Folgen der Corona-Krise Die weitere Kaderplanung des 1. FC Köln liegt erst mal auf Eis

Köln · Wer möchte, findet eine Parallele zwischen einem Fußballspiel und dem Covid 19-Virus. Niemand weiß vorher, wie die Geschichte ausgeht.

 Der Geschäftsführer Sport beim 1. FC Köln, Alexander Wehrle.

Der Geschäftsführer Sport beim 1. FC Köln, Alexander Wehrle.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Der Fußball zieht allerdings aus dem Umstand des Unvorhersagbaren all jene Eigenschaften, die ihn so besonders machen: Spannung, Emotionen, Leidenschaft und Dramatik. Corona dagegen schürt nicht viel mehr als Unsicherheit und Angst, weil die Zukunft voller Ungewissheiten steckt. Auch für all jene, die den Fußball lieben oder die mit ihm ihre Brötchen verdienen.

Im April verhält es sich in der Fußball-Bundesliga normalerweise so, dass die Entscheidungen reifen oder sogar schon fallen. Sportlich und in der Kaderplanung für die nächste Saison. Als Alexander Wehrle nun dieser Tage nach möglichen Folgen der Corona-Krise für die Budgetplanung und den Transfermarkt im Sommer gefragt wurde, antwortete der Geschäftsführer des 1. FC Köln recht untypisch, für jemanden, der seine Zahlen kennt und beherrscht: „Dafür bräuchte ich eine Glaskugel.“

Wehrle muss als Finanzchef des Erstligisten und als Präsidiumsmitglieder der Deutschen Fußball Liga (DFL) trotz aller Unwägbarkeiten Entscheidungen treffen und Einschätzungen abgeben. „Stand jetzt können wir keine tiefgreifenden Entscheidungen in Sachen Neuverpflichtungen treffen“, sagt der 45-Jährige deshalb. Was nichts anderes bedeutet, als dass FC-Sportchef Horst Heldt und sein Kaderplaner Frank Aehlig aktuell zwar Gespräche mit möglichen Zu- und Abgängen führen können, diese aber mehr informellen und allgemeinen Inhalts sein dürften. „Wir haben erst einmal alles auf Eis gelegt, weil niemand irgendetwas vorhersagen kann. Alle Gerüchte um Spielerwechsel haben aktuell nur unterhaltenden Wert. Wir müssen erst einmal abwarten“, erklärt Aehlig. Immerhin geht es der Konkurrenz aus dem In- und Ausland derzeit nicht anders als den Kölnern.

Ex-FC-Manager Jörg Schmadtke hat bei seinem aktuellen Arbeitgeber VfL Wolfsburg für die Transferperiode im Sommer sogar schon in Erwägung gezogen, den Kader einfach so zu lassen, wie er ist. Nicht die schlechteste Idee, denn Transfers haben auch immer etwas mit Sorgfalt und Haftung gegenüber allen Beteiligten zu tun. Schwierig in Zeiten von Corona.

Was für Schmadtke und Wolfsburg charmant klingt, stellt sich für die Kölner nicht ganz so positiv dar. Aktuell umfasst der Kader der Geißböcke inklusive der drei ausgeliehenen Spieler Mark Uth, Toni Leistner und Elvis Rexhbecaj 29 Profis. Zum 30. Juni laufen nur die Verträge von Uth, Leistner und Torwart Thomas Kessler aus. Da zum 1. Juli zehn Leihspieler zum FC zurückkehren, würde der Kader von Trainer Markus Gisdol also 36 Akteure umfassen. Mal abgesehen davon, dass diese Fußballer alle im Training bewegt werden müssten, die Kölner hätten sie auch alle auf ihrer Gehaltsliste stehen. Das wird ganz schön teuer.

Verkaufserlöse liegen wohl unter dem Niveau von vor der Corona-Krise

Es nützt Wehrle und Heldt auch wenig, dass mit Jannes Horn (Hannover 96), Salih Özcan (Holstein Kiel) und Louis Schaub (Hamburger SV) drei der von ihnen ausgeliehenen Spieler eine Kaufoption in ihren Verträgen stehen haben. Der Erlös dürfte aber unter dem liegen, der in Corona-Zeiten möglich wäre.

Was auch für Spieler gilt, die den Club im Sommer verlassen sollen oder möchten. Sollte an dem Interesse des FC Valencia an FC-Innenverteidiger Jorge Meré etwas dran sein, können die Kölner sicher nicht die 20 oder 30 Millionen Euro Ablöse aufrufen, die der Spanier im Sommer 2019 möglicherweise eingebracht hätte. „Ich gehe davon aus, dass sich der Transfermarkt in diesem Sommer verändern wird. Es wird in ganz Europa zu Einschränkungen kommen, die sich auch auf den deutschen Markt auswirken werden. Wie genau und wie lange es zu Veränderungen kommt, vermag ich aber nicht zu sagen. Wir müssen auch hier auf Sicht fahren“, glaubt Alexander Wehrle mit der Glaskugel in der Hand, dass Gehälter und Ablösesummen fallen werden: „Jeder Club muss selbst entscheiden, ob er Angebote für Spieler annimmt, die in diesem Sommer unter dem zuletzt üblichen Niveau liegen.“

Was sicher kommen wird, ist ein Gehaltsverzicht der FC-Profis: „Wir haben ein positives Gespräch mit dem Mannschaftsrat gehabt“, bestätigte Wehrle und führte aus, dass sich der FC in dieser Angelegenheit nicht treiben lassen wolle: „Wenn die Jungs nächste Woche wieder da sind, werden wir die Gespräche intensivieren. Wir haben jetzt Anfang April, also noch ein paar Tage Zeit. Wir klären das in Ruhe und intern und werden uns weder von anderen Vereinen noch von täglichen Nachfragen von unserem Weg abbringen lassen.“

Eine weitere Sparmöglichkeit bietet sich Wehrle womöglich bei der Pacht für das Rheinenergiestadion, da die Arena im Moment ja nicht genutzt werden kann. Rund 9,5 Millionen Euro zahlt der FC pro Jahr an die Stadt Köln. „In der aktuellen Situation ergibt es wenig Sinn mit der Stadt zu sprechen, weil wir nicht wissen, wie die Saison weitergeht. Wir also nicht wissen, worüber wir sprechen. Die Gespräche werden natürlich folgen“, sagt der Geschäftsführer.

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