GA-Serie Auf dem Weg nach Rio, Folge 37 Eine fixe Idee führt an den Zuckerhut

Bonn · Mieke Kröger lebt seit 2015 in Bonn. Vor sieben Jahren hat sich die Studentin ihr erstes Rennrad gekauft, in zwei Monaten nimmt sie an den Olympischen Spielen teil.

 Nicht nur am Rhein erfolgreich. Mieke Kröger sicherte sich in Doha Silber. FOTO: MANI WOLLNER

Nicht nur am Rhein erfolgreich. Mieke Kröger sicherte sich in Doha Silber. FOTO: MANI WOLLNER

Foto: wollner

Cool beantwortet Mieke Kröger die Fragen der Journalisten. Nicht cool im Sinne eines abgebrühten Medienprofis. Cool im Sinne von gelassen, auf dem Boden geblieben. Das ist sie. Trotz ihrer Erfolge, scheint sie viele Dinge mit einem einfachen Schulterzucken hinzunehmen. Höhenflug? Fehlanzeige.

Dabei können sich ihre Erfolge sehen lassen: Mehrfache deutsche Meisterin, U23-Europameisterin, ja sogar Weltmeisterin. Mit ihren 22 Jahren hat die Bonner Studentin im Radsport viel erreicht. Der Höhepunkt ist vorerst die Qualifikation und Nominierung für die Olympischen Spiele in Rio im August.

Eine erstaunliche Karriere hat Kröger bereits hingelegt, denn noch vor wenigen Jahren war an eine Laufbahn auf dem Drahtesel nicht zu denken. „Wenn ich ehrlich bin, hat es mich früher echt genervt, wenn mein Vater sich die Tour de France angeschaut hat“, sagt Kröger. „Ich konnte damit gar nichts anfangen.“ So wirklich begeistert schaut die Wahl-Bonnerin auch heute noch nicht hin, wenn die Herren der Schöpfung sich im Fernsehen über die Alpen quälen. Aber: „Wenn ich zufällig mal reinschalte, bleibe ich hängen. Man kann von den Männern noch viel in Sachen Taktik lernen“, so Kröger.

Und das Lernen scheint der 22-Jährigen zu liegen. 2008 fängt die sagenhafte Karriere der Radsportlerin an. „Das war eine fixe Idee. Ich wollte unbedingt ein Rennrad haben, um schnell zur Schule zu kommen.“ Gesagt getan.

Bis dahin hat sie wenig Berührungspunkte mit dem Sport. „Ich habe es erst einmal bereut. Es war nicht so einfach wie gedacht.“ Doch schon bald ändert sich das Verhältnis zum Rad. Ihre Mutter hatte schon vorher den Kontakt zu einem Sportverein gesucht. Und dann geht auf einmal alles ganz schnell. „Das hat mir schon Spaß gemacht. Also habe ich eine Lizenz gezogen“, so die 22-Jährige.

Und die ersten Erfolge ließen nicht lange auf sich warten. 2009 gewann Kröger gleich mehrere Juniorenwertungen verschiedener Einzelrennen, 2010 wurde sie deutsche Juniorenmeisterin im Einzelzeitfahren. Nur ein Jahr später folgte der erste WM-Titel. In Moskau wurde Kröger Junioren-Weltmeisterin. Auf der Bahn. Denn Kröger fährt beides. Bahn- und Straßenradsport. „Beide Disziplinen gehören doch zum Radsport“, sagt sie.

Ihre Stärke ist aber das Einzelzeitfahren. Im Kampf gegen die Uhr wurde sie 2014 und 2015 U23-Europameisterin und dann im September vergangenen Jahres Straßen-Weltmeisterin mit der Mannschaft. Innerhalb von sieben Jahren ist sie in der Weltspitze an- und auf den Geschmack des Erfolgs gekommen. „Das sind die Momente, in denen man sich einfach nur freut und weiß, dass sich der ganze Aufwand lohnt“, sagt sie. Und der Aufwand ist groß.

Bis zu fünf Stunden sitzt Kröger täglich im Sattel. Zeit für andere Dinge bleibt da wenig. Kröger kocht und backt gerne, wenn sie nicht für die Uni lernt. Der Grund für ihren Umzug nach Bonn. Hier studiert sie Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaften. Doch das Studium steht momentan im Hintergrund. „Da bleibt gerade einfach keine Zeit.“

Der Blick ist nämlich auf ein anderes Ziel gerichtet: die Olympischen Spiele. „Rio steht natürlich über allem“, sagt sie. Qualifikation und Nominierung hat sie schon lange in der Tasche. Aber: „Mir wird jetzt erst bewusst, was das bedeutet. Das ist eine ganz spannende Zeit.“

Zum Wintersemester wird sie sich auf das Studium konzentrieren. Dann vielleicht als dekorierte Olympionikin. „Ich traue Mieke in Rio viel zu“, sagt Michael Scharf, Leiter des Olympiastützpunkts Rheinland. „Realistisch und trotzdem ambitioniert ist ein Platz zwischen fünf und acht. Um eine Medaille zu gewinnen, müsste etwas Außergewöhnliches passieren.“ Möglich ist es schon, verändern würde sie der Erfolg aber nicht. Sie bleibt einfach cool.

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