GA-Sonntagskicker Höherklassigen Clubs fehlt der Unterbau

Bonn · Die meisten Top-Vereine haben keine guten zweiten Mannschaften. Weil die Reserve zu niedrig spielt, verlassen viele Nachwuchsspieler die Clubs.

 Hendrik Strobl (Mitte, hier noch im Trikot von Hennef 05) behauptet sich im Kopfballduell. FOTO: HENRY

Hendrik Strobl (Mitte, hier noch im Trikot von Hennef 05) behauptet sich im Kopfballduell. FOTO: HENRY

Foto: wolfgang henry

Halbhohe Flanke von außen, perfekte Annahme mit der Brust und ein trockener Abschluss aus spitzem Winkel – ein technisch höchst anspruchsvolles Tor von Hendrik Strobl. Und gleichzeitig auch sein letztes für den FC Hennef 05. Mit einem Hattrick verhalf der 17-jährige Mittelstürmer der Hennefer U 17 zum 3:2-Heimsieg gegen den SC Paderborn – und wird den Verein nun verlassen. Nach zwei Jahren und 16 Saisontreffern in der B-Junioren Bundesliga 2018/19 wechselt der hochgewachsene Angreifer in die A-Jugend von Fortuna Düsseldorf. Mit dem klaren Ziel vor Augen: Profifußballer werden.

Dieses Ziel haben viele junge Fußballer in Strobls Alter. Doch nur die wenigsten ergattern einen Kaderplatz in der Jugend eines Topvereins und gehen danach sogar den Weg in die Profimannschaft. Aber auch für A-Jugendspieler in Amateurmannschaften stellt sich die Frage, wie es für sie im Seniorenbereich weitergeht. Der direkte Sprung in die erste Mannschaft ist oft unmöglich. Zu groß der Niveauunterschied, vor allem in Vereinen, deren erste Mannschaften in der Landesliga oder Mittelrheinliga spielen.

Die Alternativen? Die Spieler müssen sich einen neuen Verein suchen oder sich in der zweiten Mannschaft des Clubs eingliedern. Betrachtet man jedoch die Ligen der zweiten Mannschaften der Landes- und Mittelrheinligisten in der Region, fällt auf, das Niveau ist überschaubar: Kreisliga C oder Kreisliga B sind es in der Regel, eine zweite Mannschaft in der Kreisliga A wird in der neuen Saison nur der FV Endenich stellen.

Abstand zwischen erster und zweiter Mannschaft zu hoch

„Bei Hennef 05 werden wahrscheinlich alle Spieler von der U 19, die nicht in die erste Mannschaft kommen, den Verein verlassen und sich eine neue Mannschaft suchen“, ist sich Hendrik Strobl sicher. Zu niedrig das Niveau in der zweiten Garde für die hohen Ansprüche, die aus der Jugend mitgenommen werden. Doch dadurch verlieren Vereine wie der FC Hennef 05 regelmäßig talentierte Jugendspieler.

Es stellt sich die Frage, ob der Verlust nicht verhindert werden würde, wenn die Vereine die zweite Mannschaft stärken. So könnte den Nachwuchstalenten Spielpraxis in höheren Klassen garantiert werden, sodass eine Bindung der Spieler auch im Seniorenbereich möglich wäre.

Auf dem Papier eine logische Konsequenz, doch laut dem 1. Vorsitzenden Hans Christ vom Mittelrheinligisten VfL Alfter in der Realität kaum umzusetzen: „Mittlerweile ist es ja üblich, dass bereits in der Kreisliga B Geld gezahlt wird und das können wir, aber auch andere Vereine mit einer ersten Mannschaft, die hoch spielt, nicht stemmen.“

Auch beim Bonner SC spielt die zweite Mannschaft kommende Saison nur in der Kreisliga B, ein Sprungbrett für Jugendspieler ist so nicht gegeben. Selbst für den Regionalligisten ist die finanzielle Hürde zu hoch. „Natürlich hätte ich gerne 150 000 Euro und baue eine gute Landesliga-Mannschaft auf. Denn da müsste unsere zweite Mannschaft schon mindestens spielen. Aber das Geld haben wir nicht“, sagt der BSC-Vorsitzende Dirk Mazurkiewicz.

Auch in der 1. und 2. Bundesliga verzichten immer mehr Vereine auf eine zweite Mannschaft. Möglich machte dies die Abschaffung der Verpflichtung, eine U 23-Mannschaft zu führen vor der Saison 2014/15. Ein Verein, der seitdem keine U 23 mehr hat, ist beispielsweise Bayer 04 Leverkusen. Auf Anfrage erklärte der Pressesprecher der Werkself, eine zweite Mannschaft habe nicht die Effekte gehabt, die man sich erhofft hatte. Es wurden zu wenige Spieler von der U 23 an die Profimannschaft herangeführt.

Friesdorf will eine U23 aufbauen

Der Bundesliga-Aufsteiger 1. FC Köln setzt hingegen weiterhin auf das Nachwuchsteam. „Wir sind der Auffassung, dass sich junge Spieler in der U 23 langsam an das Niveau im Seniorenbereich herantasten können“, sagt Matthias Heidrich, Leiter des Nachwuchsleistungszentrums am Geißbockheim. „Die Zweikampfführung und die Spielgeschwindigkeit sind im Profibereich was ganz anderes, darauf können wir die Spieler in der U 23 sehr gut vorbereiten.“ Eine Patentlösung gibt es nicht, vielmehr scheint es sich bei dem Thema um eine Philosophiefrage zu handeln, die den Profifußball genauso beschäftigt wie die Amateurvereine.

Einen innovativen Weg will dabei der 1. FC Blau-Weiß Friesdorf einschlagen. Die erste Mannschaft spielt in der Mittelrheinliga, die zweite Mannschaft wurde wegen fehlender Spieler noch vor Saisonbeginn aus der Kreisliga B zurückgezogen. Für die kommende Saison soll wieder eine zweite Mannschaft gemeldet werden. Ab der Spielzeit 2020/21 ist dann eine U 23 geplant, in der nur junge Fußballer spielen, die aus der A-Jugend kommen und so an den Verein gebunden werden.

Geschäftsführer Kay Kirschner erhofft sich dadurch „junge Spieler durch hohes Niveau im Verein halten zu können – und außerdem einen kleineren Leistungsunterschied zwischen erster und zweiter Mannschaft.“ Im Idealfall sollen so U 23-Spieler auf die erste Mannschaft vorbereitet und dort später integriert werden.

Ein Plan, den auch Hendrik Strobl bei der Fortuna aus Düsseldorf verfolgt: „Ich will mich mit guten Leistungen in der A-Jugend für die U 23 empfehlen, um dann dort in der Regionalliga erste Erfahrungen im Seniorenbereich zu sammeln. Im besten Fall folgt danach natürlich der Sprung in die erste Mannschaft.“

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