Ex-Profi Marcell Jansen - HSV-Präsident mit beschränkter Wirkung

Hamburg · Marcell Jansen ist einer der jüngsten Präsidenten in der Geschichte des Hamburger SV. Mit deutlicher Mehrheit setzt er sich bei der Wahl durch. Der eigentliche Gewinner ist ein anderer.

 Marcell Jansen wurde zum neuen Präsidenten des Hamburger SV gewählt.

Marcell Jansen wurde zum neuen Präsidenten des Hamburger SV gewählt.

Foto: Axel Heimken

Marcell Jansen ist seit Samstagabend der Uli Hoeneß des Hamburger SV - aber nur auf dem Papier.

Denn im Vergleich zu Bayern Münchens Alphatier ist der HSV-Präsident ein paar Nummern kleiner, mit deutlich weniger Macht ausgestattet - und viel, viel braver. Seit dem Wochenende steht der 33-jährige Jansen dem Verein Hamburger SV e.V. mit seinen 87.000 Mitgliedern in 35 Abteilungen vor und ist doch nur ein Präsident mit beschränkter Wirkung.

Der Wahlsieg des Abwehrspielers, der vor seiner siebenjährigen HSV-Profizeit (2008 bis 2015) bei Borussia Mönchengladbach und Bayern München gekickt hatte, stand im Prinzip schon vor der Mitgliederversammlung fest. Für die Fußballfans im Verein - sie sind mit einer erdrückenden Mehrheit von rund 78.000 Mitgliedern im Supporters-Club die tonangebende Gruppierung unter den Mitgliedern - ist Jansen ein Idol. Für sie bedurfte es keiner Reden. Der Arbeitsnachweis von 24 Toren in 187 HSV-Spielen reichte. Wer noch gezweifelt hatte, war spätestens nach dem Satz in seiner Rede bekehrt: "Es kam für mich nicht infrage, nochmals ein anderes Wappen als unsere Raute zu küssen."

Nachdem Ex-Präsident Jürgen Hunke kurz vor der Wahl seine Kandidatur zurückgezogen hatte, war Ralph Hartmann der letzte Jansen-Konkurrent. Der frühere Schatzmeister des e.V. war zwar chancenlos, hatte aber mit einer kämpferischen Rede Stimmen gutgemacht. Der 55 Jahre alte Unternehmer sprach von einer Richtungswahl und brachte die Unterschiede zu Jansen auf den Punkt: "Auf der einen Seite die Verfechter der Machtkonzentration um Bernd Hoffmann, auf der anderen Seite die Mitglieder, die sich mehr Kontrolle, mehr Neutralität und mehr Ausgewogenheit in e.V. und AG versprechen."

Letztere waren in der Unterzahl. Der eigentliche Gewinner des Tages: Bernd Hoffmann, Vorstandschef der ausgegliederten Fußball-AG, und vor seinem Aufstieg an die Spitze der AG für wenige Monate auch HSV-Präsident. Der machtbewusste Funktionär war vor seinem 56. Geburtstag an diesem Montag erleichtert. "Das Ergebnis habe ich nicht zu kommentieren", sagte Hoffmann - und lächelte verschmitzt.

Für ihn bedeutet die Wahl seines Gefolgsmanns freie Bahn. In einem Verein, der derzeit 85 Millionen Euro an Verbindlichkeiten vor sich herschiebt, der eine fällige Fananleihe in Höhe von 17,5 Millionen Euro nicht zurückzahlen kann und stattdessen eine neue auflegen muss, um die alte abzulösen, der für das laufende Geschäftsjahr erneut ein zweistelliges Millionendefizit ankündigt, kann Hoffmann keine kritischen Geister in seiner unmittelbaren Umgebung brauchen.

Jansen, auch wenn er das mehrfach verkündete, hat als e.V.-Präsident keinerlei Befugnisse, in das operative Geschäft der Profi-Abteilung einzugreifen. "Operative Entscheidungen trifft der Vorstand", stellte Sportvorstand Ralf Becker klar. Der Präsident hat sich zuallererst um die Belange im Tischtennis, der Gymnastik oder im Tanzen zu kümmern.

Als 75-Prozent-Mehrheitseigner an der Fußball-AG und Vertreter im Aufsichtsrat könnte der Präsident qua Amt unangenehm für den Vorstand werden. Mit Jansen kaum vorstellbar. Hoffmann: "Marcell Jansen wird ein guter Präsident für den HSV sein." Der Gelobte meinte: "Hier AG, da e.V. - das muss aufhören". Er versprach, "den Vorstand zu begleiten".

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