Vom Netz gestoppt Das G-A-Team testet Badminton

Heimerzheim · Volontär Laszlo Scheuch hat beim SSV Heimerzheim mit den Badmintonspielern trainiert. Eine Sportart, die Spielwitz, Schnelligkeit und Ballgefühl erfordert.

Irgendwann im Mai oder Juni 2009 muss es gewesen sein. Praktische Abiturprüfung im Sportleistungskurs in Badminton. Es war das letzte Mal, dass meine Fähigkeiten in der Rückschlagsportart ganz genau beobachtet wurden. Bis zu diesem Abend, an dem mich die Leser des General-Anzeigers für das G-A-Team zum SSV Heimerzheim geschickt haben.

Der Gang in die Halle am Höhenring gleicht angesichts von mehr als 32 Grad Außentemperatur einer Erlösung, es ist angenehm kühl. Für Abkühlung ist allerdings keine Zeit. Nach nur wenigen Minuten Aufwärmtraining merke ich von der frischen Brise nichts mehr. Christian Weigel, der für den heutigen Abend mein Trainer ist, scheucht mich am Netz von links nach rechts, nach vorne und nach hinten an die Grundlinie. „Na, merkst du es schon?“, fragt er und kann sich dabei ein Lachen nicht verkneifen. Mir ist schon jetzt weniger zum Lachen als vielmehr nach einer kalten Dusche zumute. Bei Weigel merke ich schnell: Der Mann ist voll in seinem Element. „Ich bin verrückt nach Badminton. Für mich ist es mehr als nur Sport“, sagt der 35-Jährige. Da ist es wenig verwunderlich, dass es nicht lange dauert, bis er meine Schwäche in der Sportart erkennt: Der „Drop“. Ein Schlag, der den Ball bei optimaler Ausführung mit wenig Geschwindigkeit direkt hinter dem Netz im Feld des Gegners landen lässt. Ein beliebter Angriffsschlag – wenn er denn richtig ausgeführt wird.

Ich fühle mich erneut ins Jahr 2009 zurückversetzt: Damals war ich ein ums andere Mal an genau diesem Schlag verzweifelt. Was ich nach meinen Drop-Übungen mit Weigel, der beim SSV in der Abteilung Badminton als Jugendtrainer und Sportwart aktiv ist, sagen kann: Das Netz in der Halle ist stabil. Der Großteil meiner Bälle landet nämlich in eben jenem – obgleich ich quasi jeden meiner Schläge zumindest im Kopf perfekt und für den Gegner unerreichbar ausgeführt habe. So muss sich Frank Mill gefühlt haben, als er anno 1986 mit dem Fußball auf das leere Tor zulief, dann aber doch nur den Pfosten traf. Zu früh gefreut, zu viel nachgedacht.

Kaum zeit für Pausemachen

„Du triffst den Ball zu spät und bekommst ihn deshalb nicht mehr über das Netz“, erklärt mir Weigel und rät mir, beim Anvisieren des Balles immer einen großen Ausfallschritt mit dem rechten Bein zu machen. „So kommst du viel schneller an den Ball, deine Reichweite ist größer. Der Schläger selbst macht gerade einmal zehn Prozent aus. Viel wichtiger ist, dass du auf die richtige Technik und dein Ballgefühl achtest“, so der Trainer. Ich nicke und erspare mir einen Kommentar. Nicht nur, weil ich weiß, dass er Recht hat, sondern auch, weil ich jede Verschnaufpause nutzen muss, um einen Schluck aus der Wasserflasche zu nehmen. Sie ist bald leer, und auch ich fühle mich schon nach der Hälfte des Trainings „wie eine Flasche leer“.

Viel Zeit für Pausemachen bleibt eh nicht: Weigel geht mit mir den „Clear“ – einen langen Schlag an die Grundlinie, mit dem man den Gegner weit in dessen Feld zurückdrängt – und den „Smash“ – einen Angriffsschlag, der den Ball in hohem Tempo knapp über die Netzkante rasen lässt – durch. Dann gilt es, das Erlernte auf dem Feld umzusetzen. Und das klappt erstaunlich gut: Aus einem Doppelspiel mit der Jugend gehe ich als Sieger hervor, im anschließenden Doppel mit den Senioren müssen sich mein Spielpartner Wolfgang und ich unseren Kontrahenten nur knapp geschlagen geben. Ich schiebe es auf die Erfahrung von Gegenspielerin Elke Felten, die mich immer wieder mit ihren Schlägen auf dem falschen Fuß erwischt.

Felten ist in der Badmintonabteilung des SSV ein Urgestein. „Vor 30 Jahren saßen wir im Hotel Weidenbrück zusammen und haben die Abteilung gegründet“, erzählt sie. Dass sie dem Sport bis heute die Treue hält, liege unter anderem daran, dass sie hier mit Menschen jeder Altersklasse zusammenspielen könne. Auch die rund 25 Sportler, die an diesem Abend in der Halle sind, verteilen sich auf sämtliche Altersklassen. Der Sport ist trotz seines Nischendaseins gefragt.

„Es ist ein Hallensport, egal, bei welchem Wetter – das ist ein Nachteil“, sagt Weigel. Schwierig sei auch, den Sport für die Medien aufzubereiten, was zu wenig Präsenz im Fernsehen führt. Weigel: „Liveberichterstattung von einem Spiel ist schwierig. Es geht unheimlich schnell hin und her. Das Feld ist relativ klein, aber doch zu groß, um es dauerhaft mit einer Kameraeinstellung festzuhalten.“ Probleme, Spieler zu finden, mache das aber nicht. Das schöne sei doch, dass man den Sport in jedem Alter anfangen könne: „Badminton kann jeder spielen. Ich habe Leute erlebt, die erst mit 70 angefangen haben.“ Auch bei mir ist wohl noch nicht alles verloren. „Bei den Profis unseres Vereins hättest du keine Chance, vom Bewegungsablauf sah das aber schon gar nicht schlecht aus“, resümiert Weigel.

Die Abiturprüfung im Badminton verließ ich übrigens unzufrieden, die Note habe ich verdrängt – sie war zu enttäuschend. Die Sporthalle in Heimerzheim verlasse ich hingegen mit einem viel besseren Gefühl und dem festen Ziel, in Zukunft öfter zum Schläger zu greifen.

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