Geprellte Bälle, geprellte Hand Das G-A-Team testet Prellball

Sankt Augustin · GA-Volontärin Nathalie Dreschke testet für das GA-Team beim ASV Sankt Augustin die urdeutsche Sportart Prellball. Kleine Glöckchen an einem Netz wurden ihr zum Verhängnis.

Ein Lederball donnert auf den Turnhallenboden der Frida-Kahlo-Schule. Der 85-jährige Gisbert Schäfer läuft auf den Ball zu und nimmt ihn gekonnt an. Schäfer ist einer von sechs Senioren im Alter von 60 bis 85 Jahren, die in der Prellball-Mannschaft des ASV Sankt Augustin spielen. Ich bin hier diesmal das Nesthäkchen. Für das GA-Team teste ich die Sportart Prellball.

Von der Ballsportart höre ich zugegebenermaßen zum ersten Mal. Doch meine fehlenden Vorkenntnisse sind den fünf Spielern des ASV egal. Da ein Mannschaftskollege an diesem Tag fehlt, komme ich ihnen als Ersatzspieler sehr gelegen. Die Regeln werden mir auf dem Spielfeld zugerufen, die Sportler wollen keine Minute der Trainingszeit verlieren. "Der Aufschlag ist ganz einfach: Du schlägst mit der Faust oder dem Unterarm auf den Ball, lässt ihn einmal in deinem Feld auftitschen und spielst ihn über das Netz in das gegnerische Feld", so Schäfer. Ähnlich wie beim Volleyball kann der Ball auch innerhalb der eigenen Hälfte von Spieler zu Spieler gespielt werden. Beim Prellball darf jeder Spieler nur einen Ballkontakt haben, bevor der Ball ins gegnerische Feld geprellt werden muss.

Beide Felder sind durch ein 40 Zentimeter hohes Netz geteilt, an dem kleine Glöckchen hängen. Bei beinahe jedem meiner Versuche, den Ball über das Netz zu prellen, klingeln diese erbarmungslos. "Das war meine Erfindung", sagt Schäfer. "Wir haben uns immer gestritten, ob der Ball das Netz berührt hat oder nicht, da musste eine Lösung her." Mir wird schnell klar, dass die Senioren Spaß an der Sportart haben, aber dennoch regelkonform spielen. Die Punkte werden genau mitgezählt und jeder Fehler umgehend mit einem Strafpunkt, dem sogenannten "Gutball", honoriert.

Dass diese Sportart nicht so leicht ist, wie ich nach Schäfers Crash-Kurs vermute, wird mir bereits beim Aufschlag klar. Ich bekomme den Ball nicht über das Netz geprellt, und nach einigen Versuchen ist die Haut auf meinem Fingermittelgelenk aufgeplatzt. Auch mein Unterarm ist feuerrot. Ob es dafür ein wenig Mitleid gibt? Fehlanzeige! "Ja, das wird morgen ein wenig dick sein", so Schäfer. Als dann mein zweiter Finger anfängt, rot und dick zu werden, verstehe ich nur zu gut, wieso einige Spieler dünne Handschuhe tragen. "Komm, ich habe noch einen Handschuh für dich", sagt ein Mitspieler.

Lädierte Hände beim Prellball

Ich ziehe den rechten Handschuh an und freue mich schon über die Schonung meiner lädierten Hand. Doch als ich eine Faust balle, halte ich in der Bewegung inne. Genau an den Stellen, wo meine Verletzungen sind, haben die Handschuhe Risse. "Abnutzung", erklärt mir Schäfer und zeigt mir seine Handschuhe, die dieselben Risse aufweisen. Zumindest mein Unterarm ist nun ein wenig geschützt, und ich bemühe mich, mich von den Schmerzen nicht irritieren zu lassen. Als ich dann noch den Tipp bekomme, die Faust ein wenig zu drehen, um mehr Kontaktfläche zum Ball zu haben, schaffe ich meinen ersten Aufschlag. Sogar ohne, dass die Glöckchen ertönen.

Dass ich dabei inzwischen auf die Mitte des Feldes vorrücken durfte, lassen die Senioren großzügig außer Acht. Ich beginne, mich in die Sportart einzufinden und traue mich auch, auf die scharf geprellten Bälle zuzulaufen, die die Gegenspieler mit voller Wucht in unser Feld donnern. Mein Einsatz wird umgehend belohnt, indem ich mit meiner Faust den 320 Gramm schweren Lederball treffe und er mir gegen das Kinn knallt.

Trotzdem hat die ganze Mannschaft lobende Worte für mich übrig und möchte, dass ich zum nächsten Training wiederkomme. An meinem Talent liegt das jedoch nicht. Die Mannschaft des ASV sucht dringend weitere Mitspieler. In der Regel besteht ein Prellball-Team aus vier Spielern, acht sind also für ein Spiel notwendig, doch an einigen Tagen erscheinen nur insgesamt fünf Spieler zum Training. "Das ist ein Problem", sagt Schäfer.

Gesucht werden Spieler und Spielerinnen ab 40. "Sie müssen Lust auf die Sportart und eine gewisse Grundfitness haben", so Schäfer. "Der Rest kommt mit der Zeit." Im weiteren Verlauf des Trainings gewinnt die Mannschaft, in der ich spiele, sogar eine Runde. Obwohl mein Verdienst daran nicht hoch ist, freue ich mich.

Mein Einsatz für das GA-Team endet mit großer Achtung vor der konditionellen Leistung der Senioren, die mich ganz schön ins Schwitzen gebracht haben. Auf der Rückfahrt kann ich mein Auto mit meiner lädierten rechten Hand allerdings kaum noch lenken.

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