GA-Sonntagskicker - Folge 35 Vom Amateur zum Profi und zurück

Bonn · Dominic Reinold spielte in seiner Jugendzeit vor allem im Fußball-Amateurbereich und fernab der Leistungszentren der Bundesligisten. Trotzdem schaffte er über Umwege den Sprung in den Profifußball. Sein Traum währte allerdings nicht lange.

Karriereende mit 27 Jahren, zu früh für einen Fußballer – Dominic Reinold ist auf seinem Weg zum Profispieler an seinem verletzungsanfälligen Knie gescheitert. Trotzdem hat er in seiner relativ kurzen und turbulenten Laufbahn Erfahrungen gesammelt, die wohl nur wenige in seinem Alter vorweisen können.

Im Gegensatz zum Großteil der heutigen Profifußballer verbrachte Reinold seine Jugendzeit fernab der Leistungszentren der Bundesligisten – beim SSV Berzdorf und der Spvg Wesseling-Urfeld. In der A-Jugend heuerte er beim Bonner SC an, wo er in der Verbandsliga und der Bundesliga spielte. „Zu dieser Zeit wollte ich unbedingt Profi werden“, so Reinold. Eines Tages nahm sein Traum dann Konturen an, als ihn eine Agentur aus Münster anschrieb und fragte, ob er ein Fußball-Vollstipendium in den USA wahrnehmen wolle. Reinold sagte zu und wurde zu einem sogenannten Showcase eingeladen, wo er seine fußballerischen Fähigkeiten präsentieren sollte. „Später gab es ein gemeinsames Abendessen mit 20 bis 25 Trainern von verschiedenen Hochschulen aus den USA“, erinnert sich Reinold.

Letztendlich entschied er sich für die Fairleigh Dickinson University in New Jersey, wo er im Alter von 20 Jahren sein Studium der Bewegungswissenschaften aufnahm, nebenbei spielte er für das Fußballteam der Hochschule. Zu diesem Zeitpunkt lernte er auch Carlos Rasoilo kennen, den damaligen Trainer der New Jersey Rangers, der Kontakte zur ersten portugiesischen Liga hatte und Reinold kurzerhand an den SC Beira-Mar vermittelte.

„Ich habe darin eine einmalige Chance gesehen, eine Profikarriere zu starten“, sagt Reinold heute, der damals sein Studium abbrach, kurzzeitig nach Deutschland zurückkehrte, um direkt nach Portugal weiterzureisen, wo er im Juli 2011 einen Profivertrag über zwei Jahre unterschrieb. Beim Erstligisten SC Beira-Mar machte er allerdings nur zwei Spiele, bevor er in die zweite portugiesische Liga, zum SC Covilha, ausgeliehen wurde. Dort bestritt er einige Partien und schoss seine ersten Tore als Profispieler.

Am Ende der Saison erlitt er jedoch eine schwere Verletzung am Knie, womit die schwierigste Phase seiner sportlichen Karriere begann. Zum einen wollte der SC Beira-Mar die Kosten seiner Operation nicht übernehmen, zum anderen verlangte die Spvg Wesseling-Urfeld eine Ausbildungsentschädigung von rund 160.000 Euro vom portugiesischen Club, weshalb dieser mit aller Kraft versuchte, Reinold aus dem Vertrag „herauszuekeln“.

Ende August 2012 löste der damals 23-Jährige seinen Vertrag in Portugal auf und erhielt eine Abfindung. „Ich stand komplett zwischen den Stühlen und wusste nicht, was ich machen sollte. Das waren die schlimmsten Monate meines Lebens“, so Reinold.

Nach der Auflösung seines Vertrages kehrte er nach Deutschland zurück und wurde bereits drei Tage später am Knie operiert. Nach seiner Genesung hielt er sich bei den Amateuren des 1. FC Köln fit und machte Probespiele bei Eintracht Trier und einem Club in Moldawien. „Zu dieser Zeit habe ich ständig unter Schmerzen gespielt und war komplett mit Tabletten vollgepumpt“, berichtet Reinold. Im März 2013 sei er dann erneut am Knie operiert worden. „Spätestens nach dieser zweiten Operation habe ich meinen Traum vom Profifußball aufgegeben und mich entschieden, mein Studium zu beenden“, so Reinold.

