FC-Trainer im Interview Beierlorzer will aktiven Fußball beim 1. FC Köln sehen

Köln · Auch wenn nach den ersten beiden Saisonspielen noch null Punkte auf dem Konto stehen, ist Achim Beierlorzer mit den Auftritten seiner Mannschaft zufrieden. Im Interview spricht der FC-Trainer über seine Spielidee, seine Arbeit und die Partie beim SC Freiburg am Samstag.

Im reifen Trainer-Alter von 51 Jahren hat Achim Beierlorzer beim 1. FC Köln sein Bundesligadebüt gegeben. Über seine Arbeit, seine Spielphilosophie und die Partie am Samstag in Freiburg sprach er mit Joachim Schmidt.

Herr Beierlorzer, wann haben Sie sich erstmals mit einer Trainertätigkeit beschäftigt?

Achim Beierlorzer: Das war während meiner Zeit als Spieler der ersten Mannschaft der Spielvereinigung Greuther Fürth. Da sind Roland Reichel und ich von unserem Präsidenten gefragt worden, ob wir die U19 trainieren könnten. Wir haben es gemacht – das waren meine ersten Berührungspunkte mit der Trainertätigkeit. Und dann habe ich ja Sport und Mathe studiert. Die Arbeit des Trainers ist nicht so weit von der Lehrertätigkeit entfernt. Unabhängig davon war für mich immer klar, dass ich nach meiner Spielerkarriere im Fußball bleiben möchte. Ich habe es immer sehr genossen, in der Kabine zu sein, Teil einer Mannschaft zu sein. Das wollte ich nicht mehr missen.

Waren Sie mit Ihrer Lehrertätigkeit nicht ausgefüllt?

Beierlorzer: Nein, das war es nicht. Für mich war es ein sensationeller Ausgleich zur Tätigkeit als Oberstudienrat am Gymnasium. In der Schule läuft alles sehr diszipliniert. Sicherlich hatte man auch Spaß mit den Schülern. Aber mit einer Mannschaft ist es etwas ganz anderes.

Was fasziniert Sie so an der Trainertätigkeit?

Beierlorzer: Es geht immer darum, etwas zu entwickeln. Einer Mannschaft eine Spielidee zu vermitteln. Und dann der Umgang mit Menschen. Natürlich bin ich jetzt nicht mehr ständig in der Kabine wie bei meiner ersten Trainerstation beim SV Kleinsendelbach (lacht). Das verlangt der respektvolle Umgang mit den Spielern. Dort muss ich die Mannschaft Mannschaft sein lassen. Es zum Beruf zu machen, sich um Trainingssteuerung, Trainingsbelastung, individuelle Betreuung und Entwicklung jedes Einzelnen zu kümmern, ist unheimlich reizvoll. Dazu kommt der große Unterschied zur Schule: Die ist für viele Schüler ein lästiges Muss. Im Profifußball ist das anders. Die Spieler durften ihr Hobby zum Beruf machen. Sie sind absolut willig, stecken voller Ehrgeiz, wollen sich weiterentwickeln und haben deshalb eine hohe Eigenmotivation.

Beschreiben Sie bitte einmal Ihre Spielidee.

Beierlorzer: Es ist eine aktive Art und Weise des Spiels – und zwar in allen Phasen. Aktiv mit dem Ball zu sein, heißt für die Spieler, ihn auf allen Positionen haben zu wollen, sich gut zu bewegen und möglichst schnell nach vorne zu spielen, um Torchancen zu kreieren. In den Umschaltsituationen sowieso: Sofort ins Gegenpressing zu gehen, den Gegner in Räume zu bringen, in denen man gut den Ball erobern kann. Und nach eigenen Ballgewinnen geht es darum, sofort die Räume zu nutzen, um torgefährlich zu werden. Deshalb kann ich es auch einfach nicht verstehen, dass jemand in ein Spiel geht, das er liebt, und dann passiv bleibt, den Ball nicht haben will. Im modernen Fußball darf man sich dem Spiel nie entziehen. Natürlich ist das auch anstrengend . . .

Wie weit haben die Spieler dies verinnerlicht?

