1. FC Köln Von den Emotionen übermannt

KÖLN · Als Bundesliga-Fünfter qualifiziert sich der Geißbock-Club erstmals seit 25 Jahren wieder für einen internationalen Wettbewerb. Dennoch lässt Erfolgsgarant Anthony Modeste einen Verbleib in Köln offen. Anderer Vereine locken mit Millionengehältern.

Es war ein Nachmittag der Emotionen, den das Stadion in Müngersdorf am Samstag erlebte. Spieler weinten hemmungslos oder brüllten Freude und Erleichterung aus ihren ausgelaugten Körpern heraus. Andere zogen sich still in Ecken zurück, an denen der Trubel vorbei schwappte. Manch einer musste zu den Feierlichkeiten gedrängt werden. So wie Peter Stöger, der von seinem Assistenten Manfred Schmid vor das feiernde Fußballvolk getragen wurde.

Dann brachen alle Dämme

Als mit dem Abpfiff die längst über die Umzäunung gekletterten Fans den Rasen stürmten, brachen alle Dämme. Der 2:0-Erfolg und die damit erstmals nach einem Vierteljahrhundert erreichte Europapokalteilnahme führten „zu Gefühlsausbrüchen, die unbeschreiblich sind“, wie Kapitän Matthias Lehmann bemerkte.

Wohl am heftigsten traf es Anthony Modeste. Der Mittelstürmer, der mit 25 Treffern fast genau die Hälfte aller FC-Tore erzielt hatte, weinte bitterlich, als er vom Platz kam. „Es war sehr emotional für mich“, rang er nach Worten, „ich möchte bleiben, aber ich muss mit Schmaddi reden.“

Schmaddi, das ist Jörg Schmadtke. Was sich so anhörte, als habe der Sportchef das letzte Sagen. Der aber zuckte bei der Frage danach mit den Schultern. Was soll er auch sagen? Fakt ist, dass dem FC vor drei Monaten bis zu 50 Millionen Euro für den Torjäger und ihm selbst ein Jahressalär von zehn Millionen statt der jetzt etwa drei Millionen geboten worden sein sollen. Gibt es eine neuerliche Offerte in dieser Größenordnung, müssen sich sowohl Modeste als auch die FC-Verantwortlichen damit auseinandersetzen. Angeblich soll Olympique Marseille dem FC knapp 40 Millionen Euro geboten haben.

Kommt Cordoba?

Als ein möglicher Neuzugang, wenngleich nicht sein Nachfolger, wird der Mainzer Jhon Cordoba (24) gehandelt. Der 1,88 Meter lange Stürmer ist ein ähnlich wuchtiger Spielertyp, erzielte in dieser Saison fünf Treffer und bereitete fünf weitere vor. Er soll rund acht Millionen Euro kosten. Daneben würde man als Modeste-Nachfolger einen Angreifer mit großen Vollstreckerqualitäten holen.

Dass die Zeichen auf Abschied stehen, dafür gab Modeste neben den Tränen ein weiteres Indiz: Zur Begrüßung vor dem Spiel wurde er von Töchterchen Kihanna (5 Jahre) und Söhnchen Brooklyn (22 Monate) begleitet. Das machte er noch nie. Auch nicht, dass er als Rädelsführer jener Spielergruppe voranging, die ihrem Trainer während der Pressekonferenz eine gigantische Bierdusche gönnte. Der wusste nicht so ganz, ob er sich freuen oder wehren sollte.

Ganz anders so mancher Spieler. „Jetzt wird gefeiert bis zum Abflug, und dann geht’s mit dem Partyflieger nach China“, jubelte Dominique Heintz und sprach die PR-Tour einschließlich des Freundschaftsspiels am Mittwoch in Shenyang an. „Man will einfach nur noch feiern“, meinte Matthias Lehmann und fügte angesichts seiner bald 34 Jahre hinzu: „Für solche Sachen ist es nie zu spät. Das ist das Highlight meiner Karriere.“

Wobei die Bedeutung der ersten Europapokal-Qualifikation seit 25 Jahren den meisten wohl erst in den nächsten Tagen bewusst werde, wie der gerade 24 Jahre jung gewordene Timo Horn meinte. „Das ist wie im Märchen. Die meisten von uns waren damals noch nicht geboren. Wir kennen das alles nur aus Erzählungen von Großvätern oder den Eltern.“ Auf diesen Moment habe er immer gehofft, und das sei es letztlich auch gewesen, warum er seinen Vertrag vorzeitig bis 2022 verlängert habe. „Wenn man sieht, was es den Fans bedeutet, ist man unheimlich stolz“, sagte der Torhüter, einer von neun Spielern aus Köln und Umgebung.

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