WM-Kolumne von Jürgen Kohler Die Kompaktheit hat gefehlt

Bonn · Nach der Auftaktniederlage steht die deutsche Auswahl bei der Fußball-WM unter Druck. Weltmeister Jürgen Kohler analysiert für den GA das Spiel der Nationalelf gegen Mexico.

Der Sieg der Mexikaner war verdient, das muss man ganz klar sagen. Wenn sie ihre zahlreichen Konter besser ausgespielt hätten, hätte das Ergebnis noch deutlicher ausfallen können. Sie haben den Raum konsequent ausgenutzt, der sich hinter der Doppelsechs um Toni Kroos und Sami Khedira geboten hat. Außerdem hat Mexiko erkannt, dass Joshua Kimmich im Defensivverhalten große Probleme hat. Über unsere rechte Abwehrseite haben sie sehr viel Betrieb gemacht, gerade im Umschaltspiel. Kimmich ist zweifelsohne ein guter junger Spieler. Aber als Verteidiger muss er eben in erster Linie verteidigen und darf dem Gegner durch seinen ständigen Vorwärtsdrang nicht so viel Angriffsfläche bieten.

Was die Kritik von Mats Hummels an der fehlenden Unterstützung für die Innenverteidigung betrifft: Als erfahrener Spieler ist es von ihm grundsätzlich richtig, auf Problemstellen hinzuweisen. Dann wäre es aber auch angebracht gewesen, seine eigene Leistung kritisch zu betrachten. Beim Siegtreffer der Mexikaner hat sich Hummels früh aus der Viererkette gelöst und ist blindlings auf Chicharito zugelaufen und weggerutscht. Mesut Özil sah dann bei seinem Verteidigungsversuch im Strafraum zwar unglücklich aus, die Ursache für den Gegentreffer lag aber woanders. Das war einfach nicht gut.

Die Niederlage sagt für mich allerdings noch nichts über den möglichen restlichen Turnierverlauf der deutschen Mannschaft aus. Es gibt immer Phasen, wo es mal nicht so gut läuft. Mit Schweden und Südkorea gibt es jetzt noch zwei Gegner in der Gruppe, die die DFB-Elf schlagen muss – egal, ob in guter oder schlechter Verfassung. Aus meiner Sicht täte es der Mannschaft nach den Erfahrungen aus dem Mexiko-Spiel gut, sich geschlossen fünf bis sechs Meter weiter zurückzuziehen. So stehst du kompakter und gewinnst wieder mehr an Sicherheit.

Joachim Löw wird jetzt sicherlich auch seine Aufstellung überdenken. Für mich ist Marco Reus definitiv eine Option für die Startelf. Als er gegen Mexiko reingekommen ist, hat er das Spiel direkt belebt. Und wenn Jonas Hector seine Grippe überstanden hat, wird auch er der Mannschaft mit seiner defensiven Ausrichtung helfen.

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