In der Folge bewarb er sich auf eigene Faust bei mehreren Hochschulen in Kanada, um erneut ein Vollstipendium zu erhalten und landete letztendlich an der Trinity Western University in Vancouver, wo er im Mai 2015 seinen Bachelor in Bewegungswissenschaften abschloss.

Nach seiner Rückkehr in heimische Gefilde heuerte er im Alter von 26 Jahren beim SSV Merten in der Landesliga an und machte dort acht Spiele, in denen er vier Tore schoss. Im Dezember war dann aber endgültig Schluss. „Nach einem MRT hat der Arzt mir geraten, mit dem Fußball aufzuhören, was ich dann auch schweren Herzens getan habe“, so Reinold.

Heute ist er selbstständig und bietet seine Dienste als Fußball- und Fitnesstrainer an. Im Sommer arbeite er zum Beispiel als Honorartrainer für die Fußballschule von Real Madrid, die in Hamburg ihren Sitz hat. „Ich leite dann Jugendcamps und Trainingseinheiten in Deutschland, Österreich und der Schweiz und suche nach vielversprechenden Nachwuchsspielern, die in Madrid vorspielen dürfen“, erklärt Reinold.

Darüber hinaus sei er als Individualtrainer tätig. „Vor Kurzem habe ich einen A-Jugendspieler für die erste niederländische Liga fit gemacht. Jetzt spielt er bei Roda JC Kerkrade“, so Reinold. Durch seinen Vater, der seit über zehn Jahren Jugendtrainer beim 1. FC Köln ist, besitze er viele Kontakte zu aufstrebenden Jugendspielern, die er nicht nur physisch, sondern auch mental aufbaut: „Die Jungs brauchen freundschaftliche Begleiter und keine Berater.“

Damit wolle er ihnen geben, was er selbst nicht hatte. „Ich musste im Ausland alleine klarkommen und hatte selten jemanden, der mir half.“ Seinen Profivertrag und dessen spätere Auflösung habe er an einem Tisch mit vier gestandenen Managern selbst ausgehandelt. „Meine Eltern konnten ja nicht immer da sein.“ Generell sei es sehr schwer, fernab eines Leistungszentrums Profispieler zu werden. „Selbst aus der Masse der Jugendlichen dort schaffen es am Ende nur wenige. Und davon werden einige schon ziemlich verhätschelt“, findet Reinold.

Seine Zeit als Profispieler bedauert er trotz einiger negativer Erlebnisse nicht. In seinem ersten Spiel in der ersten portugiesischen Liga gegen Sporting Lissabon habe er vor rund 30.000 Zuschauern gespielt. „Das war schon ziemlich beeindruckend.“ Und als er per Freistoß sein erstes Tor in der zweiten portugiesischen Liga erzielt habe, sei sein Vater im Stadion gewesen. „Das hat mir eine Menge bedeutet, weil mein Vater immer Freistöße mit mir trainiert hat, als ich noch ein Kind war.“

Im August dieses Jahres hat Reinold im Rahmen der Kleinfeld-Europameisterschaft in Ungarn noch einmal seine Fußballschuhe geschnürt. Ein ehemaliger Teamkollege aus seiner Zeit beim SSV Merten, der selbst im deutschen Aufgebot stand, sorgte dafür, dass Reinold kurzfristig anstelle eines verletzten Kaderspielers einsprang. Im Viertelfinale scheiterte das deutsche Team am späteren Turniersieger aus Kasachstan. Für Reinold stand jedoch nicht etwa das Ergebnis, sondern das Erlebnis im Vordergrund: „Es war einfach ein gutes Gefühl, noch einmal als Spieler und als Teil einer Mannschaft auf dem Platz zu stehen.“

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