GA-Sportlerwahl Annika Zeyen ist GA-Sportlerin des Monats September

Bonn · Die Handbike-Weltmeisterin Annika Zeyen ist GA-Sportlerin des Monats September. Erst Anfang des Jahres ging sie bei den ersten Rennen an den Start, im September folgte dann der Höhepunkt.

 "Der Sport gibt mir total viel“, sagt Annika Zeyen.

"Der Sport gibt mir total viel“, sagt Annika Zeyen.

Foto: Privat

Mehr als 15 Jahre Leistungssport hat Annika Zeyen mittlerweile in ihrer Vita stehen. Viele Jahre davon gehörte sie zur absoluten Weltspitze im Rollstuhlbasketball, ehe sie sich nach den Paralympischen Spielen 2016 entschied, dem Mannschaftssport den Rücken zu kehren und fortan im Rennrollstuhl anzutreten. Doch Zeyens Training für die Sportart war nur von kurzer Dauer. Eine Verletzung schränkte ihre Bewegungsfähigkeit ein, das Zurückführen des linken Armes hinter den Körper war nicht mehr möglich, sodass ein erneuter Sportartenwechsel von Nöten war.

Die Entscheidung fiel auf das Handbike-Fahren, da dort die Armbewegungen vor dem Körper stattfinden und für Zeyen ein Leben ohne Leistungssport undenkbar scheint. "Der Sport gibt mir total viel. Beim Rollstuhlbasketball war der Teamgedanke das Besondere, beim Rennrollstuhl und Handbike faszinieren mich die Renntaktik und der Geschwindigkeitsrausch, den man beim Fahren bekommt", sagt die 34-Jährige, die seit einem Reitunfall mit 14 Jahren querschnittsgelähmt ist.

Mit rasanter Geschwindigkeit nahm dann auch Zeyens Handbike-Karriere Formen an. Erst zu Beginn des Jahres entschied sich die Athletin dazu, bei den ersten Rennen an den Start zu gehen. Nur neun Monate später dann der Höhepunkt: Annika Zeyen wird Weltmeisterin im Straßenrennen bei der Para-Radsport-WM im niederländischen Emmen - und das mit einem gebrochenen Fuß.

Für diese Leistung ist Zeyen nun zur GA-Sportlerin des Monats September gekürt worden. Bei der Wahl setzte sie sich gegen Motorradfahrer Marc Buchner durch, der im September in der Klasse Supersport 600 unter anderem den zweiten Rang in der Internationalen Deutschen Motorradmeisterschaft belegte. Auf Platz drei kam die Kanutin Ricarda Funk, die sich dank Platz fünf bei der Kanuslalom-WM für die Olympischen Spiele 2020 qualifizierte. Für Fußballer Julian Fälber, den im September neunmal erfolgreichen Torjäger des Bezirksligisten TuS Mondorf, reichte es für Platz vier, vor der Silbermedaillengewinnerin im Mixed-Teamzeitfahren bei den Rad-Weltmeisterschaften, Mieke Kröger.

Bei der Durchführung der Wahl gibt es ab diesem Monat eine Neuerung: Wurde der Sportler des Monats bis dato ausschließlich von den Lesern per Onlinewahl bestimmt, werden von nun an jeweils zu 50 Prozent eine Jury und weiterhin die Leserschaft den Sieger ermitteln. Sollte es dabei zu einem Gleichstand zweier Sportler kommen, ist die Abstimmung der Leser ausschlaggebend.

"Ich freue mich sehr über meinen Monatssieg. Es ist immer schön, wenn die Leute aus der Region sportliche Leistungen honorieren", sagt die Gewinnerin nach der Wahl. Zeyen ist gebürtige Bonnerin und startet nach ihrem Wechsel zum Rennrollstuhl und später zum Handbike für die SSF Bonn. Dort trainiert sie, gemeinsam mit Rennrollstuhlfahrer Alhassane Baldé, unter Trainer Alois Gmeiner zweimal täglich für den großen Erfolg. Und der trat bei der Para-Radsport-WM in vollem Umfang ein: Gleich zu Beginn der Wettkämpfe gewann Zeyen die Bronzemedaille im Teamsprint und wäre damit schon vollkommen zufrieden gewesen: "Über den dritten Platz war ich bereits total glücklich. Wäre die WM danach zu Ende gewesen, hätte ich von einem vollen Erfolg gesprochen." Doch es ging noch weiter: Zwei Tage später wurde die Bonnerin Sechste im Zeitfahren, ehe ihr am letzten Wettkampftag der große Coup gelang.

"Ich habe mich vom Start weg gut gefühlt und mit der Zeit immer mehr gemerkt, dass es heute für mich um eine Medaille gehen kann", sagt Zeyen. Im Verlauf des Rennens bildete sich eine sechsköpfige Spitzengruppe, zu der neben Zeyen auch die US-amerikanische Top-Favoritin Alicia Dana gehörte. Doch dann kam es mitten im Rennen zu einem Unfall zwischen den beiden Athletinnen. Ihre Handbikes verhakten sich und nur mithilfe von Streckenbetreuern konnten sie sich befreien. Der Rückstand zur Spitzengruppe belief sich nach der Kollision allerdings schon auf zwei Minuten. Gemeinsam setzten Dana und Zeyen zur Aufholjagd an und kämpften sich zurück an die Spitze. "Das hat schon sehr viel Kraft gekostet. Doch vor dem Ziel mussten wir noch über einen Berg und an dem wollte ich unbedingt attackieren", sagt Zeyen. Sie griff an und war am Ende des Anstiegs auf einmal ganz vorne. "Danach hieß es nur noch Augen zu und durch, und hoffen, dass ich nicht doch noch überholt werde." Das wurde sie nicht. Mit zwei Sekunden Vorsprung auf Dana erreichte sie als Erste das Ziel und ließ sich feiern. "Das war schon einer der emotionalsten Momente meiner Karriere." Im nächsten Jahr sollen allerdings noch weitere dazukommen, im besten Fall bei den Paralympics in Tokio. Denn auch nach 15 Jahren Leistungssport ist bei Annika Zeyen kein Karriereende in Sicht.

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