FC-Spieler Rafael Czichos im Interview „Ich habe immer davon geträumt, mich mit den Besten zu messen“

Benidorm · Rafael Czichos gehört beim 1. FC Köln zu den Gewinnern der Hinrunde und hat sich zum Stammspieler entwickelt. Im Interview antwortet er den Zweiflern, die ihm den Schritt in die Bundesliga nicht zugetraut haben.

 Rafael Czichos hält sich zurzeit im Trainingslager im spanischen Benidorm auf.

Rafael Czichos hält sich zurzeit im Trainingslager im spanischen Benidorm auf.

Foto: bopp/Bopp Eduard

Rafael Czichos gehört beim 1. FC Köln zu den Gewinnern der Hinrunde. Obwohl der Innenverteidiger zwei Elfmeter verschuldete und in Freiburg ein Eigentor fabrizierte, hat er sich in seinen ersten 15 Bundesligapartien zum Stamm- und Führungsspieler entwickelt. Martin Sauerborn hat sich im FC-Trainingslager in Benidorm mit dem 29-Jährigen unterhalten.

Herr Czichos, Sie konnten am ersten Tag hier in Benidorm nicht am Mannschaftstraining teilnehmen. Was war los?

Die letzten drei Tage des Urlaubs war ich leider krank. Wahrscheinlich habe ich mich bei meinem kleinen Sohn angesteckt, der erkältet war. Bei dem Laufprogramm, das wir absolvieren mussten, war mein Puls sehr hoch und ich bekam schlecht Luft. Jetzt bin wieder fit.

Und wieder voll im Einsatz. Wie gefällt es Ihnen in Benidorm?

Ach, für uns Spieler gibt es in einem Trainingslager nur drei wirklich wichtige Sachen: Gute Trainingsbedingungen, gutes Essen, gut schlafen.

Und?

Alles bestens.

Es ist das erste Trainingslager mit dem neuen Trainerteam. Sie sind jetzt erst in der zweiten Saison beim 1. FC Köln und haben schon vier unterschiedliche Cheftrainer erlebt.

Ein schnelllebiger Verein…

Scheint so. Worauf ich aber hinaus wollte. Wie schaffen Sie es, sich immer wieder auf neue Trainer einzustellen?

Das Wichtigste für jeden Spieler ist, schnell herauszufinden, was der jeweilige Trainer verlangt, was er von jedem Einzelnen sehen will. Wer das am schnellsten auffasst, verarbeitet und liefert, hat bei jedem Trainer gute Chancen. Es ist jedes Mal eine große Herausforderung, denn jeder Trainer bringt sein System und seine Art zu arbeiten mit. Das fällt zum Teil sehr unterschiedlich aus.

Das ist offensichtlich eine Ihrer Stärken. Sie waren beziehungsweise sind bei allen vier Trainern hier in Köln Stammspieler.

Das was ich eben gesagt habe, ist mein eigener Maßstab: Ich kann die Dinge schnell auffassen, höre immer genau hin, was verlangt wird und versuche es dann umzusetzen.

Was meistens gut gelingt. Woher kommt diese Fähigkeit?

Gute Frage, ich weiß es nicht genau. Das habe ich einfach in mir und bin sehr froh darüber.

Sie können auch Ihr Leistungsniveau anpassen. Aus der 3. Liga an das Niveau der 2. Liga und aus der 2. Liga an die Bundesliga. Wie geht das?

Mit dem Glaube an sich selbst. Ich weiß, was ich kann. Ich wusste als Drittligaspieler, dass ich 2. Liga kann und ich wusste auch, seit ich in Köln bin, dass ich Bundesliga kann. Das habe ich mir Schritt für Schritt erarbeitet. Ich bin nicht in die 2. Liga gewechselt, sondern habe sie mir nach dem Aufstieg erarbeitet. Das Gleiche gilt für die Bundesliga.

Ist doch komisch, dass nie jemand auf Sie aufmerksam geworden ist und Sie in eine höhere Liga verpflichtet hat, oder?

(lacht) Ich weiß auch nicht, warum das nicht passiert ist. Im Endeffekt kann ich stolz darauf sein, es auch so geschafft zu haben.

