Portrait Das Ende einer langen Leidenszeit

Bonn · Lukas Kübler aus Hangelar ist beim SC Freiburg Stammspieler in der Bundesliga, aber seine Karriere stand auf der Kippe.

 Stammkraft in der Freiburger Startelf: Lukas Kübler (links), hier im Duell mit einem weiteren Ex-Bonner, Marcel Heller von Darmstadt 98.

Stammkraft in der Freiburger Startelf: Lukas Kübler (links), hier im Duell mit einem weiteren Ex-Bonner, Marcel Heller von Darmstadt 98.

Foto: picture alliance / Patrick Seege

Das Andenken von Ante Rebic leuchtete blau. Lange. Bis zur Partie des SC Freiburg gegen die TSG Hoffenheim, in der Lukas Kübler zum zehnten Mal in dieser Bundesligasaison in der Freiburger Startelf stand. Rebic, Stürmer von Eintracht Frankfurt, war dem in Bonn geborenen und in Sankt Augustin-Hangelar aufgewachsenen Kübler beim 2:1-Erfolg des SC Freiburg auf den Fuß gestiegen. „Dabei hat er sich dann noch ein, zweimal gedreht. Als wenn er eine Zigarette austreten würde. Nicht sehr nett“, sagt der 24-Jährige, der beim VfR Hangelar das Fußballspielen lernte.

Kübler spielte gegen Hoffenheim trotzdem. Und der 24-Jährige ist zufrieden, ja glücklich. Kein Wunder, denn der Familienmensch, der täglich mit seinem älteren Bruder David telefoniert, ist nach einer langen Leidenszeit endlich verletzungs- und schmerzfrei. Die Misere begann im Sommer 2013 nach seinem Wechsel vom 1. FC Köln zum SC Sandhausen. Kübler hatte sich einen Faszienriss unter dem linken Fuß zugezogen. Erst im Dezember 2013 konnte das Talent, das auch bei den Sportfreunden Troisdorf und in der U 19 des Bonner SC als Innenverteidiger spielte, für Sandhausen auflaufen. Einen Stammplatz erkämpfte sich Kübler schließlich in der Spielzeit 2014/2015. Die Verletzung schien überwunden. Scouts des SC Freiburg beobachteten die Kämpfernatur und machten seinem Berater ein Angebot. „Ich weiß meinen Körper im Zweikampf einzusetzen“, sagt der 1,83 Meter große Verteidiger, der sich schließlich vor der Saison 2015/2016 zum Wechsel in den Breisgau entschied.

Danach aber lief alles schief. Freiburg stieg in die 2. Liga ab, Kübler bekam kein Bein mehr auf die Erde. Der damals 22-Jährige klagte über Schmerzen im linken Knie. „Ich hatte nie was mit den Knien. Aber nach fünf Minuten Laufen bin ich vor Schmerzen zusammengeklappt“, erinnert er sich. Die Ärzte rätselten. Der Freiburger Neuzugang wurde operiert, entzündliches Gewebe entfernt. Drei Monate später folgte der nächste Eingriff. Die Schmerzen blieben. Kübler putzte Klinken, versuchte es bei Spezialisten und Osteopathen in München und in den Niederlanden. Keiner wusste weiter. Die gesamte Spielzeit 2015/2016 lief an ihm vorbei. Die Profikarriere stand auf der Kippe.

Eine ganze Saison außen vor zu sein, nagt an der Psyche. „Natürlich ist das nicht leicht, man macht sich irgendwann ja auch Sorgen, wie es weitergeht. Deshalb muss man im Kopf stark bleiben. Das ist das Entscheidende“, sagt die Kämpfernatur. Dann stand die Ursache für die Knieprobleme fest. „Ich hatte mir nach dem Sehnenriss unterm Fuß eine Schonhaltung angewöhnt“, erzählt der 24-Jährige. Kleine Ursache – große Wirkung. Nach der direkten Rückkehr des SC Freiburg in die Bundesliga begann Kübler im Sommer 2016 mit dem Aufbautraining. Wie eine Erlösung erlebte er im September 2016 das erste Spiel in der Oberliga Baden-Württemberg für die U 23 des SC. „Ich war unheimlich dankbar, dass ich schmerzfrei trainieren und wieder spielen konnte.“ Gegen Leipzig gehörte Kübler erstmals zum Kader der ersten Mannschaft.

Am 13. Spieltag am 3. Dezember war es dann soweit. SC-Coach Streich beorderte Kübler gegen Leverkusen in die Startelf. Der 24-Jährige spielte 70 Minuten. „Mehr war noch nicht drin.“ Eigentlich wollte er nach vorne mehr Alarm machen. „Das ist mein Spiel. Aber dafür fehlt noch die Power“, sagt Kübler. Christian Streich bescheinigte ihm „gegen den Ball eine blitzblanke Partie“. Nur Bruder David wusste vorher, dass Lukas gegen Bayer sein Debüt feiern würde. Mutter Michael und Vater Hans-Jürgen, die in Hangelar leben, hatten keine Ahnung. „Ich wollte ihre Nerven schonen“, sagt der Profi.

Seit dem Debüt scheint Kübler den Stammplatz auf der rechten Seite sicher zu haben. „Aber die Konkurrenz ist groß“, weiß er. Konstanz ist gefragt. Und ganz wichtig: Der Körper muss mitspielen. Die Eltern machten sich seitdem zu einigen Spielen ihres Sohnes auf den Weg ins Stadion. Sofern Lukas Kübler die Gelegenheit hat, schaut er sich im Gegenzug die Spiele seines Bruders in der Kreisliga A an. Zuletzt schaute er beim 0:4 des VfR Hangelar gegen den SV Wahlscheid im Kreispokal zu. Der nächste Besuch in der Heimat ist während der Länderspielpause am nächsten Wochenende vorgesehen. Dann hat die „Erste“ des VfR Hangelar allerdings spielfrei. „Schade“, sagt Lukas Kübler. „Ich hätte meinen Bruder und einige meiner Freunde gerne spielen sehen.“ Somit bleibt auch die Mannschaftskasse des VfR leer. Denn für jedes Tor seines Bruders überweist Lukas 50 Euro.

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