunden vor der Schlusssirene gelang Russland das verdiente Remis.

"Wir waren in den entscheidenden Momenten nicht so konzentriert und clever, wie wir uns das erhofft hatten", resümierte Prokop. "Es überwiegt die Enttäuschung. Wir haben beim 20:17 den Sack nicht zugemacht." Und Drux sagte enttäuscht: "Das ist ein verlorener Punkt."

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