Kommentar zum Karriereende Kevin Kuranyis Ein Guter ohne Lobby

Kevin Kuranyi war ein guter Fußballer. Trotzdem hatte er es nicht immer leicht während seiner sportlichen Karriere - nicht zuletzt, weil ihm die Lobby fehlte.

 Kevin Kuranyi (links) stand häufig im Schatten von Lukas Podolski (rechts).

Kevin Kuranyi (links) stand häufig im Schatten von Lukas Podolski (rechts).

Foto: dpa

Selbstironie: ein probates Mittel – vielleicht sogar das sinnvollste – um mit Fehltritten umzugehen. Kevin Kuranyi hatte damals eine falsche Entscheidung getroffen: bereits in der Halbzeitpause zu gehen, das Stadion zu verlassen, obwohl sich das für einen Nationalspieler – ein Vorbild – nicht gehört. Heute, so sagt er, könne er jungen Spielern nur wärmstens empfehlen, wenigstens auf den Schlusspfiff zu warten.

Es zeugt von Größe, dass Kuranyi so offensiv mit der fatalen Fehlleistung seiner Karriere umgeht. Fatal deshalb, weil er sportlich ins Abseits geriet. Sein Makel kostete ihn Sympathiepunkte und Anstellungen. Darüber kann auch sein fünfjähriges Exil in Russland keinesfalls hinwegtäuschen.

Doch es war nicht etwa sein Fauxpas in der Nationalmannschaft, der den Deutsch-Brasilianer zu einer tragischen Figur der Fußballgeschichte werden ließ. Kuranyi hatte schon immer ein entscheidendes Problem: Ihm fehlte die Lobby. Er war kein Liebling der Fans wie Lukas Podolski, Rudi Völler oder Uwe Seeler. Die Liste könnte beliebig weitergeführt werden.

Es ist bezeichnend, wer ihm jetzt per Videobotschaft huldigt und ihn als „Großen“ des Fußballs auf eine Ebene mit Podolski hebt: Mario Gomez ist nicht nur ein ehemaliger Weggefährte aus Stuttgarter Zeiten, er ist auch ein ähnlicher Spielertyp wie Kuranyi. Und: Er gleicht seinem ehemaligen Mentor charakterlich. Beide sind introvertiert und bisweilen übersensibel. Die Kritik an ihrem Spielstil, der nicht zuletzt wegen ihres schlaksigen Körperbaus hölzern wirken kann, hat wesentlich dazu beigetragen, dass sie in der Nationalmannschaft ihre Leistung nicht immer so abrufen konnten, wie sie es oft genug im Verein taten.

Kuranyi war bei den Fans, VfB-Anhänger ausgenommen, zwar nie besonders beliebt. Seine beachtliche Bilanz zeigt jedoch, dass er vielleicht kein Großer, mindestens aber ein Guter war.

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