GA-Interview „Ich freue mich über jeden Muskelkater“

1. FC Köln: Nach seinem Kreuzbandriss spricht Marcel Risse über seine Reha, die Vorfreude auf Europa und Tochter Mila. Der 27-Jährige ist wieder ins FC-Mannschaftstraining zurückgekehrt.

Im Trainingsspiel trägt Marcel Risse noch das blaue Leibchen. Das Zeichen für einen Spieler, der aus einer Verletzung kommt und Zweikampfschutz genießt. Mehr als sieben Monate nach seinem Kreuzbandriss kehrt der 27-Jährige in Bad Radkersburg nach und nach ins Mannschaftstraining des 1. FC Köln zurück. Martin Sauerborn hat sich mit dem Derbyhelden und Torschützen des Jahres 2016 unterhalten.

Herr Risse, Sie haben in der vergangenen Saison beim 1. FC Köln extreme Höhen und Tiefen erlebt. Wie geht es Ihnen jetzt?

Marcel Risse: Mir geht es gut. Die negativen Dingen gehören zu einer Saison und einer Karriere als Fußballer dazu. Ich habe die Verletzung und die Folgen akzeptiert. Jetzt freue ich mich einfach nur riesig auf die neue Saison.

Risse: Ich habe sofort gewusst, dass etwas Schlimmeres passiert ist. Ich bin in einem Zweikampf am Oberschenkel getroffen worden. Mein Bein stand dabei unglücklich, dann kam die Gegenbewegung am Boden und es ist passiert. Ich habe diese Erfahrung machen müssen und weiß jetzt, dass solche Zeiten Menschen prägen.

Risse: Ich habe mich schon auf der Rückfahrt aus Hoffenheim mit der Diagnose abgefunden und auf eine lange Reha-Zeit eingestellt. Im Rückblick war das sehr wichtig, um nicht in ein extremes Tief zu fallen. Ich habe meinen Fokus sofort positiv nach vorne gerichtet.

Risse: Nicht immer. Meine großartige Frau Nina hat mir sehr geholfen. Und unsere kleine Tochter Mila hat mich aus manch schlechter Situation schnell rausgeholt. Mit einem kleinen Kind hat man gar keine Zeit, sich lange Gedanken zu machen. Sie hat mich sofort wieder in den Moment zurückgeholt.

Risse: Nein, und ich habe die Hoffnung auch aufgegeben (lacht).

Risse: Ja, aber sie wird auch wieder wach.

Risse: Mit 19, 20 war oft genau das Gegenteil der Fall. Ich habe Dinge oft sehr negativ oder pessimistisch gesehen. Mit der Hilfe eines Mentalcoachs habe ich gelernt, es positiver anzugehen.

Risse: Ich habe Sharon sofort nach der Verletzung kontaktiert. Das war eine Hilfe für mich.

Risse: Am Anfang nicht, aber im Laufe der Reha habe ich ihn öfter gefragt, womit er Probleme hatte und wie er sich gefühlt hat. Natürlich ist so eine Verletzung bei jedem anders, aber Marco konnte mir auch den einen oder anderen Rat geben und mich auch mal beruhigen, wenn Zweifel bei mir aufgekommen sind.

Risse: Nur zwei kleinere. An der Stelle, an der die Ärzte mir ein Stück Sehne entnommen hatten, sind Verklebungen entstanden. Als sie sich gelöst haben, dachte ich, es reißt mir die Sehne aus dem Oberschenkel. Bei den meisten Kreuzbandrissen passiert das schon am Anfang der Reha. Bei mir war es später, als ich wieder mit Schnelligkeitsübungen begonnen habe. Momentan gibt es noch ein paar muskuläre Probleme. Das ist aber auch normal.

Risse: Ich musste eine Menge Geduld aufbringen, das musste ich lernen. Und ich habe das positiv nach vorne schauen noch einmal intensiviert.

Risse: Ehrlich gesagt horche ich hier und da noch rein, das verschwindet aber sicher mit der Zeit. Ich habe große Lust auf die Saison, zumal die Jungs die vergangene Saison überragend zu Ende gebracht haben.