Beierlorzer: Ich bin sehr zufrieden mit unseren Jungs, denn sie wollen dieses Spiel. Im Nachgang zum Dortmunder Spiel habe ich aus der Mannschaft gehört, dass es ihr gefallen hat, so zu spielen.

Wie schwierig würde es bei einer Misserfolgsserie, den jetzigen Weg fortzusetzen?

Beierlorzer: Für jede Art, Fußball zu spielen, benötigt man Erfolgserlebnisse. Ich weiß ganz genau, was kommt, wenn wir nach dem dritten Spieltag immer noch null Punkte haben. Dann würde eine Diskussion beginnen, die es schwieriger macht, die Mannschaft stabil und selbstbewusst zu halten. Das ist dann noch mehr meine Aufgabe. Wir werden unser Spiel aber nicht Harakiri-mäßig durchziehen, sondern arbeiten an der richtigen Balance. Aber davon, aktiv Fußball zu spielen, werden wir nicht abrücken. Dann werden wir eben noch härter arbeiten, noch intensiver unsere Aufgaben angehen, und uns noch mehr auf das Wesentliche fokussieren.

Wie gehen Sie mit Spielern um, die zweifeln?

Beierlorzer: Da gibt es nur eins: Das Gespräch. Mein Job ist es, Selbstbewusstsein zu vermitteln. Wer sich mit negativen Dingen beschäftigt, beschäftigt sich häufig mit der Vergangenheit. Und die lässt sich eben nicht mehr ändern. Was ich beeinflussen kann, das ist das Hier und Jetzt. Das ist ein Punkt, an dem mir meine Lebenserfahrung hilft.

Sie sprechen Ihr Alter an.

Beierlorzer: Ja. Wenn man 51 Jahre auf dem Buckel hat, hat man viele Situationen erlebt, unabhängig vom Fußball. Es geht darum, wie man durchs Leben geht. Da kann ich den Jungs schon helfen.

Dann sind Sie wohl kein Laptop-Trainer?

Beierlorzer:(lacht) Einen Laptop habe ich auch. Was macht einen Laptop-Trainer aus?

Man müsste Mehmet Scholl noch einmal fragen. Er prägte diesen Begriff für Trainer im Profibereich, die als Spieler nicht auf hohem Niveau aktiv waren.

Beierlorzer: Dann stellt sich die Frage: Was ist hohes Niveau? Prinzipiell bin ich dabei, wenn man sagt, selbst gespielt und schwierige Situationen erlebt zu haben, hilft einem. Diese Erfahrungen aus dem Profisport sind gut, keine Frage. Umgekehrt glaube ich aber auch, dass die Tatsache, im richtigen Leben gestanden zu haben, und die Vielfalt meiner Erfahrung genauso hilfreich ist.

Am Samstag treffen Sie auf Christian Streich, auch ein Ex-Lehrer. Kennen Sie sich?

Beierlorzer: Bei Trainertagungen haben wir uns schon gut unterhalten. Es sind immer tolle Gespräche, weil Christian einen klaren Blick auf die Dinge hat. Außer vielleicht an der Seitenlinie – da ist er ja sehr emotional. Daneben hat er eine ganz klare Menschenführung. Er fordert von seinen Spielern für das Freiburger Spiel – das sehr diszipliniert, organisiert und engagiert ist – genau diese Dinge ein.

Der FC hat vor 23 Jahren letztmals in Freiburg ein Bundesligaspiel gewonnen. Das ist doch für einen Mathematiklehrer eine schöne Aufgabe, auszurechnen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit eines FC-Erfolgs am Samstag ist.

Beierlorzer: (lacht) Ja, den Spaß mache ich mir manchmal. In der Mathematik gibt es ja das Gesetz der großen Zahl. Man muss nur oft genug würfeln, dann bekommt man die Sechs. Da sind die Zahlen natürlich gleich verteilt. Beim Fußball kann man nicht von einer Chancen-Gleichverteilung sprechen. Aber vom Prinzip her könnte man umgangssprachlich sagen: Es wird Zeit, dass wieder einmal ein Sieg herkommt.

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