Formel 1 Jung, schnell, sucht... : Schwieriger Markt für F1-Talente

Singapur · Der Fahrermarkt der Formel 1 für 2019 ist so umkämpft wie selten. So viele Talente wie schon lange nicht mehr hoffen auf einen Platz im exklusiven Piloten-Kreis.

 Charles Leclerc fährt in der kommenden Saison für Ferrari.

Charles Leclerc fährt in der kommenden Saison für Ferrari.

Foto: Jan Woitas

Sie sind jung, schnell und talentiert. Dennoch ist für viele Nachwuchskräfte in der kommenden Formel-1-Saison schon kein Cockpit mehr frei.

Selten herrschte solch ein Überangebot an jungen PS-Hochbegabten. Derzeit gebe es "einen der dramatischsten Fahrermärkte in der Formel-1-Geschichte", schrieb die Motorsport-Königsklasse bereits auf ihrer offiziellen Homepage.

"Hier anzukommen, ohne zu wissen, was ich nächstes Jahr tun werde, ist schwer zu schlucken", sagte der Franzose Esteban Ocon vor dem Grand Prix in Singapur. Der 21-Jährige wird zum Saisonende trotz starker Leistungen seinen Platz beim Team Racing Point Force India ebenso verlieren wie Stoffel Vandoorne (26) bei McLaren. Für den Belgier übernimmt der 18 Jahre alte Brite Lando Norris das Cockpit.

Die Zahl der Arbeitsplätze für die Steuer-Fachkräfte ist begrenzt. Gerade mal 20 Auserwählte gibt es. Bei den Top-Teams Mercedes, Ferrari und Red Bull stehen die Piloten für 2019 schon fest. Als letztes benannte Ferrari den 20-jährigen Monegassen Charles Leclerc als künftigen Teamkollegen von Vierfach-Champion Sebastian Vettel.

Er ersetzt den 18 Jahre älteren Finnen Kimi Räikkönen, der im Gegenzug Leclercs Dienstfahrzeug beim Schweizer Team Sauber übernimmt. Auch bei den Rennställen dahinter sind die meisten Plätze vergeben. Nur bei Haas, Toro Rosso, Williams, Force India und auch Sauber sind die - offiziellen - Entscheidungen über die 2019-Paarungen noch nicht verkündet.

Weitere Talente wie der 18-jährige Brite George Russell, der die Formel 2 dominiert, oder der italienische Ferrari-Testfahrer Antonio Giovinazzi (24) drohen an der Piloten-Börse leer auszugehen. Und neue Fahrer kommen in den nächsten Jahren nach.

Darunter ist vielleicht auch einer mit einem ganz berühmten Nachnamen: Mick Schumacher - Sohn von Rekordweltmeister Michael Schumacher - mischt derzeit die Formel 3 auf und könnte bis 2020 die Punkte für die notwendige Superlizenz haben, um in der Formel 1 an den Start zu gehen. "Wie kannst du in Maranello zu einem solchen Namen nein sagen?", meinte Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene am Freitag in Singapur.

Der Faktor Leistung spielt bei der Auswahl des Personals aber nicht immer die Hauptrolle. Formel-1-Politik oder das nötige Geld sind oftmals gewichtigere Argumente. Ocon liefert dafür das beste Beispiel: In dem 19-jährigen Kanadier Williams-Pilot Lance Stroll steht sein Nachfolger bei Racing Point Force India bereit. Strolls Vater, der Mode-Milliardär Lawrence Stroll, hat mit einer Investorengruppe den taumelnden Rennstall übernommen.

"Ich denke, die Leistung sollte das einzige Kriterium sein, um am Start zu sein", sagte der 22-jährige Pierre Gasly dem Portal autosport.com. Der Franzose, der 2019 von Toro Rosso zum Mutter-Team Red Bull aufsteigt und dort Daniel Ricciardo ersetzt, forderte die Formel-1-Verantwortlichen auf, "sicherzustellen, wenn ein richtiges Talent es verdient, in der Formel 1 zu sein, es dort auch bleibt".

Wie das gehen soll, weiß niemand. Mercedes-Teamchef Toto Wolff denkt schon über den Sinn des Nachwuchprogramms nach. Eine Konsequenz gab er bereits bekannt: Der ehemalige Formel-1-Pilot Pascal Wehrlein (23), seit sechs Jahren Mitglied der Junioren-Schmiede, und Mercedes trennen sich zum Jahresende. "Leider konnten wir Pascal kein konkurrenzfähiges Cockpit für das nächste Jahr anbieten", meinte Wolff. Wehrlein fährt nach einem zweijährigen Formel-1-Intermezzo wieder in der DTM. Doch aus der Serie steigt Mercedes Ende 2018 aus.

Bleiben noch Ocon und auch Russell. "Wenn wir keine Lösung für diese Jungs finden, würde ich in Zukunft das Nachwuchsprogramm in Frage stellen", sagte Wolff. Die Aufstellung eines Nachwuchsteams in der Formel 1 mit "80, 90, 100 Millionen zu finanzieren", sei für ihn auch keine Option.

Stattdessen brachte der Österreicher die Idee eines dritten Autos pro Team auf. Doch der Vorschlag fand nur wenig Gegenliebe bei den Chefs der anderen Teams. "Es wäre ziemlich kompliziert, das richtig umzusetzen", meinte Red-Bull-Mann Christian Horner. Der Neuseeländer Brendon Hartley, dessen Weiterbeschäftigung bei Toro Rosso fraglich ist, kann einem dritten Wagen indes etwas abgewinnen: "Es würde wahrscheinlich die Vertragsverhandlungen 2019 etwas erleichtern."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort