Zentrales Rathaus in Königswinter erst mal vom Tisch

Die Mehrheitsfraktionen CDU und FDP nehmen Abstand von den Plänen für ein zentrales Rathaus. Auch die Königswinterer Wählerinitiative als dritte Fraktion, die die Pläne bisher im Prinzip befürwortete, rudert zurück. Alle anderen Fraktionen waren schon vorher dagegen.

Königswinter. Die Mehrheitsfraktionen CDU und FDP nehmen Abstand von den Plänen für ein zentrales Rathaus. Auch die Königswinterer Wählerinitiative als dritte Fraktion, die die Pläne bisher im Prinzip befürwortete, rudert zurück. Alle anderen Fraktionen waren schon vorher dagegen.

Ernüchternde Zahlen: "Wir werden das Thema schieben", sagte CDU-Fraktionsvorsitzender Josef Griese am Freitag. Und: "Unser Koalitionspartner FDP sieht das genauso." Als Grund für den Richtungswechsel, über den er seine eigene Fraktion noch informieren muss, nannte er unter anderen die jüngsten ernüchternden Zahlen zu den verschiedenen Neubauvarianten und der Vermarktung der Altstandorte.

"Danach würde das jährliche Einsparpotenzial bei einem Neubau von 200 000 bis 250 000 Euro, das wir immer als Voraussetzung genannt haben, nicht erreicht. Dazu kommen die Unsicherheiten, die der Investor mit sich bringt", so Griese. Der ohnehin desolate Haushalt würde durch ein solches Projekt in den ersten fünf bis sechs Jahren zusätzlich stark belastet.

In seinem "Worst Case Szenario" hatte der Gutachter auf der Grundlage einer Absichtserklärung der Bövingloh Gruppe, der Stadt nur die Grundstücke der Altstandorte abzukaufen, nur noch einen Einspareffekt zwischen 65 000 und 184 000 Euro errechnet. Nicht auszuschließen sei aber, so Griese, dass das Thema bei einer besseren Haushaltssituation in einigen Jahren nochmals aufgegriffen werde.

Meinung Lesen Sie dazu auch den Kommentar "Logische Entscheidung"Verwaltung drängt: Die Verwaltung hatte von der Politik eine Entscheidung gefordert. In einer Vorlage für den Haupt-, Personal- und Finanzausschuss am 24. Januar schlägt sie vor, entweder ein Vergabeverfahren für einen Neubau in Oberpleis oder der Altstadt einzuleiten oder die vom Gutachter ermittelten Sanierungskosten für die Altstandorte in Höhe von 1,662 Millionen Euro für den Haushalt 2011 nachzumelden. "Wir werden das mit in die Haushaltsberatungen Ende des Monats nehmen", sagt Griese.

"Vermarktung gescheitert": Auch die Königswinterer Wählerinitiative überschrieb ihre Mitteilung am Freitag mit den Worten: "Köwi verabschiedet sich vom zentralen Rathaus". Dieses sei kein Thema mehr für die Zukunft Königswinters. Köwi beruft sich auf die jüngsten Zahlen und die Entwicklung bei der Vermarktung der Altstandorte."Der Ratsbeschluss, der vor einem Beschluss für ein zentrales Rathaus die Vermarktung der Altimmobilien vorsieht, ist derzeit nicht umsetzbar", sagt Fraktionsvorsitzender Lutz Wagner. Da der Investor die Umsetzung der Pläne für die Altstandorte mit der Realisierung seiner Pläne auf dem Bobby Gelände verknüpft habe und nach Lage der Dinge nicht zum Zuge kommen werde, sei das Vermarktungsprojekt gescheitert.

"Derzeit können wir nur von Einspareffekten ausgehen, die den Bau eines Rathauses weder rechtfertigen noch kaufmännisch sinnvoll erscheinen lassen", so Wagner. Dennoch sei es richtig gewesen, die Zusammenlegung der Standorte zu prüfen. Nun müssten allerdings die Mittel für die Sanierung der Altimmobilien in den Haushalt eingestellt werden, was die erhebliche Unterdeckung weiter steigen lasse.

"Scherbenhaufen": Die SPD fühlt sich in ihrer jahrelangen Ablehnung der Pläne bestätigt, ist aber traurig, dass "kommunale Ressourcen verplempert wurden". Sie verlangt nun eine Aufstellung der Kosten, die das Projekt verursacht hat. "Es ist für uns unbegreiflich, wie beratungsresistent die Truppe um den Bürgermeister an ihrem Traumschloss weitergearbeitet hat. Und eine ratlose und passive CDU hat das mitgemacht", so Fraktionssprecherin Hilke Andreae-Hinrichs. Die SPD fordert nun ein Ranking von Maßnahmen für die Altimmobilien, die nur in Etappen saniert werden könnten.

Klage bleibt bestehen: Bestätigt fühlt sich auch die Bürgerinitiative "Kein Rathausneubau in Königswinter", die ihre Klage vor dem Verwaltungsgericht gegen die Entscheidung des Stadtrats, das Bürgerbegehren für unzulässig zu erklären, weiter aufrechterhält. "Wir müssen ja allein deswegen schon weitermachen, um nicht auf den Kosten sitzen zu bleiben", sagt Walter Ledschbor-Schmidt. Sein Mitstreiter Klaus Schneppenheim betont, man wolle eine Entscheidung, um zu beweisen, "dass man versucht hat, uns auf die einfache Art und Weise abzukanzeln". Er wundert sich auch, "dass die erfahrenen Hasen in den Reihen der CDU und der FDP nicht gewusst haben, was auf sie zukommt, und das Projekt so vehement verteidigt haben". Peter Wirtz bedauert Rathaus-BeschlussÜber den Rückzieher von CDU und FDP beim zentralen Rathaus sprach Hansjürgen Melzer mit Bürgermeister Peter Wirtz.

General-Anzeiger: Wurden Sie von den Mehrheitsfraktionen bereits informiert?

Peter Wirtz: Mir gegenüber hat man sich noch nicht geäußert. Ich vermute, dass das bei der Fraktionsvorstandssitzung am Montag geschehen wird.

GA: Überrascht Sie der Richtungswechsel?

Wirtz: Nein. Die Zeichen stehen ja seit längerer Zeit in diese Richtung. Für den endgültigen Abgesang ist es aber noch ein bisschen zu früh. Den sollte man erst nach der Ausschusssitzung anstimmen.

GA: Ist die Entscheidung richtig?

Wirtz: Das Einsparpotenzial ist weiterhin da. Wir haben nichts Unsinniges gemacht. Selbst die beim "Worst Case" errechneten 68 000 Euro pro Jahr sind summiert ja auch irgendwann Millionen. Ich habe aber Verständnis dafür, wenn die Politik anders entscheidet. Wenn wir momentan einen Wirtschaftsboom hätten, täte man sich sicher leichter, eine strategische Entscheidung zu treffen.

GA: Sie haben das Thema vor Jahren angestoßen. Empfinden Sie es als persönliche Niederlage?

Wirtz: Nein. Das ist Demokratie. Davon geht die Welt nicht unter. Ich kämpfe aber auch nicht gegen Windmühlenflügel. Und man muss auch mal quer denken dürfen. Man sollte jetzt nur nicht nachkarten wie die SPD mit ihrem Antrag zu den Kosten.

GA: Was bedeutet die Sanierung der Altstandorte für die Stadt?

Wirtz: Sie wird jedenfalls richtig teuer. Zum Beispiel das Oberpleiser Rathaus: Die Büros sind dort zwar noch in Ordnung, aber das Dach, die Fassade und die Leitungen müssen mittelfristig saniert werden.

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