Was hätten Sie den vielen Experten gesagt, die Ihnen vor dieser Saison den Schritt in die Bundesliga nicht zugetraut hätten?

Dass wir uns nach der Saison noch einmal zusammensetzen und dann reden. Ich hatte nie Zweifel. Die Herausforderung und die Zweifel einiger Menschen hat mich einfach richtig gepusht.

Trotzdem haben sie nach Ihrem besten Hinrunden-Spiel beim 1:0 gegen Bremen eingeräumt, dass sie Lehrgeld zahlen mussten.

Es ist doch klar, dass es Situationen gab, in denen ich gemerkt habe: Das ist jetzt Bundesliga, da muss ich cleverer agieren. Ich spiele auf höchstem Niveau und die Gegenspieler sind nicht umsonst Bundesliga-Profis und können Szenen provozieren, wie die beiden Elfmeter, die ich gegen Düsseldorf und Augsburg verschuldet habe.

Was haben Sie daraus gelernt?

Das ich in jeder Situation mit allem rechnen und abgezockter werden muss. Gegen Düsseldorf habe ich damit gerechnet, dass Morales schießt. Diesen Schuss wollte ich blocken und stelle den Fuß rein. Morales aber kippt noch mal ab und schon ist der Kontakt da. Ein Elfmeter gehört immer zum Berufsrisiko eines Verteidigers.

Sie haben jetzt gegen Timo Werner oder Robert Lewandowski gespielt. Wie fällt Ihr Fazit aus?

Es gibt jede Woche eine neue Herausforderung. Von diesem Reiz, mich mit den Besten zu messen, habe ich immer geträumt. Jetzt habe ich es geschafft und richtig Bock drauf. An diesen Aufgaben will ich wachsen, zumal wir zuletzt defensiv sehr sicher standen.

Warum steht der FC jetzt sicherer?

Weil wir viel aggressiver anlaufen und Zweikämpfe bestreiten. Wir stellen den Gegner so jederzeit vor Probleme und schalten auch schneller um. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie eklig es für eine Abwehr ist, wenn der Ball über einen fliegt und die Stürmer dahinter schon bereit sind einzulaufen.

Ist das also eine Frage des Systems?

Natürlich, muss man schauen, welches System für den jeweiligen Kader am besten passt. Unserer Mannschaft tut es gut, dass wir jetzt so kompakt stehen und auf der richtigen Höhe pressen.

Der Trainerwechsel von Achim Beierlorzer auf Markus Gisdol hat dem Team also geholfen?

Nach dem 0:2 bei Union wussten alle, das wir so nicht weiter auftreten können. Das war der Tiefpunkt. Der Trainer hat einiges geändert. Er ist sehr fordernd, hat jedem verdeutlicht, in welcher Situation wir stecken und dann gegen Leverkusen einige Wechsel vorgenommen. Ich habe selten einen Trainer erlebt, der so fordernd ist und der so genau weiß, was er von jedem Spieler will.

Das 1:0 gegen Werder war der dritte Sieg in Folge und hat den FC auf einem Nichtabstiegsplatz überwintern lassen. Für Sie war Ihr erst 15. Bundesligaspiel sicher ein Besonderes.

Jeder weiß, dass ich Fan von Werder bin, 100 Mal im Stadion war und 2004 bei der Meisterfeier auf dem Rathausplatz stand. Für diese 90 Minuten war ich trotzdem froh, wie es gelaufen ist. Ich möchte mit dem FC in der Liga bleiben. Und wenn es am Ende Bremen trifft, dann ist es so.

Was sagt Ihr zehn Jahre älterer Bruder als glühender Werder-Fan dazu?

Er war es, der mich mitgenommen hat ins Weserstadion. Vor dem Spiel gegen Werder hat er mir noch geschrieben, dass ich die Jungs in Ruhe lassen soll. Geantwortet habe ich ihm nicht.

Und nach dem Sieg des FC?

Hat er auch geschrieben. Er fand es nicht so lustig, dass wir gewonnen haben (lacht).

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