GA-Serie Auf dem Weg nach Rio, Folge 32: Das Florett hängt am Nagel

BONN · Fechter Moritz Kröplin verpasst die Olympiaqualifikation und beendet als Konsequenz seine Karriere – zumindest vorerst. Gegen die Berufs-Konkurrenz sieht er keine Perspektive.

Getrennte Wege gehen Moritz Kröplin und Bundestrainer Uli Schreck. Sein Schützling hört auf.

Getrennte Wege gehen Moritz Kröplin und Bundestrainer Uli Schreck. Sein Schützling hört auf.

Foto: Wolfgang Henry

Mit großen Hoffnungen war Moritz Kröplin zusammen mit den deutschen Herrenflorettfechtern im Mai vergangenen Jahres in die Olympia-Qualifikation gestartet. Fast genau ein Jahr später steht der zweimalige deutsche Meister sportlich vor einem Scherbenhaufen. Der Traum von der Olympia-Teilnahme ist geplatzt – mit drastischen Konsequenzen. „Ich habe das Florett komplett an den Nagel gehängt“, sagte der 25-Jährige vom OFC Bonn.

Das begründet der Elektrotechnik-Student nicht nur mit der verpassten Qualifikation für Rio, sondern auch mit der fehlenden sportlichen Perspektive. „Im deutschen Fechtsport sind die Rahmenbedingungen nicht professionell genug“, sagt Kröplin. Die wachsende internationale Konkurrenz mache es vor. Kröplin: „Wir konkurrieren mit Vollprofis. Im Vergleich dazu kann man das, was wir machen, nur noch schwer mit Leistungssport bezeichnen.“

Dazu kommt, dass es aufgrund des rollierenden Systems im internationalen Fechtsport für ihn illusorisch ist, sich für die nächsten Olympischen Spiele im Jahr 2020 in Tokio zu qualifizieren. Alle vier Jahre müssen zwei Mannschaften aussetzen, mit Blick auf Tokio trifft es die Herrenflorettfechter und die Degendamen. „Ich müsste mich über die Einzel-Weltrangliste qualifizieren. Doch ich könnte mit den Fechtern anderer Nationen, die teilweise Vollprofis sind, gar nicht konkurrieren. Sie haben viel bessere Bedingungen und werden viel besser gefördert“, erklärt Kröplin und stellt überspitzt fest: „Wir trainieren auf Breitensport-Niveau. Es gibt nicht die nötige Unterstützung. Die professionellen Strukturen fehlen einfach.“

Das sieht nicht nur der OFC-Athlet so. Säbelfechter Max Hartung hat sich zwar im Einzel für Rio qualifiziert, fällte aber kürzlich im ARD-Magazin „Sport inside“ ein vernichtendes Urteil über den Zustand des deutschen Fechtsports. Im Gegensatz zu „Vollprofiteams“ wie etwa in China, Russland, Italien oder Südkorea, „sind wir relativ amateurhaft unterwegs“, sagte Hartung. Der Dormagener blickt den Spielen in Rio wenig optimistisch entgegen. Dort werden nur vier deutsche Fechter im Einzel starten. Trotzdem werden Medaillen erwartet. Hartung: „Wenn man sich ansieht, wie wir arbeiten, und dann, wie intensiv und umfangreich in die großen Systeme im Ausland investiert wird, ist es vermessen zu glauben, dass Deutschland eine der Top-Fechtnationen sein könnte.“

Bundestrainer Uli Schreck zeigt Verständnis für Kröplins Entscheidung. „Immer mehr Nationen gehen voll auf die Profi-Schiene. Die Fechter erfahren dabei auch eine entsprechende Absicherung durch den Staat, ich rede nicht von Sponsoren. Sie bekommen richtiggehend Gehälter und ziehen Begleitpersonal mit sich. Von der Professionalität her hat die internationale Konkurrenz uns längst überholt“, sagt Schreck.

Allerdings sieht der 54-Jährige noch einen weiteren Grund, warum Kröplin aufgehört hat. „Ich hatte ihn beim Löwen von Bonn nicht für die Mannschaft nominiert. Darauf hat er schroff reagiert“, meint Schreck im Rückblick. Er sehe das nicht ein und wolle auch den letzten Versuch, die Qualifikation noch zu schaffen, mit dem Team bestreiten, habe Kröplin ihm gesagt. Ansonsten werde er nicht mehr zur Verfügung stehen.

Danach habe es zwar noch Gespräche gegeben, unter anderem zwischen dem Athleten und Dieter Lammer, dem Präsidenten des Deutschen Fechterbundes, aber Kröplin sei bei seiner Entscheidung geblieben. „Ich gehöre offiziell nicht mehr dazu. Ich habe meinen Kaderstatus verloren, damit auch die Fördergelder“, beschreibt Kröplin den Ist-Zustand. Er halte sich aber eine Rückkehr offen. Kröplin: „Damit es dazu kommt, müsste es allerdings große Veränderungen geben. Ansonsten war das für mich der Schlussstrich.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Berechtigte Ausgrenzung
Kein Platz für Müller im DFB-Team Berechtigte Ausgrenzung
Verstärkung für die Bonn Capitals
Baseball: Phlidrick Llewellyn kommt in die Rheinaue Verstärkung für die Bonn Capitals
Aus dem Ressort