Torwart Buffon als Schuldiger Italien droht erstes Quali-Debakel seit 1958

Madrid · Fiesta in Spanien, Frösteln in Italien. Nach dem einseitigen Duell der südeuropäischen Fußball-Großmächte droht die Squadra Azzurra erstmals seit 1958 einer WM-Endrunde fernzubleiben. Es hagelt Kritik. Fans und Medien nehmen in erster Linie ein Volksidol ins Visier.

 Trainer Giam Piero Ventura muss mit der Squadra Azzurra wohl den riskanten Umweg über die Playoffs gehen.

Trainer Giam Piero Ventura muss mit der Squadra Azzurra wohl den riskanten Umweg über die Playoffs gehen.

Foto:  Paul White

Die Demütigung von Madrid hat Italien in panische Angst vor einem WM-Sommer als Zuschauer versetzt. Der viermalige Fußball-Weltmeister muss nach der 0:3-Abfuhr in Spanien in der Qualifikation für Russland 2018 wohl den riskanten Umweg über die Playoffs gehen.

Ganz Italien fürchtet zum ersten Mal seit 1958 eine WM zu verpassen: "Und nun kommt der Playoff-Albtraum", titelte die "Gazzetta dello Sport" auf Seite eins. "Was für eine Blamage!", jammerte "Tuttosport".

Schon vor den letzten drei Gruppenspielen in der Qualifikation haben die Tifosi die Hoffnungen auf das Direkt-Ticket aufgegeben, zu ernüchternd war die Niederlage im Bernabeu-Stadion. "Wir sind menschlich, die Spanier sind es weniger", erklärte Trainer Gian Piero Ventura auf eher seltsame Weise die wohl entscheidende Pleite. Platz eins in Gruppe G scheint bei nun drei Punkten Vorsprung an Spanien vergeben. Die Iberer können sich dank der deutlich besseren Tordifferenz in den drei Partien in Liechtenstein und Israel sowie daheim gegen Albanien sogar eine Niederlage leisten.

Für die Squadra Azzurra scheint daher Platz zwei das Maximum, damit wären zumindest die unliebsamen Playoffs erreicht. "Wir werden das Unmögliche tun, um zur WM zu fahren", beteuerte Spielmacher Lorenzo Insigne. Nach dem Auftritt von Madrid sind Zweifel jedoch berechtigt. Ein "kleines und gedemütigtes" Italien hatte "Il Giornale" gesehen. Bis auf Stürmer Andrea Belotti, der sich immer wieder bemühte, blieb kaum ein Italiener von heftiger Kritik verschont.

Vor allem Torwart-Veteran Gianluigi Buffon, der mit seinem 170. Länderspiel einen Europa-Rekord aufstellte, wurde als Schuldiger der Niederlage ausgemacht. Der 39-Jährige von Juventus Turin wurde in Fanforen unter anderem als "Rentner" und "Kartoffelsack" beschimpft. "Seine Reflexe sind nicht mehr die alten", schrieb die "Gazzetta dello Sport". Während Spaniens Keeper David de Gea die wenigen Chancen der Gäste meisterlich vereitelte, wirkte Buffon bei den Gegentreffern durch den überragenden Isco (14./40. Minute) und Alvaro Morata (77.) überfordert.

Italien war zuvor in 56 WM- und EM-Quali-Spielen in Serie ungeschlagen geblieben. "Aus dieser Niederlage werden wir lernen", versprach Insigne. Am Dienstag gegen Israel müsse man "zurückschlagen", fügte er hinzu.

Dagegen feierte Spanien eine Fútbol-Fiesta wie in besten Zeiten. "Dieses Team macht mehr Spaß als Disneyworld!", schrie ein TV-Kommentator ins Mikro. Nach den Pleiten bei der WM 2014 und der EM 2016, bei der man im Achtelfinale an Italien gescheitert war, sehen viele wieder ein Team, das an die Triumphe bei der WM 2010 sowie bei den Europameisterschaften 2008 und 2012 anknüpfen kann. Seit 60 Partien ist "La Roja" nun in der WM-Qualifikation unbezwungen.

"Heute hat alles geklappt", sagte der als "Magier" umjubelte Isco von Real Madrid. Die Party war perfekt, als Spaniens Rekordtorschütze David Villa für den Doppel-Torschützen eingewechselt wurde (88.) und nach gut drei Jahren Pause mit 35 sein Comeback gab. Die knapp 77 000 Fans feierten ihn stürmisch. "Nicht einmal im Traum hätte es so schön sein können", sagte der Mann von New York City FC. Trainer Julen Lopetegui, sonst mit Lob sehr zurückhaltend, räumte ein: "Perfektion existiert nicht. Aber heute waren wir nahe dran."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Berechtigte Ausgrenzung
Kein Platz für Müller im DFB-Team Berechtigte Ausgrenzung
Aus dem Ressort