60er Jahre Als der FC seine Trikots bei Dior kaufte

Köln · Verspätungen bei der Deutschen Bahn sind kein Ärgernis der Gegenwart, sie hat es bereits vor 50 Jahren gegeben. Ausgerechnet am ersten Bundesliga-Spieltag mussten dies rund 200 Anhänger des 1. FC Köln leidvoll erfahren

 Der erste Bundesligaspieltag am 24. August 1963: Wolfgang Overath zieht ab, Saarbrückens Heinz Steinmann kommt zu spät.

Der erste Bundesligaspieltag am 24. August 1963: Wolfgang Overath zieht ab, Saarbrückens Heinz Steinmann kommt zu spät.

Foto: GA-Archiv

KÖLN. . Wegen eines Leitungsschadens blieb der Sonderzug, mit dem sie auf dem Weg von Köln nach Saarbrücken waren, in Euskirchen stehen. Nach gut einstündigem Zwangsstopp ging es mit einer Dampflok als Zugmaschine weiter. Im mit 35 000 Zuschauern ausverkauften Ludwigsparkstadion waren die FC-Fans gerade eingetroffen, als Wolfgang Overath in der 22. Minute nach einem Doppelpass mit Hans Schäfer der Kölner Führungstreffer gelang. Torjäger Christian Müller erzielte noch vor der Pause den Treffer zum 2:0-Endstand.

Damit übernahm der 1. FC Köln gleich die Tabellenführung (zusammen mit Schalke 04), die er nur am vierten Spieltag noch einmal an den Hamburger SV abgeben sollte. Dann folgte der Durchmarsch zum Titelgewinn im Mai 1964, dem ersten der Bundesliga. Zwei Jahre zuvor waren die Kölner nach einem 4:0-Endspielsieg gegen den 1. FC Nürnberg in Berlin erstmals deutscher Meister geworden. Zwei Monate vor dem Bundesligastart glaubte man, den Titel verteidigen zu können, scheiterte jedoch im Endspiel in Stuttgart mit 1:3 an Borussia Dortmund.

In diesen Jahren - am Ende der zweiten Bundesligasaison wurde der FC Zweiter hinter Werder Bremen - war der 1. FC Köln in jeder Hinsicht der Vorzeigeverein des deutschen Fußballs. Bereits vor der Einführung der Bundesliga und des Lizenzspielerstatuts wurde in der überregionalen Presse vom "Kölner Profistil" und "dem Hauch der künftigen Bundesliga" geschwärmt. Dem FC gehöre die Zukunft, er sei das "Real Madrid vom Rhein".

Die Königlichen waren damals die wohl weltbeste Vereinsmannschaft. Zwischen 1954 und 1964 wurden sie acht Mal spanischer Meister und gewannen vor allem zwischen 1956 und 1960 fünf Mal in Folge den Europapokal der Landesmeister, den Vorläufer der heutigen Champions League. Wegen der weißen Spielkleidung und der eleganten Spielweise wurden die Madrilenen auch "das weiße Ballett" genannt.

Das schmeichelte natürlich, vor allem Franz Kremer. Er war der Macher, der hinter dem rasanten Aufstieg des 1. FC Köln stand. Zunächst hatte der Kaufmann, der eine florierende Firma für Werbemittel betrieb, für die Fusion der beiden Traditionsmannschaften Kölner Ballspiel-Club 1901 und Spielvereinigung Sülz 07 gesorgt. Mit der provokanten Frage "Wollt ihr mit mir deutscher Meister werden?" brachte Franz Kremer die Mehrheit der Mitglieder auf seine Seite, sodass der 1. FC am 14. Februar 1948 gegründet werden konnte.

Sich selbst nannte Kremer einen "demokratischen Diktator", die Spieler nannten ihn "Boss". Der Chef sorgte jedenfalls dafür, dass es sportlich bergauf ging. Ebenso engagierte sich Franz Kremer mit seinem Weitblick und seinen Visionen über Köln hinaus für den Fußball und war einer der Initiatoren und Gründungsväter der Bundesliga.

Zum Selbstverständnis des eleganten Geschäftsmannes, der praktisch der erste Manager im deutschen Fußball war, gehörte es, dass seine Mannschaft nach dem Vergleich mit Real Madrid ebenfalls ganz in Weiß spielte. Dafür ließ er 1962 Seidentrikots bei Dior in Paris bestellen. Drei Jahre später folgten weiß-rote Oberteile aus dem Hause Jacques Fath, einer anderen noblen Pariser Modefirma.

Richtungweisend für die damalige Zeit war natürlich auch der Bau des Clubhauses sowie der angrenzenden Trainingsplätze im Kölner Grüngürtel. Immerhin 250 000 Mark hatte der Bau des Geißbockheims, das im September 1953 eröffnet wurde, verschlungen. Es war allerdings auch einzigartig, weshalb Vereinsvertreter aus dem In- und Ausland es besichtigten und sich Anregungen holten.

Ebenso holten sich Präsident Wilhelm Neudecker und Manager Robert Schwan , die Macher des FC Bayern München, Anfang der 1960er Jahre Rat bei Franz Kremer. Als der am 11. November 1967 mit nur 62 Jahren bei der Radio-Übertragung des FC-Spiels in Frankfurt verstarb, war dies für viele der Beginn des schleichenden Niedergangs des 1. FC Köln. "Mit seinem Tod kam der Einschnitt", sagte Hannes Löhr, einer der großen Kölner Spieler jener Zeit.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Berechtigte Ausgrenzung
Kein Platz für Müller im DFB-Team Berechtigte Ausgrenzung
Aus dem Ressort