Kommentar Klopps Kind ist erwachsen

Es gibt Momente, da möchte man Jürgen Klopp zurufen: "Werd' mal erwachsen." Dann, wenn er mal wieder mit extremer Intensität die Spiele seiner Mannschaft an der Seitenlinie begleitet, mit verzerrtem Gesichtsausdruck einem Schiedsrichter-Assistenten verbal an die Gurgel geht oder unsouverän nach einer Niederlage die Schuld gereizt mehr bei anderen als bei sich oder seiner Mannschaft sucht.

Dann ist er in der öffentlichen Wahrnehmung der Grenzgänger, dessen Verhalten außerhalb von Dortmund durchaus polarisiert. Und das ihm selbst im Nachhinein peinlich ist.

Man muss kein Fan von Jürgen Klopp sein, um abseits dieser Nebenschauplätze die enormen Verdienste des gebürtigen Stuttgarters an den Dortmunder Erfolgen der letzten Jahre zu würdigen. Diese Mannschaft trägt Klopps Stempel, sie ist sein Werk, sein Kind. Bis auf die Langzeit-Dortmunder Roman Weidenfeller und Sebastian Kehl hat der Trainer seit seinem Amtsantritt im Sommer 2008 den BVB personell völlig neu aufgestellt.

Er hat junge, talentierte, kostengünstige Spieler geholt, sie weiterentwickelt, behutsam eingebaut und an die Spitze geführt. Selbst für die selbstbewussten Münchner Bayern ist die mitreißende und intelligente Spielweise des großen nationalen Konkurrenten stilbildend geworden. Klopp hat mit seinem Tempo-Pressing die Ästhetik des Spiels verändert, er hat den deutschen Fußball mit in die Moderne geführt. Und er ist zum Gesicht der Borussia geworden, auch wenn der Tempofußball seiner Mannschaft eine Nuance schöner anzusehen ist.

Dass Schönheit und Naivität bisweilen Geschwister sind, hat der BVB schmerzhaft erfahren müssen. Die Borussia war als nationale Macht international in den letzten Jahren ein Leichtgewicht. Die kindliche Unbekümmertheit, die dem Traditionsclub im Vorjahr in der Champions League zum Verhängnis wurde, ist wie Babyspeck verschwunden. Borussia Dortmund ist erwachsen geworden. Das zeigte das Malaga-Spiel, als die Schöne zum Biest wurde und mal schmutzig siegte.

Dass sich Klopp ändert, ist nicht zu erwarten, ehrlich gesagt, auch nicht zu hoffen. Authentizität, Emotionalität und Schlagfertigkeit gingen verloren - er wäre nicht mehr er selbst. Trotz manch diskutablen Auftritts: Wo Klopp draufsteht, sollte kein Hitzfeld drinstecken.

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