Risse: Es ist schwer, nicht mitzuhelfen zu können und an den Kraftraum gebunden zu sein. Vor allem, wenn es mal nicht so gut läuft.

Risse: Ich war hypernervös. Wir saßen zuerst auf der Tribüne, weil Mila das erste Mal überhaupt mit im Stadion war. Nachher waren wir dann alle neben der Bank. Es war ein tolles Ende und eine unbeschreibliche Feier.

Risse: Ich hätte sie vielleicht mal eher mitnehmen müssen. (lacht) Sie mit dabei zu haben, war ein besonderes Erlebnis. Später kann ich ihr erzählen, dass sie dabei war, als sich der 1. FC Köln zum ersten Mal nach 25 Jahren wieder für Europa qualifiziert hat.

Risse: Ich tue alles, damit es so kommt. Es ist schwer zu sagen, wie die Chancen stehen. Es sind noch vier Wochen und bis dahin wird der Trainer genau wissen, wen er aufstellt.

Risse: Klar, wäre es großartig, wenn ich auf dem Platz wieder beginnen könnte, auf dem ich mein letztes richtig positives Fußball-Gefühl hatte.

Risse: Im Nachhinein ist dieses Tor irreal. Es wirkt nach, die Menschen sprechen mich immer noch darauf an. Ich hätte nie gedacht, dass das so lange ein Thema ist.

Risse: Es ist ein Moment, den ich definitiv nie vergessen werde. Ich bin nur enttäuscht, dass Salih Özcan keinen Assist bekommen hat. Er hat bei dem Freistoß auf mein Signal gewartet und den Ball genau dahin gespielt, wo ich ihn hin haben wollte. Dann habe ich ihn noch ganz okay getroffen (lacht).

Risse: Ich kann jedenfalls sagen, dass ich mich gut gefühlt habe. Und wir haben als Mannschaft einfach gut gespielt und funktioniert. Wir haben die Euphorie mitgenommen. Ich hätte das gerne noch länger erlebt.

Risse: Ich habe mehr Erfahrung, das ist sehr wichtig, um Situationen zu erkennen, sie einzuordnen und mit ihnen umzugehen.

Risse: Wenn ich als junger Spieler einen Fehlpass gespielt habe, hat sich sofort der Kopf eingeschaltet. „Den nächsten Ball musst du unbedingt richtig spielen“, habe ich gedacht. Es geht aber darum, den Fehlpass einfach hinter sich zu lassen. Die Situation ist vorbei und es kommt die nächste.

Risse: Wir haben uns von Jahr zu Jahr gesteigert. Es wird schwer, das weiter zu toppen. Die Fans wissen das einzuordnen und erwarten nicht, dass als nächstes die Champions League kommen muss. Das tut uns gut und war in Köln nicht immer so.

Risse: Man kann immer etwas besser machen, auch Bayern München kann das. Wir können zum Beispiel unsere Chancen in den Spielen besser nutzen, in denen wir uns näher an Plätze heranspielen oder uns von anderen Teams absetzen können.

Risse: Dass die Vorbereitung vorbei ist, ich wieder im Kader stehe und ins Stadion einlaufen kann. Und natürlich auf unsere Reise durch Europa. Wir wollen uns dabei nicht nur die Stadien anschauen, sondern auch zeigen, dass wir mithalten können.

Risse: Ich finde es schade, dass Manchester United die Europa League gewonnen hat und damit in der Champions League antritt. Oder, dass die Glasgow Rangers schon ausgeschieden sind, auch weil das letzte europäische Spiel des FC vor 25 Jahren gegen Celtic Glasgow war. Ich würde gerne in einem englischen Stadion spielen, also gegen Arsenal oder Everton.

Risse: Ich freue mich einfach nur auf alles, im Moment sogar über jeden Muskelkater. Ich möchte so schnell wie möglich an die Zeit vor dem Kreuzbandriss anknüpfen.

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