Fußball-Bundesliga 2017/18 Die wichtigsten Antworten zum Video-Beweis

Köln · Ab der kommenden Spielzeit soll es in der Bundesliga weniger klare Fehlentscheidungen geben. Der Video-Beweis wird eingeführt. Doch wie läuft er ab? Und wo sind seine Grenzen?

Während Bayern Münchens Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge noch immer das Ausscheiden des Deutschen Rekordmeisters aus der Champions League verdaut, laufen die Vorbereitungen auf eine grundlegende Veränderung im deutschen Fußball: Der Video-Beweis wird eingeführt.

Seit über einem halben Jahr werden deutsche Spielleiter im Replay-Center in Köln geschult. Die Live-Testphase für den Video-Assistenten startet in der kommenden Saison bei allen 306 Bundesliga-Spielen. Dabei können strittige Entscheidungen auf den Prüfstand gestellt werden.

Das für das Regelwerk zuständige International Football Association Board (IFAB) will im März 2018 dann endgültig über die Einführung des Videobeweises entscheiden. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Wann kommt der Videobeweis?

Zur kommenden Saison. Das erste Pflichtspiel ist der Supercup, danach in allen Erstligaspielen und auch in der Relegation.

Wie läuft er ab?

In einem Studio in Köln sitzt je ein Video-Assistent (VA) pro Spiel, hinzu kommen bis zu zwei Supervisor. Bei fragwürdigen Szenen lässt der VA sich von einem Operator Aufnahmen aus bis zu 17 Kamera-Perspektiven aufzeigen. Ist er sicher, dass es sich um einen Fehler handelt, gibt er dem Schiedsrichter in Absprache mit dem Supervisor Bescheid. Der Unparteiische hat aber das letzte Wort, muss die Korrektur nicht annehmen und umsetzen. Ebenfalls in Köln laufen derzeit Schulungen als gemeinsames Projekt von DFB und DFL.

Wann soll der Assistent eingreifen?

Das Protokoll des International Football Association Board IFAB sieht genau vier Fälle vor: Bei Toren, Elfmetern, Roten Karten oder Spielerverwechslungen. Kurz: Bei allem, was zu „spielrelevanten Situationen“ gezählt wird.

Warum zählen Gelb-Rote Karten nicht dazu?

Ein Grenzfall. Aber eine Konsequenz, weil auch bei Gelben Karten nicht eingegriffen wird. „Würde man die Berechtigung der zweiten Gelben Karte überprüfen, müsste man dies zwangsläufig auch schon bei der ersten tun“, sagt Projektleiter Hellmut Krug: „Dies würde zu einer hohen Anzahl weiterer Überprüfungen führen. Mitunter 10 bis 15 - eine Belastung, der der Video-Assistent kaum gerecht werden kann.“

Wie viele Szenen werden betroffen sein?

Die VAs schauen sich in der Schulung pro Spiel etwa zwei bis sechs knifflige Szenen an. Krug spricht von 90 klaren Fehlern an den ersten 29 Spieltagen, von denen 65 durch die technischen Hilfsmittel bei optimalem Verlauf hätten korrigiert werden können. Das wären 2,2 Fälle pro Spieltag und entspricht etwa einer Korrektur in jedem vierten Spiel.

Wie viel Ermessensspielraum hat der VA?

Er soll nur in ganz eindeutigen Fällen eingreifen. Krug will durch eine Auswahl von Präzedenzfällen nach Ablauf der bis Saisonende laufenden Schulungen Kriterien für eine möglichst klare, einheitliche Linie entwickeln.

Wird das Spiel dadurch zerpflückt?

Die klaren Fehlentscheidungen können sehr schnell als solche identifiziert werden, werden sofort weitergegeben und vom Schiedsrichter in der Regel sofort umgesetzt. Das Ganze dauert dann wenige Sekunden. Theoretisch kann der Schiedsrichter nach einem Hinweis die sogenannte Review Area nutzen und sich in diesem abgesperrten und für Spieler verbotenen Bereich am Spielfeldrand auf einem Tablet oder Monitor die Szene ansehen. Das kann ein bis zwei Minuten dauern. Deshalb will Krug dieses Mittel nur in Ausnahmefällen anwenden. Zumal diese Fälle meist nicht zu den eindeutigen gehören, die eine Korrektur zwingend erfordern.

Wer wird als VA fungieren?

Die drei Schiedsrichter Jochen Drees, Wolfgang Stark und Günter Perl werden wegen Erreichens der Altersgrenze von 47 Jahren im kommenden Jahr nicht mehr in der Bundesliga pfeifen. Sie könnten daher theoretisch an fast jedem Spieltag als VAs eingesetzt werden. Hinzu kommen pro Wochenende vier bis sechs aktuelle Bundesliga-Schiedsrichter. Doppelt eingesetzt werden könnte der VA des Freitagabendspiels (nochmal am Samstag) und der des Samstagabendspiels (am Sonntag). Grundlage bei den Ansetzungen ist die auf diesem Arbeitsfeld in den letzten Monaten nachgewiesene Qualität. Außerdem ist entscheidend, dass die VAs nicht aus der Region eines beteiligten Vereins kommen.

Werden die VAs öffentlich benannt?

Das ist noch nicht entschieden.

Wie werden die Zuschauer informiert?

Der Fernseh-Zuschauer wird den Vorgang nachvollziehen können. Die für die Entscheidung maßgebliche Kamera-Perspektive wird den übertragenden TV-Sendern als Signal zur Verfügung gestellt. Eventuell wird die Szene sogar auf der Stadion-Leinwand gezeigt. Darüber ist aber noch keine Entscheidung gefallen.

Wie halten es die anderen Länder?

Eingesetzt wird er derzeit in Europa nur im niederländischen Pokal. Frankreich nutzt ihn aber in der diesjährigen Relegation, andere Länder wie Italien oder Portugal steigen ebenfalls ein. Der Weltverband FIFA nutzt ihn bei der U20-WM und dem Confed-Cup und entscheidet im März 2018 über eine Nutzung bei der WM 2018. Wenn dieses Votum negativ ausfällt, dürfte der Video-Beweis auch in den Ligen ab 2018 wohl nicht mehr genutzt werden. Der europäische Verband UEFA, unter dessen Regie die Champions League ausgespielt wird, verweigert sich bis jetzt.

Haben die Vereine „Challenges“?

Nein. Die Vereine können fragwürdige Entscheidungen nicht auf eigenen Wunsch prüfen lassen.

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