15. Bundesligaspieltag Nettigkeiten statt Giftpfeile vor Derby zwischen Köln und Leverkusen

Köln. · Vor dem rheinischen Derby zwischen dem 1. FC Köln und Bayer Leverkusen ist von bösem Blut keine Spur.

 Nicht nur zwischen Sportdirektor Horst Heldt (links) und Kölns Trainer Markus Gisdol herrscht vor dem Nachbarschaftsduell gute Stimmung.

Nicht nur zwischen Sportdirektor Horst Heldt (links) und Kölns Trainer Markus Gisdol herrscht vor dem Nachbarschaftsduell gute Stimmung.

Foto: dpa/Marius Becker

Es hat Zeiten gegeben, da flogen vor dem rheinischen Derby zwischen dem 1. FC Köln und Bayer Leverkusen die verbalen Giftpfeile über den Rhein nur so hin und her. Die Stimmung zwischen den konkurrierenden Fan-Lagern wurde auch von den Vereins-Oberen bis zur Weißglut angeheizt. Alles Rauch von gestern. Heute wechseln Komplimente wie hübsch verpackte Geschenke vom Werksclub zum Altmeister und zurück.

„Bayer besitzt eine außergewöhnliche Qualität und mit Kai Havertz einen außergewöhnlichen Spieler. Und wenn ich dann noch den Speed sehe, den sie haben“, lobte FC-Trainer Markus Gisdol den Gegner, nachdem er sich die Leverkusener am Mittwochabend im Champions-League-Heimspiel gegen Juventus Turin in der Bayarena angesehen hatte.

Nach der 0:2-Niederlage mochte Bayer-Sportdirektor Rudi Völler gar nicht weiter über Ronaldo und dessen Kollegen sprechen, sondern erklärte: „Abhaken. Nur das Derby zählt jetzt!“ Dabei sieht er die gastgebenden Kölner als gleichwertigen Gegner: „Wir wissen alle, was ein Derby ist. Das wird ein offener Schlagabtausch. Dabei ist es egal, wer gerade in der Tabelle vorne oder hinten steht“. Der Geschäftsführer Sport ignorierte dabei geflissentlich, dass der FC lediglich einen Punkt aus den letzten sechs Bundesligaspielen auf seine Haben-Seite brachte, während seine Leverkusener in diesem Zeitraum elf Zähler einsammelten. Schließlich zollte der Weltmeister von 1990 dem Kölner Publikum seine Anerkennung, indem er von einem Spiel „vor einer tollen Kulisse“ sprach.

Vor sieben Jahren hatte der damalige Bayer-04-Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser heftige Fan-Reaktionen ausgelöst, als er feststellte, seine Leverkusener könnten eigentlich mit dem FC fusionieren. Es wäre doch ideal, „die Zuschauer aus Köln, die Spieler aus Leverkusen“ zusammenzubringen. Nach den folgenden, wütenden Protesten beschwichtigte Wolfgang Holzhäuser, im deutschen Fußball bekannt für sein Querdenken, er habe sich einen Scherz erlaubt.

Zum Scherzen könnten auch diesmal allein die Leverkusener aufgelegt sein. Doch halten sie sich generös zurück, was Seitenhiebe in Richtung des ums Erstliga-Überleben kämpfenden Kölner anbelangt. Dass die FC-Profis kämpfen, das ist die Forderung ihres Trainers. Der verlangt Einsatz, Zweikampfhärte und Laufbereitschaft bis zum allerletzten Atemzug. Tugenden, die in so manchem Spiel nicht gezeigt wurden, wenn die Mannschaft in Rückstand geraten war.

Köln und Leverkusen, da gibt es auch einiges Verbindendes. Spieler wechselten immer wieder hin und her. Aktuell gehört der ehemalige Kölner Juniorenspieler Mitchell Weiser zum Bayer-Kader, während die früher im Leverkusener Nachwuchs-Leistungszentrum ausgebildeten Marcel Risse, Marco Höger und Dominick Drexler zu der von ihnen erklärten „großen Liebe 1. FC Köln“ gewechselt sind.

Selbst FC-Urgestein Toni Schumacher wurde abtrünnig und arbeitete von 2001 bis 2003 zweieinhalb Jahre lang als Torwarttrainer bei Bayer. Am spektakulärsten aber war der Seitenwechsel von Christoph Daum. In der Erinnerung sagte der damalige Bayer-Manager Reiner Calmund: „Was habe ich mich mit Christoph gefetzt. In den 80ern, ich als Jugendleiter bei Bayer, er als Nachwuchstrainer beim FC. Jedes Mal, wenn der eine dem anderen einen Spieler wegholte, ging verbal die Post ab. Wir beschimpften uns dermaßen, dass niemand zuhören durfte. Trotzdem holte ich ihn 1996 als Trainer nach Leverkusen, wo er vier lange Jahre erstklassige und erfolgreiche Arbeit ablieferte.“

Christoph Daum, neben seiner akribischen Trainerarbeit bekannt für seine markigen Sprüche, genoss es damals geradezu, vor den Derby gegen den FC auszukeilen. Das hinderte ihn nicht daran, 2006 nochmals zum FC zurückzukehren – und nun über Bayer 04 herzuziehen. Reiner Calmund sollte auch einmal die Farben wechseln. Im Frühjahr 2012 wollte Werner Spinner ihn in sein Präsidium holen. Aufgrund seiner nach wie vor vorhandenen Verbundenheit zu Bayer 04 sagte Calmund ab. Stattdessen „bearbeitete“ er Toni Schumacher so lange, bis dieser den Job übernahm.

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