Fußball Kimmich erledigt Spezialauftrag "clever und selbstbewusst"

Paris · Nicht nur Pep Guardiola liebt diesen "süßen, süßen Jungen". Der als Flügelstürmer aufspielende Abwehrmann Joshua Kimmich ist beim 1:0 gegen Nordirland ein wichtiger Faktor. Jetzt muss Löw abwägen.

 Joshua Kimmich ging hochmotiviert in jeden Kampf um den Ball.

Joshua Kimmich ging hochmotiviert in jeden Kampf um den Ball.

Foto: Arne Dedert

Das bemerkenswerteste Lob erhielt die verblüffende Spezialkraft Joshua Kimmich ausgerechnet von dem Weltmeister, der für ihn weichen musste.

"Er hat ein klasse Spiel gemacht und das Spiel nach vorne sehr belebt. Es war die richtige Entscheidung des Trainers, ihn aufzustellen", sagte Benedikt Höwedes, der seinen Startelfplatz an den Turnierneuling verloren hatte. Anstelle des abwehrstärkeren Routiniers schlüpfte Jungspund Kimmich dank seiner Offensivkraft beim 1:0 gegen Nordirland in eine Hauptrolle. Der 21-Jährige hielt in seinem erst zweiten Länderspiel eindrucksvoll dem großen Erwartungsdruck stand.

"Alleine ist man nie im Fußball", beschrieb der Youngster des FC Bayern München dieses Kunststück mit einem Lächeln. "Ich habe zehn Leute um mich herum. An der Seitenlinie sind die Ersatzspieler und Trainer. Da hilft jeder jedem. So wurde es mir relativ einfach gemacht."

Joachim Löw informierte Kimmich bereits zwei Tage vor dem Match in Paris über die Idee einer Turnierpremiere. Der Bundestrainer wollte sehen, wie Kimmich mit der mentalen Belastung umgeht. "Bei ihm konnte ich keine Nervosität feststellen. Er ist sehr clever und auch sehr selbstbewusst", sagte Löw. "Ich war mit seinem ersten Spiel auf so einer Bühne wirklich sehr zufrieden. Er hat Zweikämpfe gewonnen und war hinten im Kopfballspiel präsent. Und nach vorne hat er für viel Bewegung gesorgt."

Nach Toni Kroos verbuchte Kimmich die zweitmeisten Ballkontakte. Mit seinen Hereingaben sorgte der Allrounder für viel Gefahr. Und er spulte auch noch die meisten Kilometer im Team ab. "Er hat sehr gute Wege gemacht. Er hat auf der rechten Seite für gute Flanken gesorgt und die Abwehrspieler beschäftigt", lobte Löw.

Von den Teamkollegen holte sich Kimmich Schulterklopfer ab. "Er hat super gespielt, definitiv. Jeder weiß, was er für Qualitäten hat. Er spielt nicht umsonst bei Bayern München", beschrieb es Mesut Özil. "Er hat einfach ein gutes Spiel gemacht, das war keine Überraschung. Wir wussten, was wir von ihm erwarten können. Er ist ein sehr, sehr guter junger und talentierter Spieler", lobte auch Mats Hummels seinen künftigen Mitspieler.

Noch vor einem Jahr kickte Kimmich in der Zweiten Liga in Leipzig. Nach seinem Wechsel für sieben Millionen Euro zum FC Bayern legte er in München - auch begünstigt durch viele Verletzte - einen erstaunlichen Aufstieg hin. Pep Guardiola setzte den vielseitigen Kimmich auf allen Defensivpositionen ein. Der Katalane schwärmte wiederholt über den "süßen, süßen" Jungen. "Ich liebe diesen Jungen. Er ist fast mein Sohn", sagte Guardiola.

Kimmich, der unter Löw-Assistent Marcus Sorg im Jahr 2014 U19-Europameister wurde, genießt seinen Aufstieg bis ins EM-Team. "Ich versuche, das nicht an mir vorbeirauschen zu lassen", erklärte der Neu-Nationalspieler. "Alles ist anders, größer. Das ganze Land schaut zu und fiebert mit - das ist auch zu spüren."

Erst bei der 1:3-Wasserschlacht gegen die Slowakei in der Vorbereitung debütierte Kimmich in der DFB-Elf. Damals zeigte er in einer Abwehr-Dreierkette Schwächen in der Defensive. Gegen Nordirland wurde er nach hinten praktisch nicht gefordert.

"Er hat da nicht gegen einen Weltklasse-Linksaußen gespielt", sagte Thomas Müller. Ob Kimmich also auch in den K.o.-Duellen, wenn die Gegenspieler nicht nur Stuart Dallas vom englischen Zweitligisten Leeds United sind, aufläuft, bleibt abzuwarten. "Mit Benni Höwedes bin ich auch zufrieden, was er defensiv machen kann", stellte Löw eine weitere Rechts-hinten-Rochade in Aussicht.

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